DIGGER: Über die Geschwindigkeit von Booten.

Performancegedröse

Geschwindigkeiten von Segelbooten sind eine kuriose Sache. Irgendwie auch überflüssig.

Ach, was gab es für schöne Diskussionen um Bentes Performance. Auf segelnden Booten lassen selbst gemessene Geschwindigkeiten viel Raum für Interpretationen.  Ich bin schon früher mit Digger oft mal in Häfen angesprochen worden: “Oh, das ist ein schnelles Boot, oder?” Meine Antwort stets: “Weiss ich nicht. Kommt drauf an”

Die ehrliche Antwort wäre gewesen: “Ist mir egal.”

 

Am Wochenende fand das Welcome Race zur Kieler Woche statt. Die Gewinner der einzelnen ORC Klassen waren sicher schnell unterwegs. Andere, die mit ihren Glitschkisten dummerweise am Samstag wegen eines Winddrehers fast nur gegenan bolzen mussten, berichteten davon, “arschlangsam” gewesen zu sein. Zum Schluss sind alle irgendwann im Ziel und dann wird der Gph Wert verrechnet, was alles wieder durcheinander bringt. Die langsameren werden schneller, die schnellen langsamer.  Auf dem Rückweg am Sonntag waren dann die schnell, die bei Leichtwind am besten segeln. Ausser, sie sind im Flautenloch verreckt.

Das Bente im Mai rennen musste, war uns klar. Wenn die Presse kommt, geht es oft auch um Geschwindigkeit. Zum Glück hatten wir bei den Tests immer Wind. Auch davon hing es ab, ob Bente hinterher ein Cruiser oder Performance-Cruiser wurde.

Nun ist Bente am Wochenende zurück aus der Werft. Die Form steht glänzend auf dem Gelände, das Boot ist poliert und wieder fahrbereit.

Dann kommen noch ein paar Leute zum Testsegeln vorbei. Auch da geht es wieder um Performance. Wenn man so ein Boot kauft, will man natürlich wissen, wie schnell es ist. Würde mir nicht anders gehen. Wie man hört, rufen die Leute schon seit Monaten beim DSV an und fragen nach Bentes Yardstick. Jeder will wissen, wie schnell das Boot ist. Wenn wir in persönlichen Gesprächen den Gph Wert oder Yardstick verraten, sagt der eine: “Wow! So niedrig? Damit verliert ihr aber jede Regatta”, der nächste sagt: “Was? So hoch?”

Nun werde ich in der letzten Zeit oft angesprochen, was ich denn mit dem Boot mache, ob ich jetzt anders segeln werde? Nein. Ich will segeln. Und dabei ist es mir egal, ob ich um 16 Uhr oder um 17 Uhr in Marstal bin. Auf der Strecke über den Belt ist jedes Boot langsamer als mein olles Hollandrad. Wenn Segler von “Rauschefahrt” sprechen, funktioniert an dem Hollandrad der Dynamo gerade mal so. Und das beruhigt. Für mich war Geschwindigkeit noch nie wichtig auf einem Boot. Ausser, als ich mal auf dem L´Hydroptère mitfahren durfte.

[vimeo https://vimeo.com/49588732]

Letzten Endes hängt es sowieso immer davon ab, wie man segeln will. Der eine segelt sportlich, der andere gemütlich. Abends sind sie dann alle im Hafen. Zeit gewonnen hat jeder, weil Bootszeit generell gewonnene Zeit ist.

Alexander und ich haben unsere Aufgaben klar verteilt. Wir haben uns drauf geeinigt, dass er zeigt, wie schnell das Boot ist und ich, wie langsam man auf dem Boot sein kann. Ich freu mich drauf. Es gibt nichts schöneres als sich bei Schwachwind auf dem Belt und 2 Knoten Fahrt den Latz zu verbrennen.

 

 

 

 

 

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Digger Hamburg

Kleiner segeln - größer leben. Filmemacher und Autor Stephan Boden verbringt jeden Sommer auf dem Wasser. Früher auf seiner VA18 "Digger" jetzt auf der Bente24, die er selbst initiiert hat. "Auf See habe ich Zeit, das schärft den Blick für Details." Zu seinem Blog geht es hier

18 Kommentare zu „DIGGER: Über die Geschwindigkeit von Booten.“

  1. avatar m_zwo sagt:

    Immer noch ein tolles Projekt. Aber ein kurzer Einspruch:
    “Und dabei ist es mir egal, ob ich um 16 Uhr oder um 17 Uhr in Marstal bin. ”
    – nicht, wenn es um 16.30 gewittert.

  2. avatar WB sagt:

    Tut mir Leid Digger, aber zu meiner anfänglichnen Sympathie für euer Bente Projekt mischt sich immer stärker Antipathie. Verursacht wird die durch eure mediale omnipotenz in Verbindung mit zuviel offensichtlichem ‘Werbeschnack’.

  3. avatar steehl sagt:

    Die Yacht sagt im Video auch etwas in der Richtung “für einen Kleinkreuzer typische Geschwindigkeit” und mäkelt am Wendewinkel und Ruderdruck rum. Der ist laut Frolic-Jubel zwar Pipifax, aber auch mit dem dritten(?) Ruder noch nicht weg.

    Wenn die Werte galaktisch wären, würden wir sie kennen. Aber wer das erwartet hat, ist eh ein Traumtänzers.

    Ich finde das Projekt und den Enthusiasmus der Beteiligten trotzdem toll.

    • avatar steehl sagt:

      Nachtrag: Das einzige, was mir Sorgen macht, ist das Stephan Digger schon den zweiten Artikel mit dem Tenor “Geschwindigkeit wird überschätzt” in kurzer Zeit schreibt. Das ist untypisch für Macher schneller Boote ;-).

    • steehl,

      woher hast Du die Information mit dem “dritten” Ruder? Selbst zweites Ruder wäre noch verkehrt.

      Und was der Wendewinkel mit dem Ruder zu tun hat, musste bei Gelegenheit auch mal erklären.

      • avatar Segel-Experte sagt:

        “Und was der Wendewinkel mit dem Ruder zu tun hat, musste bei Gelegenheit auch mal erklären.”

        Beide sind mies !

      • avatar steehl sagt:

        Hi Digger,
        das mit dem Ruderblatt kommt von Kollege Frolic im Video-Test der Yacht “wir haben jetzt glaube ich das dritte Ruderblatt…” ,-)
        Und Wendewinkel und Ruderblätter haben nichts miteinander zu tun, hat wohl auch keiner behauptet.

        Ganz ehrlich, auch wenn ich Euer Projekt super toll finde, Dein reflexhaftes Einhacken auf jede Kritik finde ich Eures Projektes, und dem, was Ihr erreicht habt, völlig unwürdig. Aber wenn ihr dann noch auf Zitate von Euch selbst einhackt, wird’s wenigstens wieder lustig…

  4. avatar Jörg Gosche sagt:

    Hält sie (die Bente) denn nun die Daten aus dem Prognose-Programm in der Praxis oder nicht?
    Das wär doch mal ´ne ehrliche Ansage.

    • Ich sags mal so: Die Yacht schreibt im Test: “wie vom Konstrukteur erwartet und berechnet” (sinngemäßes Zitat aus meinem Gedächtnis)

      Da die Yacht natürlich wie üblich vorm Test die VPPs bekommen hat, ist die Antwort einfach zu geben.

      Inklusive Interpretationsspielraum: siehe oben.

      • avatar Müller sagt:

        Hmmm, kannst Du nicht einfach mal ja oder nein sagen? Oder seid Ihr anderer Meinung als die Yacht?

        • Lieber Müller,

          nein, sind wir nicht. Das hast Du falsch verstanden glaube ich.

          Ich zitiere die Yacht, denn wenn ich selbst “Ja” schreibe, dann drehen die üblichen Wutbürger wieder am Rad und wittern subjektivität oder Werbung. In der Segeln stehts ähnlich.

          Schönen Abend!

      • avatar Alex sagt:

        Ihr habt definitiv eine Nord Yacht.
        Bei uns in der Süd Yacht steht zum Spiel:

        Das Boot segelt bei rund 3-4 bft wie es soll.
        Zügig, agil, um die 6 kn u. mehr lassen sich an der Kreuz erzielen, dann jedoch mit Abstriche an der Höhe.
        Bei bestem VMG liegt der Wendewinkel bei knapp
        unter 90 Grad.

        Von deinem sinngemäßem Zitat sind in der Süd Yacht nur die verwendeten Buchstaben zu finden. Allerdings in völlig anderer Reihenfolge.

  5. avatar Heinrich sagt:

    Haha, was sagt den bitte ein geschätzter Yardstickwert bei einem Prototypen aus? Nichts, null komma gar nichts!

  6. avatar hehe sagt:

    Mal wieder meinen Senf abgeben:

    “Wenn wir in persönlichen Gesprächen den Gph Wert oder Yardstick verraten …”

    Statt immer nur Karotte hinzuhängen stünde es euch ganz gut zu Gesicht mal Fakten zu benennen. Ist das denn so hoch-geheim?

    • Moin!

      Nein, es ist nicht geheim. Aber es ist vorläufig und für den Prototypen. Die Serie wird leichter, und da wird wieder alles anderes. Es macht also deshalb zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn, damit auf Online-Plattformen an die Öffentlichkeit zu gehen.

      Spätestens auf den ersten Regatten werden die gph/Yardstick Daten veröffentlicht. Und sobald wir ein Serienboot vermessen bekommen, auch.

      Ich hoffe und denke, Du hast Verständnis dafür.

  7. avatar Friedrich sagt:

    Begeisterte Zustimmung! Von einem großen Mann, der es gewiss gern eilig hatte, weil das so schön ist, stammt der Ausspruch: “Zischen muss er”!

    Messwerte sind egal, was schnell ist, fühlt und sieht man auf dem Wasser. Bin am Freitag die rund 55 sm von Flensburg nach Kiel Düsternbrook in 5 h und ein paar Minuten gesegelt. Das schafft erstens Zeit am Tresen (der unwichtige Effekt) und macht zweitens einfach nur geil Spaß und deshalb wären wir auch viel lieber gleich weiter nach Warnemünde oder so gesegelt. Und da wars mir dann auch herzlich egal, dass das “arschlangsam” am Samstag auch von mir hätte stammen können.

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