Kieler Woche: Wind stand länger als erwartet – volles Programm für 14 Klassen

Mit Goldmedaille zum Goldkanal

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Das für Dienstag angekündigte Hochdruckgebiet hatte Verspätung, der Wind stand damit länger als erwartet über der Außenförde. Regatta-Organisationsleiter Dirk Ramhorst hatte bereits am Vorabend auf die Windvorhersage reagiert und einen Start auf 10 Uhr vorverlegt.

Der leichte Regen über Schilksee am frühen Morgen des finalen Tags der ersten Kieler-Woche-Hälfte war herzlich willkommen. Denn er bescherte den Seglern in den 14 Klassen ein unerwartet volles Abschluss-Programm. Das angekündigte Hochdruckgebiet hatte Verspätung, der Wind stand damit länger als erwartet über der Außenförde. Und Regatta-Organisationsleiter Dirk Ramhorst hatte bereits am Vorabend auf die Windvorhersage reagiert und einen Start auf 10 Uhr vorverlegt.

Somit konnte er dann auch feststellen: „Wir sind sehr zufrieden mit der ersten Kieler-Woche-Hälfte, sind in fast allen Klassen das Maximum an Wettfahrten gefahren. Das Feedback von Nino Shmueli, unserem internationalen Regatta-Chef, der viele internationale Regatten gesehen hat, war dann auch sehr positiv.“ Neben einem reibungslosen Race-Management konnte sich Ramhorst auch über faires Segeln freuen. Insgesamt gab es in den vier Tagen über alle Klassen nur 34 Proteste. Auch für den Deutschen Segler-Verband war es ein guter Auftakt in die Kieler Woche, bevor mit den Regatten in den olympischen Klassen, den 470er-Junioren-Weltmeisterschaften und der J/70-Europameisterschaft absolute Höhepunkte anstehen. Acht deutsche Siege in der ersten Hälfte in insgesamt 14 Klassen machten jedenfalls schon mal Lust auf mehr.

Kieler Woche 2016

Gwendal Lamay und Luke Willim sind durch die Hölle gegangen, um sich am Ende als strahlende Sieger zu präsentieren. © okpress

Die Klassen

29er: Es war ein Nervenspiel für die jugendlichen Crews in der Skiffklasse. Gwendal Lamay/Luke Willim (Kiel), die am Vortag die Gesamtführung übernommen hatten, gingen durch die Hölle, um schließlich doch als Sieger hervorzugehen. Sie starteten stark im ersten Rennen, gingen als Erste um die Luvtonne, versauerten dann aber unter Gennaker im Windloch. Das Feld schob sich zusammen und wurde am Leegate wie durch einen Trichter auf die zweite Kreuz gepresst. In einem ständigen Wechselspiel in den Positionen ging es über den Kurs, und Lamay/Willim, die zwischendurch aus den Top-Ten rausgerutscht waren, betrieben mit Rang sieben in der Auftaktwettfahrt noch Schadensbegrenzung. Doch es kam noch ärger für das Duo. In Rennen zwei riss das Großfall – das Streichresultat und eine lange Reparatur-Einlage waren die Folge. Glück im Unglück für die Deutschen: Die direkten Konkurrenten erwischten auch keine guten Wettfahrten. Doch das Nervenkostüm hatte einen kräftigen Kratzer bekommen. Auch in Rennen drei fanden Lamay/Willim als Elfte nicht in die Spur. Und in der finalen Wettfahrt wurden sie nach einem Frühstart gar disqualifiziert. So blieb ihnen nur die Zuschauerrolle, als die Konkurrenten versuchten, ihnen den Sieg zu entreißen. Doch die wechselnden Winde spielten für die Kieler. Das virtuelle Ranking ließ sie in der letzten Wettfahrt hoch und runter stolpern und sah sie am Ende doch ganz oben. „Nach dem Frühstart wollten wir nur an Land, haben zusammen gepackt und hatten keine Ahnung, dass wir doch gewonnen haben. Wir wollten mit niemandem reden“, berichtete Luke Willim, nachdem die Nachricht vom Sieg doch zu ihnen durchgedrungen war. Auch Steuermann Gwendal Lamay hatte sich wieder gefangen: „Nach den konstanten Ergebnisse über die vergangenen Tage können wir uns doch noch über Platz eins freuen. Aber der Tag heute war zum Vergessen. Daraus können wir nur lernen, besser auf unser Material zu achten.“ Das gilt vor allem für die WM, die für das Team der Zielwettkampf ist und für die sie sich einen Top-Ten-Platz, vielleicht sogar eine Medaille erhoffen. Einen besseren Abschlusstag vor Kiel erlebten Alica Stuhlemmer/Tom Heinrich, die sich noch auf Platz zwei vorschoben.

Formula 18: Im Duell gestandene Crew mit jungem Boot gegen junge Crew mit altem Boot siegte die seglerische Erfahrung. Die Brüder Helge (59 Jahre) und Christian Sach (57) aus Zarnekau machten bereits im ersten Tagesrennen alles klar. Ihr Sieg bescherte ihnen den inzwischen neunten Kieler-Woche-Sieg im Formula 18 und den elften insgesamt. Die zweitplatzierten Flensburger Finn Heeg/Merle Baars mussten dagegen konsterniert feststellen, dass die Altmeister im entscheidenden Moment immer noch über eine Lösung verfügen. Immerhin durften sich Heeg/Baars mit einem Sieg in der finalen Wettfahrt trösten. „Die haben uns das Leben richtig schwer gemacht. Körperlich waren wir ihnen unterlegen. Nach drei Wettfahrten in Folge waren wir ganz schön kaputt“, sagte Vorschoter Christian Sach. „Wir wissen, dass wir mehr tun müssen, haben zuletzt am Speed gearbeitet. Bis zur WM im kommenden Jahr in Kopenhagen wollen wir auf jeden Fall im F18 dabei bleiben“, so Helge Sach.

Kieler Woche 2016

Kilian König und Johannes Brack erringen bei den Flying Dutchman den Kieler-Woche-Sieg. © segel-bilder.de

Hobie 16: Knapper als im Hobie 16 kann eine Entscheidung im Segelsport nicht fallen. Nach elf Wettfahrten waren Ingo Delius/Kai Tittjung (Bielefeld) und Jens Goritz/Mirjam Bayer (Föhr) absolut punktgleich. Die Mehrzahl an Siegen (5 gegenüber 3) sprach schließlich für Ingo Delius, den viermaligen Deutschen Meister und zweimaligen Europameister. Aufgrund der Erkrankung seiner Frau und Vorschoterin Sabine Delius-Wenig hatte er kurzfristig den 13-jährigen Kai Tittjung an Bord geholt. Mit ihm gewann Ingo Delius bereits seinen vierten Titel vor Kiel. „Wir haben in der Klasse eine aktive Jugendarbeit, deshalb war ich froh, Kai fragen zu können, ob er einspringt. Er segelt selbst Hobie 16 und kennt daher die Abläufe. Trotzdem war es bei den Bedingungen nicht einfach, die Bananenrümpfe durch die Hubbelwellen zu segeln.“ Der junge Vorschoter zeigte sich selbstbewusst: „Ich habe mit neun Jahren auf dem Hobie angefangen und dachte schon, dass wir hier vorn mitsegeln können, aber nicht unbedingt, dass wir gewinnen würden.“ Doch durch die gute taktische Arbeit seines Steuermanns kann der Nachwuchssegler der Segelkameradschaft Pforzheim (SKP) nun mit einer Goldmedaille zurück zu seinem Heimatrevier, dem badischen Goldkanal reisen.

505er: In Sachen Seriensieg blieb es bei den 505ern spannend bis zum letzten Zieldurchgang. Im Kampf mit den britischen Teams legte der 21-malige Kieler-Woche-Sieger Wolfgang Hunger (Strande) mit Julien Kleiner an der Vorschot zunächst vor, rutschte mit Rang zwei in der ersten Wettfahrt zunächst dicht an Andy Smith/Tim Needham heran. Doch zum Gesamtsieg reichte es nicht. Mit Rang neun zum Abschluss konnten Hunger/Kleiner nicht mehr an den Briten vorbei, die dadurch mit breiter Brust zur WM in heimischen Gefilden fahren.

 

Flying Dutchman: Die WM-Bronzemedaillen-Gewinner Kilian König/Johannes Brack (Hannover) hatten vor Schilksee im kräftigen Wind sechs Siege einfahren können. In der schwächeren Brise konnten sie daran zwar nicht anknüpfen, doch Platz zwei und vier am finalen Tag reichten, um sich den Gesamtsieg vor den Titelverteidigern Shmuel Markhoff/Michael Happich (Frankfurt) zu sichern. Ein Erfolg, der am Anfang der Serie in den Sternen stand: „Wir wollten ein neues Schwert ausprobieren. Mit dem ersten Start ist es aber auseinandergebrochen. Und wir waren froh, uns überhaupt in den Hafen retten zu können. Damit hatten wir zwei Rennen verpasst“, berichtete König von einem Fehlstart. Doch das Team steckte nicht auf, fand an zwei Tagen den bevorzugten Starkwind und sicherte sich so den zweiten Kiel-Sieg nach 2013. Die WM im Mai auf dem Steinhuder Meer war für die Klasse mit über 100 Starten ein großes Erlebnis. Zur Kieler Woche kam zwar nur ein kleines Feld zusammen, doch das soll sich nach Wunsch der Klasse gern ändern: „Wir würden gern im Rahmen der Kieler Woche unsere Deutsche Meisterschaft segeln. Und dann kommen sicherlich 50 bis 60 Boote zusammen“, so König.

Contender: Sieg auf Sieg – nach einem schwachen ersten Tag – führte auch bei den Contendern zum Sieg. Der Däne Sören Dulong Andreasen stand zum Abschluss an der Spitze des Feldes. An Tag drei hatte der Weltmeister von 2013 die Führung von seinem Landsmann Jesper Nielsen übernommen, souverän brachte er diese am finalen Tag nach Hause.

Musto Skiff: Ein WM-Triumph macht noch niemanden zum Kieler-Woche-Sieger. Andi Lachenschmid (Augsburg), vor zehn Tagen überraschend zum globalen Titel bei den schnellen Skiffs gesegelt, musste das erfahren und konnte sich vor Kiel gerade noch auf das Podium retten. Mit der Performance von Ex-Europameister Frithjof Schwerdt (Potsdamer YC) auf Rang eins und dem Schweizer Roger Oswald konnte er diesmal nicht mithalten.

Europe: Für das Trio an der Spitze der Europes war das letzte Rennen ohne Belang. Ihre Positionen waren bereits festgezurrt, so dass sie sich allesamt das Streichresultat zum Abschluss erlaubten. Lars Johann Brodtkorb (Norwegen), der zur zweiten Kieler-Woche-Hälfte direkt in den Finn wechselt, siegte vor Valerian Lebrun (Frankreich) und Fabian Kirchhoff vom Dümmer.

OK-Jolle: Vom Jäger zum Sieger: Der Brite Jim Hunt holte sich in einem Wechselspiel an der Spitze doch noch seinen ersten Kieler-Woche-Sieg. Damit ließ er auch Thomas Hansson-Mild (Schweden), den Weltmeister von 2009, sowie den aktuellen Weltmeister André Budzien (Schwerin) hinter sich.

Albin Express: Die beeindruckende Siegesserie von sechs ersten Plätzen in Folge an den vergangenen beiden Tagen bekam zum Abschluss zwar einen Kratzer. Doch nach Rang sieben in der ersten Wettfahrt des Abschlusstages war Jan Brink (Flensburg) bei den Albin Express wieder voll im Bilde. Der siebte Tagessieg insgesamt brachte ihm den ersten Kieler-Woche-Sieg in der kleinen Kielboot-Klasse ein. Damit ist die dänisch-schwedische Überlegenheit der vergangenen Jahre gebrochen. Titelverteidiger Arne Larssen (Schweden) musste sich hinter Andreas Pinnow (Kiel) mit Rang drei begnügen.

Folkeboot: Die Lokalmatadore um Steuermann Ulf Kipcke (Neumünster) wollten sich zum Abschlusstag ganz auf die einzig verbliebenen Konkurrenten, die Dänen von Sören Kästel, in der Folkeboot-Klasse konzentrieren. Und entsprechend wirkte sich das Boot-gegen-Boot-Duell mit schwächeren Resultaten in den Ergebnissen der Einzelwettfahrten aus. Doch auf die Gesamtwertung hatte das keinen Einfluss mehr. Kipcke siegte vor Kästel.

J/24: Obwohl Tobias Feuerherdt (Hamburg) bereits am Montag als Kieler-Woche-Sieger der J/24 feststand, ging er mit seiner Crew doch noch mal an den Start und sammelte einen weiteren Tagessieg ein. Damit untermauerte er seinen souveränen Erfolg vor den Briten um Travis Odenbach.

Laser 4.7: Nach drei Siegen vor Kiel (YES-Regatta und Kieler Woche) in den vergangenen beiden Jahren reichte es für die Berlinerin Julia Büsselberg im Laser 4.7 diesmal nicht zu Platz eins. Lange hatte sie geführt, in der Goldflotte aber nicht mehr in den Rhythmus gefunden. Sogar eine Frühstart-Disqualifikation musste sie verkraften und sich schließlich mit Rang vier zufrieden geben. Den Sieg holte sich der Schweizer Gauthier Verhulst.

Laser Radial: Einen weiten Sprung nach oben am Schlusstag machte dagegen noch Pia Kuhlmann im Laser Radial. Bis auf Platz fünf spielte sie sich nach vorn. Zu einer deutschen Medaille reichte es hier aber ebenso wenig wie bei den Laser 4.7. Der Sieg ging nach Finnland an Aleksi Tapper.

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