Ultim Trimaran: Gabart bekommt neuen 100 Fußer – Le Cleac’h zweimal über den Teich gefoilt

Wie gut ist Gabart?

Francois Gabart weiß, dass er zurzeit mit “Macif” keine Chance gegen den neuen Trimaran von Armel Le Cleac’h und wohl auch gegen das Gitana-Team hätte. Wie er dennoch gewinnen will.

Der Einhand-Rekord um die Welt von Francois Gabart ist eine große Leistung. Es gibt sogar Medien, die den Franzosen als besten Segler der Welt bezeichnen. Aber abgesehen davon, dass es so jemanden im vielschichtigen Segelsport nicht geben kann, taugt gerade der Kampf gegen die Uhr wenig, um eine objektive Bewertung vorzunehmen. Denn bei dieser Form des Wettkampfes ist nie klar, ob ein Konkurrent die vorhandenen Bedingungen besser genutzt hätte.

Gabart, Macif, Weltrekord

Das “Macif”-Monster im Abendlicht © macif

Gabart ist natürlich ein guter Segler. Schließlich war er mal französischer Opti-Meister und Zweiter bei den Figaros bevor er 2013 den spannenden Vendée-Globe-Zweikampf mit Armel Le Cleac’h knapp gewann. Aber zurzeit hat er einfach das schnellste Material für Einhand-Langstrecken zur Verfügung.

Und das liegt besonders an einer strategischen Entscheidung, die er mit seinem Team getroffen hat. Nach dem Vendée-Erfolg, der immerhin schon fünf Jahre zurück liegt, kehrte er der Open 60-Klasse den Rücken und ging damit auch weiteren Vergleichen mit der Konkurrenz aus dem Weg.

Markwert nicht gefährdet

Armel Le Cleac’h lauerte zwar auf eine Revanche mit dem fröhlichen immer lächelnden Jungen, der in den Medien immer so viel besser ankommmt, als er selbst. Aber Gabart gefährdete nicht seinen Marktwert durch eine mögliche Niederlage bei der Vendée. Er schmiedete das neue heiße Eisen der Szene. Und das ist nicht mehr der obligatorische 60-Fußer – auch wenn man ihm Flügel verpasst hat – sondern der 100 Fuß-Trimaran.

Banque Populaire bei der ersten Atlantik-Überquerung. © Banque Populaire

Der 34-Jährige verhielt sich antizyklisch. Als die Besten der Branche die nächste Vendée Globe vorbereiteten, beschäftigte er sich mit der neuen Waffe, die an Schärfe gewann, als die ultimative Um-die-Welt-Regatta verkündetet wurde: Am 29. Dezember 2019 einhand mit 100-Fuß Ultimes von Brest aus einmal rum um den Globus.

Als Gabart “Macif” baute, gab es keine Konkurrenz auf Augenhöhe. Covilles “Sodebo” war noch für einen Rekord gut – Coville baut ebenfalls neu – aber dann begann das Zeitalter des Foilens. Zu den Pionieren gehört das Gitana-Team, das die ersten Tragflächen unter einen MOD70-Tri schraubte. Aber Sébastian Josse konzentrierte sich schließlich auch auf die Vendée.

Entwicklungssprung nach dem America’s Cup

So konnte “Macif” nahezu unbedrängt ihre Runden drehen und folgerichtig auch den Fabelrekord erzielen. Denn im Vergleich zum Rekordhalter “Sodebo” gehört der blaue Tri einer anderen neuen Entwicklungs-Generation an. Mit dem America’s Cup 2013 haben die Konstrukteure von großen Multihulls einen riesigen Schritt getan. Sie haben die eigentlich schon uralte Tragflächen-Technik in den Griff bekommen.

Das Foil von Banque Populaire. © Banque Populaire

“Macif” konnte davon profitieren, auch wenn die Flügel im Wellengang auf hoher See längst noch nicht funktionierten. Aber die Konstrukteure bei VPLP, zurzeit ohnehin die Besten ihrer Zunft, testeten L-Foils in verschiedenen Versionen an dem Tri.

Schließlich entließen sie Gabart auf den Rekordkurs mit Tragflächen der ersten Generation. Sie heben den Leerumpf an, aber der Hauptrumpf bleibt anders als bei den neuesten Tris noch im Wasser und trägt sein Gewicht bis zu 15 Prozent. In einem Interview mit französischen Medien erklärt ein VPPL-Mitarbeiter: “Nach dem ersten America’s Cup wussten wir noch nicht, wie man lange Foils baut, die einen hoch über die Wellen heben, und deshalb waren wir eher konservativ mit einer kleinen Flügelspitze. Aber warum sollten wir einen extremen Ultim-Tri bauen, wenn es zu der Zeit gar keine Konkurrenz gab.”

Trainingsfahrt über den Atlantik

Das hat sich jetzt geändert. Armel Le Cleac’h hat jetzt seine neue “Banque Populaire” zur Verfügung und sie gerade mal für eine kleine Trainingsausfahrt hin und zurück über den Atlantik nach Guadeloupe gejagt. Und auch Sébastien Josse testet mit seiner „Baron de Rothschild“ die Limits aus.

Le Cleac’h auf seinem neuen Spielzeug. © Banque Populaire

Beide Tris sind schon jetzt schneller und extremer als “Macif”. Und auch Thomas Coville darf eine neue “Sodebo” bauen. Deshalb ist es kein Wunder, dass Gabart nun angekündigt, ebenfalls einen Neubau zu lancieren. Die Nachricht geht einher mit der offiziellen Vertragsverlängerung von Sponsor Macif bis 2024. Allerdings soll das neue Schiff erst 2020 fertig werden, also kurz nach dem Ende der Um-die-Welt-Regatta.

Bis dahin versuchen die Konstrukteure, die aktuelle “Macif” noch einmal konkurrenzfähig zu machen. Dafür erhält sie ein neues Paar mit längeren L-Foils, die mehr Lift erzeugen und weniger Widerstand aufweisen. Dazu kommen aufholbare Ruder wie bei der Konkurrenz, bei denen man den Anstellwinkel verändern kann. Damit soll sich der Tri bei bestimmten Bedingungen dann auch vollkommen aus dem Wasser heben können. “Banque Populaire” weist auch noch ein Foil unter dem Hauptrumpf auf. Ob das aber am Ende die schnellste Lösung ist, wird sich noch zeigen müssen.

Sicher ist: wenn es Francois Gabart bei der Weltregatta auch mit älterem Material immer noch schafft, gegen seine alten Widersacher zu bestehen, dann hat er auch dauerhaft seinen Platz in der Reihe der Größten eingenommen. Der Rekord könnte bis dahin auch schon pulverisiert sein. Die nächste Generation der Ultimes ist locker dazu in der Lage. Aber vielleicht will Gabart genau da mit seinem neuen Boot gegen halten.

Banque Pop im Am-Wind-Modus. Krass, wie weit das Rigg hinten steht:

 

 

avatar

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

Ein Kommentar „Ultim Trimaran: Gabart bekommt neuen 100 Fußer – Le Cleac’h zweimal über den Teich gefoilt“

  1. avatar Harrie Jasses sagt:

    Schönes Video! Keine hektischen Schnitte, keine Sprünge zwischen Zeitlupe – Zeitraffer, keine übertiebenen Zooms. Kein anderes Bier ; )

Schreibe einen Kommentar zu Harrie Jasses Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert