Interview: Chartern in Zeiten der Pandemie

Ein digitaler Ruck in der Branche

Die Pandemie hatte große Auswirkungen auf die Reisebranche. Einerseits waren Grenzen dicht, andererseits waren Reviere wie Kroatien fast überfüllt. Wir sprachen mit Sebastian und Marvin Kather von 1A Yachtcharter über die Herausforderungen der Pandemie und was die Zukunft uns noch bereithält.

Cala Corsara auf Sardinien. Bild: shutterstock / D.Bond

Im Kielwasser liegen fast zwei Jahre Pandemie. Rückblickend betrachtet: Was war die größte Herausforderung der Charterbranche?

Sebastian Kather: Als es im März 2020 mit der Pandemie hier in Europa so richtig losging, gab es zunächst eine massive Welle von Stornierungen und Fragen, weil natürlich Ängste bestanden, an Corona zu erkranken, aber auch weil Reisebeschränkungen und -verbote die Einreise in viele Länder schlicht unmöglich gemacht haben. 

Marvin Kather: Da bestand dann erstmal völlige Unklarheit in der Branche, wie ein Yachtcharter rechtlich zu bewerten ist. Wie ein Wohnwagen? Oder doch eher ein Hotelzimmer? Denn die Verträge zwischen Kunde und Vercharterer unterliegen dem Individualrecht, nicht dem Pauschalreiserecht, bei dem die Kunden bei einer Reisewarnung ja ein Recht auf „Geld zurück“ haben. 

Sebastian Kather: Das bedeutete für uns als Agentur, für jeden einzelnen Kunden eine Lösung mit dem Vercharterer zu verhandeln, die für den Kunden zufriedenstellend war. Das hieß dann in der Regel Umbuchung oder Gutschein. 

Marvin Kather: Das war ein Zeitraum von etwa sechs bis acht Wochen, da ist unser Team über sich hinausgewachsen, denn die Stornierungswünsche kamen ja alle gleichzeitig und jeder wollte sofort eine Lösung. 

Sebastian Kather: Als der Tourismus dann wieder ins Laufen kam, hat das Chartergeschäft enorm davon profitiert, dass die Crews sich sehr gut isolieren können, sodass die Törns frühzeitig wieder stattfinden konnten. Für die Vercharterer gab es natürlich auch einige Hausaufgaben, allen voran Hygienekonzepte zu entwickeln und digitale Angebote zu schaffen, zum Beispiel Online-Check-ins. Da ging ein digitaler Ruck durch die Branche, den wir sehr begrüßt haben. 

Die eingeschränkten Reisemöglichkeiten haben auch zu einem Boom im Wassersport geführt. Die Werften sind ausgelastet, der Gebrauchtbootmarkt ist leergefegt. Gab es eine erhöhte Nachfrage nach Chartermöglichkeiten im eigenen Land?

Marvin Kather: Auf jeden Fall, Deutschland hat geboomt. Wenn man mit den Vercharterern an der Ostsee spricht, waren 2020 und 2021 sehr erfolgreiche Jahre.

Sebastian Kather: Die Menschen sind einfach kreativ geworden, haben vermehrt Hausboote gebucht, da Ferienwohnungen sehr stark ausgelastet waren. Diese Nachfrage haben wir dann auch schnell bedient, indem wir gezielt Kooperationen mit Hausbootvercharterern und -stützpunkten gesucht haben. 

Inwieweit hat sich die Nachfrage nach exotischen Revieren wie Karibik oder Südsee in den letzten zwei Jahren entwickelt?

Sebastian Kather: Die Nachfrage ist komplett zum Erliegen gekommen. Diese Reisen werden mit großem Vorlauf geplant und das geht unter Pandemiebedingungen einfach nicht. Auch Ängste, dass Anzahlungen nach Übersee verloren gehen, wenn Firmen dort insolvent gehen, spielen eine Rolle. Da ist die Beratung enorm wichtig, um auf die entsprechenden Risiken aufmerksam zu machen und Alternativen im Mittelmeerraum anzubieten. 

Was war denn das beliebteste Reiseziel der Deutschen Segler*innen?

Marvin Kather: 2020 gab es ja noch keine Impfung und keine Tests, da waren definitiv die Gebiete, die mit dem Auto erreichbar sind, die Gewinner. Die Ostsee, wie schon erwähnt, und Kroatien. 

Sebastian Kather: In diesem Jahr waren dann auch europäische Flugziele wieder stark nachgefragt. Griechenland, Spanien, insbesondere Mallorca, und Italien – aber ganz klar auch wieder Kroatien an erster Stelle. 

Kroatien war erneut ein sehr beliebtes Reiseziel. Bild: shutterstock / Dreamer4787

Legen die Kunden weiterhin Wert auf individuelle Beratung oder tendiert das Chartern zu einem digitalen Warenkorbsystem?

Sebastian Kather: Es kommt auf den Kunden an. Es gibt Kunden, die haben vielleicht schon öfter gechartert und wissen genau, was sie wollen, die buchen gerne online, und auch schnell. Andere Kunden, die das Chartern neu für sich entdecken oder auch neue Reviere kennenlernen wollen, möchten intensiv beraten werden. Unsere Stärke liegt darin, beide Bedürfnisse auf einen Nenner zu bringen. Wir verstehen uns ganz klar als digitales Unternehmen und entwickeln da konsequent neue Angebote und Services für unsere Kunden. Zum Beispiel haben wir seit kurzem eine App, mit der Kunden ihren Törn planen können. Aber es ist uns genauso wichtig, nah am Kunden zu sein, immer erreichbar, und eine Topberatung zu liefern. 

Welche Trends in der Charter können wir in den nächsten Jahren erwarten?

Marvin Kather: Die pandemischen Auswirkungen spiegeln sich auch in der Charterbranche wider. Sie haben es bereits angesprochen, die Nachfrage ist gestiegen, ausgelöst durch die Pandemie entdecken immer mehr Menschen den Charter mit Skipper als individuelle Alternative zur Kreuzfahrt, und die Werften kommen mit der Produktion kaum hinterher. In Summe führt das für Charterurlauber leider zu steigenden Preisen, das konnten wir im Jahr 2021 schon sehen. 

Sebastian Kather: Es gibt auch eine gewisse Marktkonsolidierung, kleine Charteragenturen und Vercharterer werden von den größeren aufgekauft, da zeichnet sich eine Entwicklung wie im Bereich Mietwagen ab. Die Yachten selber erfüllen immer mehr den Wunsch nach Komfort und einem großen Platzangebot, Schnelligkeit und andere Segelkompetenzen werden hingegen weniger wichtig. Die Branche wird sich natürlich weiter digitalisieren und unser Anspruch ist es, da Treiber zu sein. Es bleibt auf jeden Fall spannend!

Sebastian Kather (links) und Marvin Kather. Bild: 1A Yachtcharter

Die 1a Yachtcharter GmbH ist eine Charteragentur für Yachten und Hausboote in der Region D-A-CH. Mit rund 10.000 Schiffen an 250 Stützpunkten in über 40 Ländern hält die Agentur für ihre Kunden online ein umfassendes Portfolio bereit. 1999 als Familienunternehmen gegründet, führen heute die Brüder Marvin und Sebastian Kather das Unternehmen. Unterstützt werden sie dabei von 20 Mitarbeitern. 

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