Abenteuer: Unter Segeln zum Nordpol – Franzosen wuchten Katamaran durch Eiswüste

Schieben und segeln

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Nach mehreren gescheiterten Versuchen startet Sebastien Roubinet erneut eine Expedition zum Nordpol. Diesmal will er mit zwei Freunden einen Katamaran durch die Eiswüste segeln, schieben, wuchten.

Unter Ausdauersportlern gibt es den Spruch, dass man den „langen Atem“ eigentlich nicht unbedingt für das Rennen oder den Sieg brauche. Eher dafür, immer wieder zum Training zu erscheinen, an den Start zu gehen, erneut zu trainieren.

Nun hat Segeln höchstens in der absoluten Extreme wie etwa bei der Vendée Globe oder beim olympischen Pumpen auf dem Finn etwas mit „Ausdauer“ zu tun. Doch es sind ja gerade die Ausnahmen, die unseren Sport so spannend machen.

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Bei der letzten Expedition, vor eher befahr- und besegelbaren Eisflächen © roubinet

 Der Franzose Sebastien Roubinet ist jedenfalls ein Segler, der sich den Begriff „Ausdauersportler“ in jeder Hinsicht auf die Fahnen schreiben darf. Er beweist seit mehr als zehn Jahren einen außerordentlich langen Atem was die Vorbereitung schwierigster Segelabenteuer und -expeditionen anbelangt. Er zeigt wie kaum ein anderer enormes Durchhaltevermögen in extremen Situationen, und er zeichnet sich durch den sprichwörtlichen „Biss“ aus, mit dem große Projekte zum Erfolg gebracht werden. Oder großartig scheitern.

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Bloß nicht die Orientierung verlieren © roubinet

Fest steht: Roubinet hat sich in der an Abenteurern bekanntlich nicht gerade armen französischen Segelszene einen guten Namen gemacht. Als leidenschaftlicher Liebhaber öder Eis- und Schneeflächen, als begnadeter Segler in den unzugänglichsten Revieren der Welt (u.a. mit Yvan Bourgnon im Strandkat vor Kap Hoorn) und als hervorragender Ausdauersportler (im klassischen Sinne) macht er seit Jahren Furore. Und das, obwohl er mit seinem größten, wichtigsten und wohl auch spannendsten Projekt bereits mehrfach scheiterte. (SR berichtete).

Sisyphos lässt grüßen

Sebastien Roubinet will zum Nordpol! Okay, das wollen viele. Doch Roubinet will auf einem Strand-Katamaran zum Nordpol segeln! Dafür setzt der Franzose seine Hoffnung nicht auf ein möglichst rasches Abschmelzen der nördlichen Polarkappe, sondern hofft im Gegenteil eher auf eine gute Beschaffenheit der arktischen Eisflächen. Anders ausgedrückt: Sebastien Roubinet ist es egal, ob er auf flüssigem oder gefrorenem H2O gen Nordpol segelt. Hauptsache auf einem Boot. 

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Es wird eine grobe Schufterei © roubinet

Dass man sein Expeditionsboot, selbst wenn es in eher handlichem Format gebaut und extrem leicht gehalten wurde, nicht einfach über sich auftürmendes Packeis, über Schollen, endlos erscheinende Eiswüsten und minus zwei Grad kalte Wasserflächen segelt, liegt auf der Hand. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass die Route zum Pol lediglich zu zehn bis fünfzehn Prozent aus Wasser besteht. Über den Rest muss das Boot geschoben, gewuchtet, gezogen und kann nur ganz selten auch gesegelt werden. 

Zu viel für einen Einzelnen. Dies erkannte Sebastien Roubinet bereits bei seinen ersten Versuchen vor mehr als zehn Jahren. Also holte er sich Vorschoter respektive Vorzieher an Bord: Zunächst Rudolphe André, mit dem er an „unbesegelbaren Eisflächen“ 2011 scheiterte und zuletzt Vincent Berthet (Extremtaucher, Kayakfahrer/1.000 Seemeilen im Eismeer), mit dem er von übelsten Wettersystemen gepeinigt von einem russischen Eisbrecher 2013 aus misslichster Lage befreit wurde. 

Der Traum bleibt

Um nochmals auf den Begriff „Ausdauer“ zurück zu kommen: Seitdem träumt Sebastien Roubinet von nichts anderem als vom… Segeln zum Nordpol. Es sei eben alles eine Frage der richtigen Vorbereitung, beteuert er immer dann, wenn er bei seinen zahlreichen Rundreisen durch französische Buchhandlungen seine Bücher vorstellt oder Bilder und Filme von seinen Abenteuern zeigt. „Ich werde das noch packen – allem Packeis zum Trotz“ ist zu einer Art Leitspruch bei ihm geworden. Und keiner aus der Szene zweifelt daran, dass er es tatsächlich schaffen wird. 

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Keep cool: Mama will den Kleinen nur mal eben schnell zeigen, wie schlecht manche Socken der Menschen schmecken © roubinet

Es erstaunt also nur wenig, dass Sebastien Roubinet jetzt eine neue Expedition ankündigt. „La voie du pole“ – der Weg zum Pol – soll 2018 über die eiskalte „Bühne gehen“ und diesmal bitteschön nicht an Kleinigkeiten wie sich auftürmenden Eisschollen oder unbesegelbaren Eiswüsten scheitern. Wie gesagt, richtige Vorbereitung ist alles und so hat Roubinet den vergangenen Winter schon mal im Zelt an der grönländischen Küste verbracht. Von wegen Mensch und Material bei extremen Temperaturen messen. 

Derzeit findet man den französischen Polar-Segler jedoch meistens in den mitunter etwas trist wirkenden, ehemaligen U-Boot-Werfthallen von „La Base“ im französischen Lorient. Ab 21 Uhr trifft er sich dort mit seinen beiden neuen Expeditionskollegen Benoît Lequin (43) und Jean-Yves Moreau (46) nach der Arbeit als Bootsbauer zum Arbeiten… am Boot. Zu Dritt wollen sie das unmöglich Erscheinende doch schaffen: Mit einem nagelneuen Karbon-Katamaran, an dem sie gerade basteln, quer durch die Arktis zum Nordpol und weiter gelangen. 

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Arbeit am neuen Boot in Lorient © roubinet

Zu Dritt seien die Chancen deutlich größer, den Kat über 3.000 Kilometer und über die gröbsten Hindernisse zu wuchten und zu schieben. Auch wenn man sich dann gezwungenermaßen beim Übernachten in der vier Quadratmeter kleinen Kajüte ziemlich klein machen müsse. 

Drei Bootsbauer in der Arktis

Doch das ganze Geackere, die physischen Anstrengungen und die Gefahren etwa durch Eisbären oder schlecht gelaunte Wettersysteme wiegeln die Drei mit einem Schulterzucken ab. „Unsere Chancen, es bis zum Pol tatsächlich zu schaffen, sind deutlich gestiegen,“ sagten sie kürzlich unisono einer lokalen Zeitung. „Weil wir alle Drei Bootsbauer sind, mit wenig Werkzeug und Material große Schäden reparieren und überhaupt als Bastler und Techniker hervorragend improvisieren können.“ 

Derzeit konzentrieren sie sich auf einen stabilen Unterbau des Katamaran. Die beiden Schwimmer respektive Rümpfe sind mit Schlittenkufen versehen, die unzählige Stöße, viel Druck und noch mehr Abrieb aushalten müssen. „Eine Herausforderung, ja, aber eine, der wir gewachsen sind.“ 

Im Sommer 2017 soll das Boot fertig werden, danach geht es ein halbes Jahr lang ins Kältetraining  auf den Bergen. 

2018 fällt der Startschuss: von Alaska über den Nordpol nach Spitzbergen. Eine klassische Route, mit erfahrungsgemäß viel Wind von achtern. „Die Richtung stimmt,“ meint Roubinet dazu. „Wie die Strecke dann aussehen wird, liegt nicht in unserer Hand.“ 

Hauptsache die Ausdauer und der lange Atem stimmen. 

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Auf flüssigem Wasser laufen die Schiebe-Katamarane… flüssig © roubinet

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Michael Kunst

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