99. Starboot-WM: 18 Nationen am Start vor Kiel

Wird ein neuer Star geboren?

Titelverteidiger Mateusz Kusznierewicz/Bruno Prada (Polen/Brasilien), der dreimalige Vizeweltmeister Diego Negri (Italien) mit Frithjof Kleen (Berlin), die amtierenden Europameister und zweifachen Olympia-Teilnehmer Enrico Chieffi/Ferdinando Colaninno (Italien) … die Liste der Favoriten bei der 99. Starboot-WM ist lang.

Markus Koy segelt an Bord von Jörgen Schönherr unter dänischer Flagge. Der Hamburger hat bereits drei Star-EM-Titel mit drei verschiedenen Steuerleuten errungen. Foto: regate.com.hr

Das Who is Who der Stare ist vom 4. bis 11. September vor Kiel am Start. Machen die Favoriten die Medaillenvergabe wie gewohnt und erwartet unter sich aus, oder wird vielleicht doch ein neuer Star geboren? Die Klasse kümmert sich nicht nur in Deutschland um den nötigen Nachwuchs und erhält gerade Zulauf vor allem aus dem Finn, in dem einst auch der amtierende Star-Weltmeister und Titelverteidiger Mateusz Kusznierewicz olympische Medaillen und Kieler-Woche-Siege hamsterte. Mit der Eröffnung am Sonntag um 18.30 Uhr beginnt nach der Registrierung und dem Wiegen der Crews der offizielle Teil der WM, bevor am Montag nach dem Skippersmeeting um 13 Uhr das erste Startsignal ertönt. Sechs Rennen (täglich eine Wettfahrt) stehen auf dem Programm, bevor am Samstag, 11. September, die Medaillen vergeben werden.

 „Unser Ziel muss es sein, Nachwuchs für die Klasse zu gewinnen“, definiert der Kieler Starboot-Flotten-Chef Helge Spehr die größte Herausforderung für das Zweimann-Kielboot, das bis 2012 olympisch war. „Hier engagieren wir uns, und das werden wir auch künftig tun müssen“, schlägt Starboot-Weltpräsident Hubert Merkelbach (Überlingen) in dieselbe Kerbe.

Bei den Finn-Seglern fällt das Engagement der Starboot-Flotte auf fruchtbaren Boden. Nach dem olympischen Aus der Einmann-Jolle suchen die schweren Männer nach Alternativen. Unter ihnen der Berliner Phillip Kasüske. Der Grinder der „Einstein“ (Imoca des Offshore Team Germany/Eigner Jens Kuphal) mit Skipper Robert Stanjek (Starboot-Olympia-Sechster 2012 vor London) hat im Sommer das Ocean Race Europe von Lorient/Frankreich über Cascais/Portugal und Alicante/Spanien nach Genua/Italien gewonnen, und tritt nun mit dem routinierten Vorschoter Michael Schulz bei der Star-WM an. Kasüske/Schulz haben bereits bei der Star-IDM im Juni als Sechste gezeigt, dass sie in der Klasse durchaus mithalten können.

Philipp Kasüske und Michael Schulz (vorn/Berlin) wurden bei der IDM Sechste. Nach dem olympischen Aus des Finns drängen die starken Männer in den Star. Foto: IDM beim DTYC

„Wir haben die ersten Regatta-Erfahrungen im letzten September bei der EM auf dem Gardasee gesammelt. Unser gemeinsames Projekt ist zunächst auf die WM vor Kiel ausgerichtet. Dann sehen wir weiter“, so Kasüske, der 2016 und 2019 die Kieler Woche im Finn gewann. 

Nach dem olympischen Aus für den Finn schaut sich der Berliner ebenso nach einer neuen Bootsklasse um wie sein Finn-Kollege Max Kohlhoff (Strande). „Ich wollte schon immer Starboot segeln, es ist physisch eine coole Herausforderung und technisch sehr anspruchsvoll“, so Kasüske.

Durch Robert Stanjek entstand der Kontakt zu Michael Schulz. „Michi und ich haben uns von Anfang an gut verstanden und waren auf einer Wellenlänge“, so Kasüske, der in diesem Jahr auch noch das Bigboat-Segeln auf dem Plan hat. Nach der ORC-WM in Estland an Bord der „Intermezzo“ (Jens Kuphal/WM-Fünfter) steht nun noch die IDM vor Olpenitz (24. bis 28. September) im Regattakalender.

Sie sicherten sich in diesem Jahr den EM-Titel: der zweifache Olympia-Teilnehmer Enrico Chieffi und Ferdinando Colaninno (Italien). Foto: Hrvoje Duvanci

Danach dürfte sich entscheiden, welchen Stellenwert der Star im Regattaplan Kasüskes einnimmt. Die 100. Star-WM vom 10. bis 17. September 2022, veranstaltet vom Eastern Yacht Club Marblehead in Massachusetts (USA), dürfte da durchaus attraktiv sein.

Doch zunächst gilt es, in Kiel gegen die Weltspitze im Star zu bestehen. Und neben den Favoriten, den üblichen Verdächtigen auf die Podiumsplätze, sind weitere ganz große Namen vertreten wie Juan Kouyoumdijan/Fernando Rivero (Argentinien).  Kouyoumdjian (Jahrgang 1971) ist ein weltweit erfolgreicher Segler und Konstrukteur von Regatta- und Fahrtenyachten. Erste America’s Cup-Erfahrungen sammelte der Argentinier mit dem französischen Team Le Défi 1995. Bei der 32. Auflage des America‘s Cups war er Mitglied im Designteam für BMW ORACLE Racing. 2020 folgte der Wechsel zum italienischen Team Prada.

Die bisher größten Erfolge erzielte Kouyoumdjian jedoch mit seinen Entwürfen für das Volvo Ocean Race. Für drei Auflagen dieser Regatta entwarf er jeweils die Siegeryacht: „ABN AMRO 1“, Siegeryacht beim Volvo Ocean Race 2005 – 2006, „Ericsson 4“, Siegeryacht beim Volvo Ocean Race 2008 – 2009, und „Groupama 4“, Siegeryacht beim Volvo Ocean Race 2011 – 2012.

Er selbst blieb dabei immer dem Starboot treu. Bei der diesjährigen  EM in Kroatien belegten Kouyoumdijan/Rivero Rang vier. In Kiel ist die Konkurrenz noch härter.

Der Argentinier ist erfolgreicher Segler und Konstrukteur von Regatta- und Fahrtenyachten, unter anderem für den America’s Cup und das Volvo Ocean Race: Juan Kouyoumdijan, der mit Vorschoter Fernando Rivero bei der EM- Rang vier belegte. Foto: Hrvoje Duvanci

Auch die deutschen Vorschoter Markus Koy und Frithjof Kleen (an Bord des dreimaligen Vizeweltmeisters Diego Negri/Italien) schielen Richtung Podium. Markus Koy sitzt bei Jörgen Schönherr (Dänemark) im Boot. Der Hamburger hat bereits America’s-Cup-Luft geschnuppert und war 2007 Mastmann im United Internet Team Germany beim Louis Vuitton Cup. Danach konzentrierte sich der North-Sails-Berater auf das Starboot und hamsterte drei EM-Titel mit drei verschiedenen Steuerleuten – 2008 mit Robert Stanjek, 2010 mit Johannes Polgar und 2014 mit Hubert Merkelbach.

„EM-Titel habe ich, und der mit Johannes war in dem wohl größten Starbootfeld überhaupt. Wir haben uns in einem WM-würdigen Feld gegen 130 Konkurrenten durchgesetzt“, so Koy. Doch ein WM-Titel fehlt noch. „Top-Ten ist in Kiel unser Ziel. Unsere Geschwindigkeit stimmt. Alles andere hängt von der Tagesform ab“, definiert der 47-Jährige den Anspruch für Kiel. Die Starboot-Meisterschaften sind immer ein Treffen der großen Namen. „Wenn man die Meldeliste durchgeht, trifft man auf viele bekannte Segler. Das war schon immer so“, erklärt der Hamburger, der in vielen verschiedenen Bootsklassen segelt, dem Star aber immer treu geblieben ist. „Ich segle auch andere Boote, aber der Star ist schon etwas Besonderes. Er ist technisch, vielseitig und anspruchsvoll“, beschreibt der Vorschoter sein Lieblings-Boot. Eine Verletzung könne einen aus dem Tritt bringen, aber ansonsten würde er gern noch einige Jahre an der Starboot-Bordwand aushängen. „Ich trainiere viel, halte mich fit und bin körperlich noch Starboot-tauglich“, erklärt Koy, dem schon auffällt, dass die Aktiven in der Klasse langsam älter werden: „Aber das geht vielen Klassen so. Heute hat die Jugend sehr viel mehr Angebote zur Kurzweil. Und Segeln muss man schon wollen.“ Und Markus Koy will segeln. Mit Jörgen Schönherr ist in Kiel einiges möglich.

Ob ein neuer Star geboren wird, Titel-Träume sich erfüllen oder doch wieder die Favoriten die Medaillen abräumen – am Samstag, 11. September, gibt es darüber Gewissheit.   

Offiziell eröffnet wird die Star Worlds Championship am Sonntag, 5. September, auf der Bühne im Olympiazentrum in Kiel-Schilksee. Die Eröffnungsfeier beginnt um 18.30 Uhr mit dem Marsch der Teilnehmer mit ihren 18 Nationenflaggen von der Heineken-Star-Class-Lounge durchs Hafenvorfeld zur Bühne.

Unterstützt wird die Starboot-WM von der Landeshauptstadt Kiel, dem Land Schleswig-Holstein sowie den Partnern Helly Hansen und  Heineken sowie den Förderern Heinz Nixdorf-Verein, Tikal und Voigt-Logistik. 

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