Deutschlands beste Segler: Erik Heil und Thomas Plößel beenden ihre olympische 49er-Karriere

Ende einer Ära

Deutschlands erfolgreichste Olympiasegler der letzten 20 Jahre verabschieden sich vom aktiven 49er-Leistungssport. Erik Heil und Thomas Plößel beenden ihre gemeinsame Regatta-Karriere, die 2001 auf dem Tegeler See begann und mit der 49er-WM in diesem Sommer endete.

Der Spaß am Segeln motivierte Erik Heil und Thomas Plößel zu Höchstleistungen. Foto: Lars Wehrmann

Mehr als 21 Jahre hat diese einzigartige Leistungssportpartnerschaft unter dem Dach des Deutschen Segler-Verbandes angedauert – ein eigener Rekord mit viel Strahlkraft. In dieser Zeit haben der heute 33-jährige Steuermann und sein 34-jähriger Vorschoter zwei olympische Bronze-Medaillen (2016, 2021), Silber und Bronze bei Weltmeisterschaften (2019, 2020) und unzählige weitere Erfolge errungen.

Ihr weitsichtiger Jugendtrainer Michael Koster, der die beiden komplementären Charaktere schon im Teenager-Alter im Tegeler Segel-Club in Berlin zusammenbrachte, sagte einmal: „Erik und Thomas generieren ihre Leistung aus der Freude am Segeln heraus.“ Das war immer der Motor, der die Ausnahmecrew vom NRV Olympic Team des Norddeutschen Regatta Vereins angetrieben hat.

2016 jubelten Erik Heil und Thomas Plößel über die Bronzemedaille. Foto. Sailing Energy

Erik Heil und Thomas Plößel haben in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe gesetzt: Sie zeigten schon bei ihrem Kurs Richtung Olympia 2016, wie eine intensive, offene und zielführende Kooperation mit Teamkameraden und Rivalen im Kampf um nur einen olympischen Startplatz erfolgreich funktionieren kann. Mit Justus Schmidt und Max Böhme vom Kieler Yacht-Club bildeten sie, wie es Erik Heil formulierte, „die beste Trainingsgemeinschaft der Welt“. Der Lohn war die erste Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2016 für Erik Heil und Thomas Plößel. Die widmeten sie auch den Trainingspartnern Justus Schmidt und Max Böhme.

DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner erinnert sich an das packende Rio-Finale: „Es war die erste Olympiamedaille, die ich begleiten durfte, eine herausragende Leistung von Erik und Thomas.“ Unvergessen bleiben auch das packende Medaillenrennen selbst und der Doppel-Salto der beiden glücklichen Segler von ihrem Skiff in die Fluten der Guanabara-Bucht. Die deutsche Flagge in ihren Händen ließen sie dabei nicht los. Die Bilder davon gingen um die Welt.

Die zweite Bronzemedaille kam am „Giganten-Tag“ des German Sailing Teams

Das Duo setzte seine Karriere anschließend konsequent fort, professionalisierte das eigene Team weiter. Mit Frithjof Schade, aktuell als Referent Leistungssport für das German Sailing Team aktiv, holten sie sich einen Projektmanager ins Boot. Auf Trainer Thomas Berg (geboren Rein) folgte Coach Marc Pickel, der sich mit den Ausnahmeseglern intensiv auf die Olympischen Spiele 2020 vorbereitete. Nach Verschiebung der Spiele auf 2021 traten Erik Heil und Thomas Plößel im japanischen Olympiarevier von Enoshima erneut medaillenhungrig an.

Salto Nummer zwei, diesmal in der Sagami-Bucht vor Enoshima. Foto: Sailing Energy

Was folgte, war nicht vorauszuahnen und von historischem Ausmaß: Gleich drei Crews des German Sailing Teams holten am 3. August 2021 eine olympische Medaille. „Ein Giganten-Tag für den deutschen Segelsport“, entfuhr es Erik Heil an jenem denkwürdigen Dienstag, an dem die deutschen Olympiasegler drei Medaillen binnen dreieinhalb Stunden gewannen. Außer den 49er-Seglern hatten Tina Lutz und Susann Beucke Silber im 49erFX und Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer Bronze im Nacra 17 gewonnen. Der Segelsport stellte an diesem Tag die erfolgreichsten Sportler der gesamten Olympiamannschaft, war in aller Munde.

„Feste Größen in der internationalen Weltspitze“

Der Rücktritt von Erik Heil und Thomas Plößel stimmt auch wehmütig. „Sie werden als aktive Leistungsträger fehlen“, sagt Nadine Stegenwalner. „Man muss sich nur einmal ansehen, wie Erik und Thomas auf Kurs Enoshima in den vergangenen Jahren performt haben: Sie waren immer unter den Besten bei WMs, holten WM-Silber und WM-Bronze. Die beiden waren über einen sehr langen Zeitraum feste Größen in der internationalen Weltspitze und für das German Sailing Team enorm wertvoll. Sie waren und bleiben Vorbilder.“

“Erik und Thomas haben der nächsten Generation viel zu geben“

Das geballte Wissen der Ausnahmesegler soll aber nicht verloren gehen. Thomas Plößel sagt: „Wir haben viel erreicht, unfassbar viel gelernt. Wir hoffen, dass wir der nächsten Generation gute Perspektiven aufzeigen konnten und das auch in Zukunft weiter tun können.“ Gemeint ist damit neben künftigen eigenen Segel-Engagements der beiden Powerplayer in anderen Bereichen des internationalen Segelsports auch die Unterstützung für die Nachfolger des Dream Teams. Erste Gespräche zwischen Verband und Seglern haben dazu bereits stattgefunden.

„Erik und Thomas haben gesagt, dass sie das German Sailing Team in Zukunft weiter unterstützen und ihre Erfahrung weitergeben wollen. Das ist ein starkes Signal, über das wir uns freuen. Die Bereitschaft wollen wir gerne für die Nationalmannschaft nutzen“, sagt Nadine Stegenwalner, die Erik Heil und Thomas Plößel als Sportler und als Menschen schätzt. „Ich sehe beide weiter als wichtige Teammitglieder. Sie haben immer gezeigt und auch mich damit beeindruckt, wie zielstrebig sie ihre Vorhaben angehen. Beide haben der nächsten Generation viel zu geben.“

Quelle: DSV

Anm. d.Red.
Erik Heil und Thomas Plößel liebäugelten mit einer neuerlichen 49er-Kampagne für Marseille 2024. Nach längerer Pause hatten sie aber bei der WM im September den Anschluss verpasst und sich nicht für die Goldfleet qualifizieren können. Heil studiert Medizin in Kiel und Maschinenbauer Plößel arbeitet seit Mai als
Projektingenieur beim Yachtausrüster Reckmann in Hamburg.

Ähnlich erging es dem zweiten 49er Spitzenteam Tim Fischer und Fabian Rieger, die bei der WM auf Rang 34 einen Platz vor Heil/Plößel landeten und danach das Ende ihrer gemeinsamen Olympiapläne verkündeten.

Mit den WM Sechsten Meggendorfer/Spranger und Stingele/Scheel (13.) stehen aber starke Nachwuchsteams im 49er bereit, die vielleicht die große Lücke füllen können

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