Kieler Woche: Von Foilern über Youngster zu Stars und inklusiven Rennen

Es geht los!

Kleiner, aber oho: Mit 17 internationalen und olympischen Bootsklassen und -disziplinen plus Seeregatten für Yachten sowie mehr als 100 maritimen Programmpunkten an Land startet die Kieler Woche 2021 schwungvoll durch. Nach dem Vorjahr pandemiebedingt noch einmal auf den 4. bis 12. September verschoben, bleibt die größte Segelregatta der Welt mit zahlreichen Highlights gespickt.

Der Euro Cup der 29er steht mit 120 Booten im Mittelpunkt der Nachwuchsklassen zur Kieler Woche 2021.  Foto: Sascha Klahn

„Die Nachwuchsklassen sind enorm stark besetzt, die hochkarätige Starboot-WM integriert, die olympischen iQ-Foiler feiern das Surfcomeback, und wir bleiben paralympisch inklusiv“, so fasst der Organisationsleiter Dirk Ramhorst die seglerischen Schwerpunkte der Kieler Woche 2021 zusammen. Vom Welcome Race mit Aalregatta der Dickschiffe zum Auftakt am Sonnabendmorgen (4. September) mit dem fliegenden GC32-Katamaran von Hochseesegler Boris Herrmann aus der Innenförde nach Eckernförde bis zum letzten Rennen der 240 Youngster im Euro Cup der 29er-Gleitjollen am zweiten Sonntagmorgen (12. September) blickt die Segelwelt neun Tage lang nach Kiel.

Oberbürgermeister Ulf Kämpfer hätte „natürlich gerne wieder eine ‚richtige‘ Kieler Woche gefeiert“. Das lasse die Infektionslage aber leider noch nicht zu. Gleichwohl könnten sich „Kinder auf tolle Mitmachkonzerte und Musikfans auf ‚gewaltig leise‘-Abende auf der Krusenkoppel freuen.“ Das Segelfeuerwerk in Schilksee steigt für jedermann am Dienstag, die Windjammer-Segelparade mit 120 Schiffen am zweiten Sonnabend. „Mit der ganz besonderen AIDA-Abschlussinszenierung ‚Sternenzauber über Kiel‘, einer spektakuläre Licht- und Feuerwerksshow, wollen wir dann Lust machen auf das Jahr 2022 – da wird die Kieler Woche 140 Jahre alt. Und das feiern wir dann hoffentlich ganz groß“, so Ulf Kämpfer.

Daumen hoch fürs Leinen los der Kieler Woche 2021 (von links), Götz Bormann, Ulf Kämpfer, Frederik Schwall, Emma Kohlhoff und Dirk Ramhorst. Foto: ChristianBeeck.de

Auch rund um die Segelwettbewerbe auf dem Vorfeld des Olympiahafens Schilksee wird es ein Landprogramm geben. „Wir versuchen, etwas mehr Leichtigkeit als voriges Jahr zu erreichen. Mit einem vorsichtigen Mix aus Sport, Gastronomie und Sponsorenpräsentation soll ein Ort geschaffen werden, der zeitgemäß und unter Beachtung der Maßgaben zum Verweilen einlädt“, erklärt Dirk Ramhorst. Dabei stünden die Begegnungen von Sportlern und Gästen insoweit im Fokus, wie es zu verantworten sei. Eine Reduktion des „bebauten“ Angebots im Vergleich zu 2019 entsprechend einer Erweiterung der Verweilflächen sei Grundlage des Geschehens.

Die erneute Verschiebung der Kieler Woche sei auch organisatorisch ein Kraftakt, so Ramhorst weiter, „der ohne die Treue unserer zahlreichen Partner und Sponsoren nicht möglich gewesen wäre.“ Beispielhaft für viele andere stehe die Förde Sparkasse als Gastgeber der Vorab-Pressekonferenz am Donnerstag (26. August) hinter der Kieler Woche. Vorstandsvorsitzender Götz Bormann ermunterte die Aktiven, ihre sportlichen Ziele unbeirrt von widrigen äußeren Einflüssen weiter zu verfolgen und sagte: „Ansehen und Wert der Kieler Woche auf dem Wasser sind unumstritten hoch, auch wenn das Drumherum an Land in diesem Jahr noch etwas eingeschränkt sein wird. Wir sind und bleiben gerne an Bord.“ Die Förde Sparkasse – selbst 225 Jahre jung – unterstützt die Kieler Woche auch beim kontaktarmen, bargeldlosen Bezahlen, was an allen Ständen möglich sein wird.

120 Meldungen in der Skiff-Klasse der Jugend und Junioren werfen den Blick auf den Euro Cup der 29er, dem Sprungbrett in die olympischen 49er. Die Kieler Trainingsgruppe ist in der Breite und in der Spitze bundesweit herausragend. Zu ihr gehört Emma Kohlhoff, die Schwester von Bronzemedaillengewinner Paul Kohlhoff im Nacra 17 in Japan. Die 13-jährige Steuerfrau vom Kieler Yacht-Club wurde mit dem zwei Jahre älteren Jesper Achenbach als Vorschoter beim Strander KÜZ Fünfte, und will bei der Kieler Woche „von der internationalen Spitze lernen“. Ende der Saison wechselt sie auf eine Mitseglerin, da „Mixed auf Sicht im Skiff leider keine Disziplin ist“. Dabei macht ihr die gemischte Crew genauso viel Spaß wie ihrem Bruder, mit dem Emma Kohlhoff voriges Jahr bei einer Regatta „so viel so schnell gelernt“ hat. „Das war Autopilot-Fahren.“

Einen bekannten Namen trägt auch Frederik Schwall. Für den jüngeren Sohn von René Schwall, ebenfalls Bronzemedaillengewinner, aber schon in Sydney 2000, stand es „nach dem ersten Schnuppersegeln außer Frage, bei dem Sport unserer Familie zu bleiben.“ Obwohl der 14-Jährige mit Titus Rositzki erst wenige Wassertage im 29er hatte und bei seiner ersten Regatta mit Starkwind aus Ost und hohen Wellen zu kämpfen hatte, will er auf dem Heimatrevier weitere Erfahrungen sammeln. „Der Umstieg kommt jetzt genau richtig“, so Frederik Schwall, der nach erfolgreicher Qualifikation bei der Opti-Europameisterschaft in Cadiz bester Deutscher war. Sein älterer Bruder Per startete am Donnerstag bei der 29er-Weltmeisterschaft in Valencia und dann ebenfalls bei der Kieler Woche.

Die gut besuchte Vorab-Pressekonferenz zur Kieler Woche 2021 in der Oberen Kundenhalle im S-Finanzzentrum Kiel. Foto: ChristianBeeck.de

Bereits mit vielen Wassern gewaschen sind dagegen die meisten der 85 Starboot-Mannschaften, die zur 99. Weltmeisterschaft ihren traditionsreichen Klasse gemeldet haben. Die WM wurde an ihrem Ursprungstermin nunmehr in die Kieler Woche integriert. Neben ehemaligen Titelträgern und Olympiamedaillengewinnern gehört Markus Koy zu den deutschen Mitfavoriten. Der Vorschoter aus Wedel war schon dreimal Europameister und hängt diesmal beim Dänen Jørgen Schönherr an der Bordwand. Nach der feierlichen Eröffnung am Sonntagabend stehen bei der WM bis Sonnabend ganz klassisch je eine lange Tageswettfahrt auf dem Programm.

Viel kürzer, manchmal nur wenige Minute dauern die Rennen der rasanten iQ-Foiler, die 2024 in Paris mit den Olympischen Segelwettbewerben in Marseille erstmals unter den Fünf Ringen dabei sind. Sie feiern auf der Kieler Woche nicht nur ihre Premiere, sondern bringen das Windsurfen nach neun Jahren Abstinenz in der modernsten, nämlich der „fliegenden“ Variante nach Schilksee zurück.

Zu den Höhepunkten gehört 2021 auch wieder die 2.4mR-Klasse mit Seriensieger Heiko Kröger. Seite an Seite mit Kiel und mit dem Weltsegelverband World Sailing kämpft Kröger weiter für eine Rückkehr des Segelsports ins paralympische Programm. Neu bei der Kieler Woche und ein weiteres Paradebeispiel für Inklusion, hier mit Sehbehinderten und Gehörlosen in drei Crews, bietet die J/70-Konkurrenz. Ramhorst: „Das ist ein kleiner, aber weiterer Schritt in die richtige Richtung und vielleicht Ansporn für viele weitere Menschen mit Einschränkungen, den Segelsport als Inklusionsportart zu entdecken.“

„Aufgrund unserer Verlegung weg von der angestammten letzten Juni-Woche genießen wir dieses Mal keinen Schutz im Kalender des Weltsegelverbands“, erklärt Ramhorst, warum es keinen olympischen und internationalen Teil gibt, sondern zwei gleichwertige Hälften mit einem Tag Pause am Mittwoch (8. September), an dem neben der Star-WM nur auf der Seebahn um den Kiel-Cup nach ORC gesegelt wird. Während die einen abreisen, sollen die anderen mit gebührendem Abstand ihre Boote aufbauen. „Wir müssen auch in diesem Jahr noch einige Corona-Regeln beachten“, so der Orga-Chef, auch wenn es dank der Impfquote nicht nur in Deutschland und ausreichend Testkapazitäten überall nicht mehr so extreme Einschränkungen gibt wie im Vorjahr.

Durch die neuen Einreisekontrollen müssen die ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer schon getestet, geimpft oder genesen sein, wenn sie in Kiel ankommen. Das soll aber beim Check-in nochmals überprüft werden, auch die Einheimischen natürlich, um ganz sicher zu gehen. Und es sollte auch nachgetestet werden. „Mit unserem erfolgreichen Hygienekonzept haben wir 2020 einen hohen internationalen Standard gesetzt, dem wir uns und den Aktiven verpflichtet fühlen“, erklärt Dirk Ramhorst.

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