Knarrblog: Harte T-Bone Kollision in Travemünde – Wie der Crash zustande kam

Kalt erwischt

Dieser Moment, wenn man weiß, dass es gleich kracht. Diese Millisekunde, wenn die Erkenntnis kommt: Shit!!!! Dieses Gefühl, wenn sich die Nackenhaare aufstellen. Ich könnte darauf verzichten.

Vor dem Bug steht ein Schiff quer, dass da eigentlich nicht sein sollte. Es hätte eigentlich schon den Weg freigemacht haben müssen. Ich will hinten vorbei. Es klappt nicht mehr. Rumms! Wir krachen voll in die Seite. Ich fliege über den Traveller nach vorne. Unser Bug trifft auf die Deckskante. Ein dumpfes, krachendes Geräusch legt sich über die Szene.

Die Situation im Replay ab 1:22:42:

Mist, Mist, Mist! Wie konnte das nur passieren? Es ist so ärgerlich, wenn Kollisionen entstehen. Gerade bei der Segel-Bundesliga. Es ist ja nur geliehenes Material. Menschen haben jetzt viel Arbeit mit der Reparatur, weil ich Holzkopf da reinhacke.

Segel-Bundesliga Crash

Voll in die Seite geknallt. Kollision im Eifer des Gefechtes. Auf dem Bild sieht die Schuldfrage klar aus. Backbord vor Steuerbord. Von wegen. Der Schein täuscht. © Sven Jürgensen

Aber was ist denn nun wirklich abgelaufen? Natürlich bin ich den Freunden vom Berliner Yacht Club nicht absichtlich in die Kiste genagelt. Im ersten Moment zermartert man sich das Gehirn, welches Bild in der Millisekunden-Wahrnehmung zur Entscheidung der Wende geführt hat.

Dann wird es mir klar. Bei der Annäherung an die Luvtonne haben sich die Berliner nicht wie zuerst gepeilt im erwarteten Tempo nach der Standwende vorwärts bewegt. Sie treiben seitwärts. Die Strömung am Kiel ist abgerissen. Die erwartete Lücke zwischen Heck und Tonne tut sich also nicht auf, wie erwartet. Plötzlich ist der Abstand zu klein, um kontrolliert achteraus abzufallen.

Fällige Disqualifikation

Was für ein Fehler! Ich hätte halt genauer hinsehen müssen. Für die Schiedsrichter gibt es nichts anderes zu entscheiden als Penalty. Platz sechs statt vier, und dann noch einen Strafpunkt obendrauf für die fällige Disqualifikation wegen des verursachten Schadens.

Das sind auch noch drei Plätze in der Endabrechnung. Als wenn der desaströse Auftakt in die Serie nicht schon hart genug gewesen wäre. Irgendwie flutschte es nicht. Wir wollen doch jetzt eigentlich die Aufholjagd starten. Stattdessen sind nun auch noch die 500 Euro Kaution futsch, und der Titelkampf ist in weite Ferne gerückt.

Gut, dass die Jungs professionell reagieren. Wir segeln ja noch nicht lange zusammen. In Kiel bei der MAIOR und danach bei der Euro haben wir schon schöne Erfolge zusammen gefeiert. Aber nun hat uns das erste Liga-Event kalt erwischt. Der Crash macht es noch fieser. Der zweite Tag läuft dann ja auch klar besser, aber die Flaute zum Schluss nimmt die Chance zur Wiedergutmachtung. Der Mist festigt sich noch einmal.

Di Annäherung an die Luvtonne. Der BYC quetscht hoch und versucht, mit einer risikoreichen Anlieglinie von vier auf zwei vorzusegeln.

Di Annäherung an die Luvtonne. Der BYC quetscht hoch und versucht, mit einer risikoreichen Anlieglinie von vier auf zwei vorzusegeln…

Es klappt nicht. In der Welle geht der Speed verloren. Aus dem Augenwinkel sehe ich die Wende an der Tonne.

…Es klappt nicht. In der Welle geht der Speed verloren. Aus dem Augenwinkel sehe ich die Wende an der Tonne…

Wir sind mit 5,6 Knoten unterwegs. Ich gehe davon aus, dass sich die Lücke zwischen Heck und Tonne auftun sollte, um sauber hinter ihnen passieren zu können.

…Ich gehe davon aus, dass sich die Lücke zwischen Heck und Tonne auftut, um sauber hinter schwarz passieren zu können…

Stattdessen treibt der BYC seitlich ab. Die Strömung am Kiel ist abgerissen. Ich bin bei der Wende viel näher dran, als geplant. Und so folgt der Kontakt. Die Schuldfrage liegt klar bei uns.

…Stattdessen treibt der BYC seitlich ab. Die Strömung am Kiel ist abgerissen. Ich gerate bei der Wende viel näher an das andere Boot, als geplant. Der BYC muss die Gelegenheit zum Ausweichen bekommen, ist aber manövrierunfähig im treibmodus. So folgt der Kontakt. Die Schuldfrage liegt klar bei uns.

Der Nippel an der Sprit

Es gibt solche Tage, die einen richtig runter ziehen. Ich habe noch nicht so viele davon erlebt. Da war mal dieser Moment im Opti auf dem Wannsee. Es ging um den dritten Teil der WM-Quali. Ich hatte es wirklich drauf. Der Junge vom Duisburger Baggerloch war drauf und dran, die Fahrkarte nach Thailand zu lösen. Dann brach dieser Nippel am Ende der Sprit. Was habe ich geheult – jetzt kann man es ja sagen.

Da war auch dieser Ballermann Tag in Carnac, wo ich im französischen Laser Euro Cup im Ü-100-Feld die ersten starken internationalen Ergebnisse ablieferte. Zweimal Zweiter, Mann war ich stolz! Beim abendlichen Suchen auf der Ergebnisliste wanderte dann der Blick von ganz oben immer weiter runter. Bis auf die zweite, dritte Seite. Die schöne Zahlenreihe wurde durch Buchstaben verunstaltet. Zweimal OCS (Frühstart).

Das Gefühl ist nun ähnlich. Aber, was soll’s. Hilft ja nix. Fehler analysieren, Mund abputzen, und weiter geht’s. An so einer Sache wächst man als Team. Auch das ist eine spannende Fassette der Bundesliga. Die Herausforderungen beim Teambuilding. Wie entwickelt man sich weiter? Wir haben ein paar Hausaufgaben zu machen. In Berlin wird  sich zeigen, was da noch geht.

Bundesliga Travemünde

Vielleicht sind wir einfach zu aggressive Rollwenden gefahren 🙂 © Sven Jürgensen

Bundesliga Travemünde

Tolle Aussichten auf dem Startboot. Wie soll man sich da auch konzentrieren? © Sven Jürgensen

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Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

3 Kommentare zu „Knarrblog: Harte T-Bone Kollision in Travemünde – Wie der Crash zustande kam“

  1. avatar Carsten Kemmling sagt:

    Sry, dachte der kleine Spaß sei klar 🙂 Also wir krängen hier gerade das frisch übernommene Boot vor dem Rennen, um Gras vom Kiel zu entfernen. Da steckte etwas im Kielkasten. Es befand sich eine Menge treibendes Gras auf der Bahn vor Travemünde.

  2. avatar Just saying sagt:

    B4.1 Mannschaftsposition
    (a) Die Crew darf nicht am stehenden Gut hängen, schieben oder ziehen um Gewicht
    außenbords zu verlagern oder Manöver zu unterstützen. Ausgenommen sind die
    Relingsleinen, sofern an diesen nicht von außen gehangen wird.

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