Regatta-Organisation: Veranstalter vor Hürden – Agentur ProSail gibt Einblick in die Situation

Zwischen Hoffen und Zweifel

Die großen Regattawochen, die einen umfangreichen Infrastruktur-Aufbau für ihre Events stemmen müssen bzw. deren Teilnehmer mit großem logistischen Aufwand aus aller Welt anreisen würden, haben bereits auf die Corona-Krise weitgehend mit Terminverlegungen oder Absagen reagiert. Doch was ist mit den Wochenend-Events? Kann es Regatten und Abendveranstaltungen geben, wenn die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus allmählich wieder aufgehoben werden?

Die Super Sail Tour hat sich unter den Hobie-Seglern als herausragende Regattaserie etabliert, die auch durch den Eventcharakter besonders lebt. Foto: Studio Letsch

Die Agentur ProSail richtet mit der Super Sail Tour seit über 20 Jahren eine vierteilige Serie von Hobie-Regatten an der Ostsee und auf Sylt aus. Die Events zeichnen sich durch eine Mischung aus Sport, hohem Segler-Service und Partys unter Einbeziehung des Publikums aus, und die Regatten leben insbesondere durch die Sponsoren-Unterstützung. Die ProSail-Geschäftsführer Detlef Mohr und Willy Trautmann sind nicht nur die Vermarkter, sie sind auch die Organisatoren vor Ort und gehen selbst als Segler auf die Bahn. Sie sehen die kommenden Herausforderungen also gleich aus verschiedenen Blickwinkeln. Aktuell schwankt die Stimmungslage zwischen Hoffen und Zweifel, und die Möglichkeiten, sich vorzubereiten, sind eine Mischung aus Abwarten und Schmieden von Notplänen.

Willy Trautmann (links) und Detlef Mohr haben den Circuit in über 20 Jahren aufgebaut und bangen in diesem Jahr, überhaupt auf das Wasser gehen zu können. Foto: Jens Hannemann

„Wir arbeiten bei unseren Events immer mit den Gemeinden zusammen, und die warten mit den Entscheidungen alle mindestens bis Ende April ab. So lange können auch wir nicht handeln. Erst dann wissen wir, was wir vor Ort machen dürfen“, erklärt Hobie-Rekordeuropameister Detlef Mohr seine Nerven aufreibende Situation im Wartestand. Am Pfingstwochenende (30. Mai bis 1. Juni) würde die Tour traditionell mit dem Event in Grömitz beginnen. Die Veranstaltung besitzt unter Hobie-Seglern Kultstatus. Im vergangenen Jahr kamen in den Klassen Hobie 16, Hobie 14 und O‘pen Skiff 100 Boote in die Ostsee-Gemeinde. An den Abenden wird mit den Gästen des Ortes bei Live-Musik gemeinsam gefeiert.

Die Super Sail Tour vermittelt ein besonderes Flair – nicht nur für Seglern, sondern auch für die Gäste in den Gemeinden. Foto: Jens Hannemann

Doch gerade den großen Andrang wird es diesmal kaum geben können. „Es ist ja nicht zu erwarten, dass das gesellschaftliche Leben bis dann wieder voll hochgefahren wird. Ob wir daher an Pfingsten die Regatta ausrichten können, hängt von vielen Faktoren ab“, sagt Mohr. „Wir bauen jedes Jahr ein großes Zelt für die Segler auf, bieten Moderation sowie Getränke- und Imbiss-Stände für das Publikum. Die Teilnehmer campen alle gemeinsam auf der großen Wiese. Was davon wird diesmal möglich sein?“ Ein Event ohne Publikum und Catering ist für die Agentur nicht rentabel, da wichtige Einnahmen durch den Verkauf wegbrechen und Sponsoren die Präsentationsfläche fehlt.

Eine Reduzierung auf den Segelsport ist möglich, ob die Meldezahlen der vergangenen Jahre erreicht werden, ist indes fraglich. Foto: Jens Hannemann

Eine Reduzierung auf den reinen Segelsport ist ebenfalls mit vielen Fragezeichen versehen. „Wenn uns die Campingwiese nicht zur Verfügung steht, und die Teilnehmer alle abends wieder nach Hause fahren müssen, dann ist sicherlich die Frage, wie viele kommen würden.“ Dennoch gibt es Überlegungen für einen rein sportlichen Ablauf und entsprechende Ideen dazu. „Ein Race Office kann man sicherlich online realisieren. Und auch auf die Steuermannsbesprechung kann man verzichten, um die Kontakte zu vermeiden. Das Geschehen auf dem Wasser ist ohne große Probleme zu realisieren“, so Mohr. „Aber insgesamt wirkt es doch alles sehr gequält.“

Den Service der Vergangenheit zu bieten, ist ohnehin schwierig: „Solche Veranstaltungen sind ja kein sprudelnder Brunnen. Der Bleistift ist schon massiv gespitzt.“ Ob die Mittel aus den öffentlichen Töpfen angezapft werden können, sieht Detlef Mohr kritisch: „Als Unternehmen prüfen wir das natürlich. Aber der Veranstaltung selbst wird das kaum helfen.“ Daher könnte die wahrscheinlichste Variante für die Serie eine Fokussierung auf das Finale auf Sylt sein und die Ostsee-Events – wenn überhaupt – klein zu fahren: „Vielleicht schaffen wir es, mit ein paar ausgewählten Teams vor Westerland zu segeln, um so den Gästen auf der Insel etwas zu bieten und den Sponsoren zu zeigen, dass nicht alles auf Null gestellt ist. Der internationale Part der vergangenen Jahre, der World Cat, ist eher nicht denkbar. In dieser Zeit macht es keinen Sinn, dass Segler aus aller Welt hierherkommen.“

Als aktiver Segler könnte Detlef Mohr den Ausfall einer Saison verkraften. Foto: Martin Linne

Als selbst aktiver Segler hat Detlef Mohr eine pragmatische Sichtweise: „Aktuell gibt es Wichtigeres als den Segelsport. Wenn eine Regatta-Saison ausfällt, dann ist das eben so. Erst einmal müssen wir doch sehen, dass wir alle gesund durch die Situation kommen. Ich habe Kontakte nach Italien und kann nur berichten, dass es dort eine sehr bedrückende Situation ist. Und es ist mitnichten so, dass die Krankheit nur die Alten trifft. Dort denkt derzeit niemand über die Organisation einer Regatta nach.“

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