Segel-Neustart: Italiener gehen zur Tagesordnung über – Crew-Regatten ab September

"Los geht's"

Italien befreit sich von der Last der Corona-Beschränkungen. Ab September ist Abstand halten auf Kielbooten offenbar kein Muss mehr. Die J/70 Klasse will am Gardasee wieder durchstarten.

J/70 am Gardasee bei der EM 2019. © J/70 Italian Class

Vielen deutschen Seglern war die drohende Corona-Pandemie erst richtig bewusst geworden, als sie ihr gewohntes Frühjahrstraining nicht mehr auf dem Gardasee absolvieren konnten. Danach wurde Italien zum Hotspot der Krise und beklagt bis heute mehr als 33.000 Tote. Besonders der Norden des Landes mit seiner Industriezone rund um Bergamo, kaum 100 Kilometer vom Gardasee entfernt, leidet schwer.

Aber nun hat sich die Situation wieder so weit entspannt, dass nach rund drei Monaten mit strengen Corona-Beschränkungen seit Mittwoch (3. Juni) die Grenzen für EU-Bürger, Briten, Schweizer und Norweger wieder geöffnet sind. Die Zahl der täglich neu infizierten Italiener ist von täglich 6.500 auf unter 200 gesunken.

J/70 im Vollglitsch – wie gemacht für den Gardasee. © J/70 Italian Class

Silvio Berlusconis Hausarzt Zangrillo hat im öffentlichen Fernsehen schon das Virus als “klinisch nicht mehr existent” bezeichnet und damit für Empörung bei den weiter zu Vorsicht ratenden Spezialisten gesorgt. Aber die Entspannungsstimmung im Land setzt sich fort.

Sie ist jetzt auch bei den Seglern angekommen. So veröffentlichte die italienische J/70-Vereinigung, in dieser Klasse neben den USA die stärkste Nation der Welt, einen neuen Kalender, der im September gleich zwei große Regatten am Gardasee ankündigt.

“Los geht ‘ s!”, heißt es in einer Nachricht der Klasse an seine Mitglieder. “In den vergangenen Monaten mussten wir den Kurs mehrmals wegen der restriktiven Pandemie-Maßnahmen verändern und unseren Kalender anpassen. Aber jetzt sind wir bereit! Das sind die offiziell die Termine des J / 70 Cup 2020! Wir sehen uns auf der Regattabahn!”

Damit verkünden die Italiener, worauf viele andere Klassen in der Welt warten, deren Yachten von einer mehr als zwei Segler umfassende Crew bewegt werden. Denn es ist kein Geheimnis, dass es auf einem von mehreren Menschen gesegelten Kielboot schon mal eng werden kann. Die gängigen Abstandsregeln sind kaum einzuhalten.

Abstand halten schwierig. Die dreifache J/70-Europameisterin Claudia Rossi mit ihrem Team. © Petit Terrible / ZGN

Auch in Italien gilt zurzeit ein Mindestabstand. Er beträgt allerdings nur einen Meter. Und es besteht die Regel, dass Masken in geschlossenen Räumen Pflicht sind, wenn der Abstand von einem Meter nicht garantiert werden kann. Ob die Italiener daraus ableiten, dass zu fünft auf einer J/70 gesegelt werden kann? Leitet sich daraus nun eine Maskenpflicht ab?

In ihrer Erklärung geht die Klasse nicht auf die geltenden Corona-Restriktionen ein. Vielleicht hofft sie auch nur auf eine weiter Entspannung bis zum September. Die Kieler Woche jedenfalls hat schon darauf hingewiesen, vor dem finalen Go für die Kielbootklassen die weitere Corona-Entwicklung abwarten zu wollen. Die aktuelle Regelung erlaubt das Segeln mit größerer Crew noch nicht. Aber vielleicht wissen die Italiener ja mehr. Wenn ihr Beispiel Schule macht, könnte ein Teil der Saison doch noch gerettet werden.

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

3 Kommentare zu „Segel-Neustart: Italiener gehen zur Tagesordnung über – Crew-Regatten ab September“

  1. Fastnetwinner sagt:

    Wie verletzt man denn die Abstandsregelungen am Start? Ja wohl nur wenn der leewärtige Steuermann in Luv hiked, während beim luvwärtigen Boot der Steuermann in Lee sitzt und sein Pfeiffchen schmaucht. Und das sieht man ja nur bei Drachen, die eh’ nicht fahren dürfen, ausser 2 der 3 sind eine häusliche Wohngemeinschaft.
    Alle anderen Boote, von Optis abgesehen kommen auf einsfuffzich Breite. Das Einhalten an Land ist tatsächlich das größere Problem, denn organisatorisch ist die einfach, nur hält sich keine Sau dran, nicht mal die Trainer.

    • Christoph Quinger sagt:

      Bei nahezu allen Jollen die am Start auch noch stehen, und auch bei vielen kleineren Kielbooten , ist die behördliche Forderung ” Der Abstand von 1,5 Meter muss jederzeit eingehalten werden” nicht erfüllt. Möchte nicht wissen, was im woerstcase ein Richter im Falle einer Anzeige mit einem Veranstalter macht, der das wissentlich zugelassen hat. Es sei denn, man schreibt in die Segelanweisung, dass die Segler jederzeit diesen Abstand einhalten müssen und redflacked mit Wasserschiedsrichtern jeden, der das nicht einhält, was aber eine sehr realitäts- und lebensferne Umsetzung wäre.

  2. Christoph Quinger sagt:

    Ich würde mich freuen, wenn der DSV oder die regionalen Verbände mal einen Vorschlag machen, wie man das Einhalten der Abstandsregeln auf dem Wasser verargumentiert. Wir sehen, dass man bei unserem klassischen Regattaformat die Abstandsregeln am Start verletzt, solange es keinen Weichmacher in der Abstandsregelung gibt wie z.B. “Der Abstand muss während des Wettkampfes überwiegend eingehalten werden”. Noch heißt es in den Vorordnungen z.B. des Bay. StM I&S ” Der Abstand muss jederzeit eingehalten werden. Und das gilt für nahezu alle Klassen auch für die Einmannboote. Entweder brauchen wir diesen Weichmacher, oder z.B. alternative Startabläufe. Das Einhalten an Land ist fast nur ein organisatorisches Thema, wenn Gelände, Anlagen, Abläufe und die Anzahl der Personen das halbwegs zulassen.

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