SR-Interview mit Kirsten Neuschäfer vor dem Start des Golden Globe Race

"'Minnehaha' hat die Erwartungen übertroffen"

Kirsten Neuschäfer ist die einzige Frau im Golden Globe Race, das am 4. September gestartet wird. Mit ihrer Cape George 36 „Minnehaha“ hat sie schon vor der Regatta 14.000 Seemeilen zurückgelegt – und rechnet sich gute Chancen aus

Das Rigg ist eines der neuen Teile, mit denen die “Minnehaha” ausgerüstet ist © Kirsten Neuschäfer

Das Golden Globe Race ist eine Einhand-Nonstop-Regatta um die Welt. Es ist dem Sunday Times Golden Globe Race  von 1968/69 nachempfunden. Zum Jubiläum 2018 organisierte Don McIntyre eine Neuauflage unter Retro-Bedingungen: Zugelassen sind Langkieler, deren Riss älter ist als 1987. Elektronische Navigationshilfen sind nicht erlaubt. Nun steht die zweite Ausgabe der Neuauflage bevor.

Frau Neuschäfer, Sie wollen am 4. September beim Golden Globe Race starten, der Retro-Regatta um die Welt. Den Starthafen Les Sables d‘Olonne haben Sie schon erreicht. Das kann man nicht von allen ursprünglichen Wettbewerbern sagen. Mit welchem Gefühl gehen Sie an den Start?

Kirsten Neuschäfer: Ich gehe mit Zuversicht an den Start. Ich bin der Meinung, dass ich ein sehr gutes Boot habe. Ich weiß, dass wir sehr pragmatisch waren, als wir das Boot überholt haben. Außerdem habe ich den Vorteil, dass ich jetzt schon um die 14.000 Seemeilen damit gesegelt bin. Ich habe sowohl das Boot als auch mich selbst schon gut testen können.

Sie haben sich extra für das Golden Globe Race eine Cape George 36 gekauft. Im Winter 2021/22 haben Sie Ihre „Minnehaha“ in Kanada überholt. Was waren die wichtigsten Baustellen?

Kirsten Neuschäfer: Die wichtigsten Baustellen, die es zu bewältigen gab, waren unter anderem die Überholung des Decks, das Schanzkleid, die Rüsteisen, das Rigg und die Installation und Elektrik.

Das hört sich nach einer langen Liste an. Haben Sie alles geschafft, was Sie sich vorgenommen haben oder musste etwas offen bleiben?

Kirsten Neuschäfer: Ich habe so gut wie alles geschafft.

Haben Sie das alleine gemacht oder hatten Sie Hilfe?

Kirsten Neuschäfer: Ich hatte Hilfe: Eddie Arsenault von Prince Edward Island, ein sehr begabter Schweißer und Maschinist, der aber auch sonst alles von Mechanik über Elektrik und Holzarbeit bis hin zu GFK-Arbeiten kann und hauptsächlich für Lobsterboote arbeitet, hat mehr als 10 Monate in Vollzeit mit mir zusammen am Refit der „Minnehaha“ gearbeitet.

Kirsten Neuschäfer beim Refit der “Minnehaha” in Kanada © Patricia Richard

Haben Sie eine technische Ausbildung oder wie haben Sie sich die nötigen Kenntnisse angeeignet?

Kirsten Neuschäfer: Ich habe das meiste einfach über die Jahre gelernt, in denen ich mit Booten zu tun hatte. Oftmals hatte man mich gebeten, Boote zu überführen, die in recht schlechtem Zustand waren. Dann galt es erstmal, sie zu einem gewissen Grad seetüchtig zu machen. Oder man hat Probleme auf See lösen müssen, und war somit gezwungen, selber die Lösung zu finden, und Arbeiten zu machen, die man davor nie gelernt hatte. Während der Arbeit an der „Minnehaha“ habe ich sehr viel von Eddie Arsenault dazu gelernt.

Gab es noch unangenehme Überraschungen an dem Boot?

Kirsten Neuschäfer: Ja, die Luken hielten nicht dicht und es trat viel Wasser ein, als ich im Winter bei 50 Knoten Wind die Küste von Nova Scotia verließ. Die nächsten 57 Tage war somit alles im Boot permanent nass und verschimmelt, bis ich schlussendlich in Kapstadt eintraf. Dort habe ich die Luken dann herausgerissen und neu verklebt und fest verschraubt. Jetzt halten sie dicht.

Womit haben Sie die „Minnehaha“ speziell für Ihre Einhand-Weltumsegelung ausgerüstet?

Kirsten Neuschäfer: Bei der Ausrüstung habe ich mich hauptsächlich an die vorgegebene obligatorische Liste der Organisatoren gehalten. Zusätzlich habe ich einen AIS-Alarm installiert, der einen warnt, wenn andere Schiffe in der Nähe sind. Allerdings werden dabei die Positionsangaben und zusätzliche Daten des Schiffes nicht angezeigt, wie das bei gängigen AIS der Fall ist.
Selber habe ich mir das laufende Gut so eingerichtet, dass ich alles mit Leichtigkeit und alleine sicher handhaben kann.
Von North Sails in Kapstadt habe ich neun neue Segel bekommen, darunter auch neue Sturmsegel. Zur weiteren Ausstattung gehört eine Hydrovane für die Selbststeuerung.

Hatten Sie vorher schon Erfahrung mit Windsteueranlagen?

Kirsten Neuschäfer: Ja, ich bin schon des Öfteren damit gesegelt.

Die Windsteuerung der “Minnehaha” in Aktion © Kirsten Neuschäfer

Was für einen Eindruck haben Sie von der Windsteuerung?

Kirsten Neuschäfer: Windsteuerung gefällt mir sehr gut, wenn sie gut funktioniert. Modell und Boot müssen zusammenpassen, was nicht immer der Fall ist. Aber wenn, dann finde ich sie viel besser als einen elektronischen Autopiloten. Sie ist viel zuverlässiger, braucht keinen Strom, ist leise, und funktioniert mechanisch, also kann man sie im Notfall meistens irgendwie reparieren, was bei einem elektronischen Autopiloten nicht unbedingt der Fall ist. Ich finde auch, dass Windsteuerung einen zwingt, besser zu segeln, weil sie weniger effektiv steuert, wenn die Segel nicht gut getrimmt sind.

Wie haben Sie Überholung und Ausrüstung finanziert?

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