Ultime Szene: Gitana-Rennstall trennt sich von Skipper Josse – Zoff im Team

Rothschilds Rauswurf

Einer der attraktivsten Segel-Profi-Jobs der Welt muss neu besetzt werden. Das Gitana-Team hat seinen 100-Fußer-Skipper Sébastien Josse an die Luft gesetzt.

Sébastien Josse © Maxime Horlaville / Gitana SA

Diese Nachricht gilt als Paukenschlag in der französischen Offshore-Szene.  Die Eigentümer des Gitana-Teams haben das Ende der Zusammenarbeit mit ihrem Skipper Sébastien Josse bekannt gegeben. Seit 2011 steht der 43-Jährige in Diensten eines der mächtigsten Segel-Rennställe der Welt. Zuletzt hatte er die Entwicklung des Foiler-Maxi-Trimarans “Gitana 17” vorangetrieben, dem vielleicht schnellsten Offshore-Racer der Welt.

Was genau zu der Entscheidung geführt hat, ist noch nicht bekannt. In der veröffentlichten Pressemitteilung zählen die Verantwortlichen die Verdienste ihres langjährigen Skippers auf. Er habe zur Entwicklung “phantastischer Boote” beigetragen, wie dem Upgrade des Multi70 “Edmond de Rothschild”, der gerade als “Maserati” den Caribbean 600-Rekord gebrochen hat.

Sebastien Josse

Der Maxi “Edmond de Rothschild” in vollem Flug. © Eloi Stichelbaut / Polaryse / Gitana SA

Parallel war Josse für den gleichnamigen IMOCA 60 verantwortlich, der vor der Vendée Globe 2016 mit dem Foiler als Mitfavorit galt, aber dann die Regatta auf Rang drei liegend mit einem Schaden am Foil im Indischen Ozean aufgeben musste. Inzwischen hat Boris Herrmann das Schiff übernommen und will damit die Vendée Globe bestreiten.

Vendée Globe zweimal aufgegeben

Gitana würdigt ihn als “einen der besten Monohull-Spezialisten Frankreichs” als Volvo Ocean Race Skipper (VO70 “ABN-AMRO TWO”) und bei der  Vendée Globe, die er einmal auf Rang fünf beendete aber zweimal aufgeben musste.

Edmond de Rothschild,

Der Maxi Tri im August 2018 © Yann Riou / Polaryse / Gitana SA

Ob man zwischen den Zeilen lesen kann, dass Josse bewusst nicht als Multihull-Spezialist benannt wird? Immerhin hat er sich nun nach der vergangenen Vendée gut drei Jahre lang mit den Gitana-Trimaranen beschäftigt.

Ariane de Rothschild dankt Sébastien Josse für die achtjährige Zusammenarbeit, macht aber klar, dass ihre Familie nicht daran denke, den Sport zu verlassen.  “Eine neue, ehrgeizige Offshore-Kampagne” solle gestartet werden. Dabei geht es um die Weiterführung des Einhand-Trimaran-Projektes.

Banque Pop Totalschaden

Eigentlich sollte der Start der 100 Fuß Ultim um-die-Welt-Regatta Ende dieses Jahres erfolgen. Aber nach der desaströsen Route du Rhum, als nur Joyon als Maxi-Skipper ohne Bruch durchkam, war die Regatta abgesagt worden. Rothschild kündigt an, der neue Termin für eine Nachfolger-Veranstaltung solle in den nächsten Wochen bekannt gegeben werden.

“Gitana17” ist in Lorient angekommen mit den zerstörten Steuerbord-Schwimmer. © Gitana

Nachdem Banque Populaire trotz Totalschadens seines Maxi-Tris die Weiterführung des Segel-Engagements und Ultim-Projektes beschlossen hat, will Gitana den Wettkampf auf dieser Ebene fortführen.  Der Maxi “Edmond de Rothschild” war im Juli 2017 gelaufen nach einer Bauzeit von über anderthalb Jahren und 170.000 Arbeitsstunden vom Stapel. Es ist der erste große Offshore-Multihull für den Tragflächen-Einsatz auf offener See.

Aber Josse musste mit dem 32 Meter langen Verdier-Design die vergangene Route du Rhum abbrechen, nachdem der Bug des Steuerbord-Schwimmers abgebrochen war. Seitdem wird der Maxi auf der teameigenen Werft in Lorient weiterhin untersucht, um die Ursachen für den Schaden besser zu verstehen und Lösungen zu finden. Anfang Mai soll der Relaunch erfolgen.

Route du Rhum

Gitana vor Macif und Banque Pop kurz nach dem Route du Rhum Start. © Yvan Zedda RdR2018

CyrilDardashti, Direktor des Rennstalls, erklärt: “Ultimes sind außergewöhnliche Maschinen, die uns an die Grenzen bringen. So sind aber auch die Fortschritte zu erklären, die mit dieser neuen Generation von Mehrrumpfbooten erreicht wurden. Um die großen technologischen Herausforderung zu unterstützen, glaube ich, dass wir uns mit den besten Leuten umgeben haben.

Unser Ziel ist es, ein revolutionäres Boot zu entwickeln. Gemeinsam mit den Bootseignern sind wir überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Aber diese Dinge brauchen Zeit. Jedes Mal, wenn der Maxi auf das Wasser steigt, ist dies ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben einige große Sprünge nach vorne gemacht, aber es gibt noch viel zu lernen.”

Wichtig ist der Austausch mit den vier weiteren Maxi-Rennställen, die ebenfalls auf die ultimative Einhand-um-die-Welt-Regatta hinarbeiten: Sodebo, Macif, Actual und Banque Populaire. Dardashti räumt Unstimmigkeiten über die Abstimmung des Regelwerkes ein. So gebe es  Meinungsverschiedenheiten über den möglichen Einsatz von Servosteuerungen. Aber man werde die Schlüsselentscheidungen gemeinsam treffen.

Sébastien Josse spielt dabei keine Rolle mehr. Von ihm gibt es keine offizielle Aussage zu der Trennung. Von “einvernehmlich” kann wohl keine Rede sein. Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass es ziemlich Zoff gegeben haben soll. Die genauen Hintergründe sind noch nicht bekannt.

 

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

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