Warnemünder Woche: Interview mit Sportdirektor Peter Ramcke

Individualität statt Quantität

Die 83. Warnemünder Woche ist Geschichte. Zeit für ein Interview mit Sportdirektor und Hauptwettfahrtleiter Peter Ramcke über die diesjährige Veranstaltung und was in Zukunft in Warnemünde zu erwarten ist.

Ein sportliches Highlight der 83. Warnemünder Woche war die Contender-EM mit knapp 80 Teilnehmern. Foto: Pepe Hartmann

Nach dem Pandemie-bedingten Ausfall der Veranstaltung 2020 war die 83. Warnemünder Woche in diesem Jahr eine ganz besondere – ein Segelgroßereignis und Kulturfest unter Corona-Einschränkungen. Und gleichzeitig war es ein Segelfest nach 15 langen, enthaltsamen Monaten. „Den Aktiven geht das Herz auf, dass sie endlich wieder auf diesem herrlichen Revier segeln können“, so Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen. Trotz der Reduzierung bei der Ausschreibung der Klassen gingen rund 900 Aktive aus 20 Nationen mit 500 Booten über insgesamt zehn Tag an den Start. Die Frage, ob er mit dem Verlauf der Warnemünde Woche zufrieden sei, beantwortete Peter Ramcke mit einem klaren „Ja“. Hier das Interview, das der Herausgeber der Segler-Zeitung, Hermann Hell, mit Peter Ramcke geführt hat.

Hermann Hell: Wie ist die 83. Warnemünder Woche gelaufen? Sind Sie zufrieden?
Peter Ramcke: Wir hatten fantastische Meldezahlen, und haben trotz erschwerter Rahmenbedingungen mit den Corona-Vorgaben und dem Umbau der Mittelmole eine hervorragende Warnemünder Woche abgeliefert. Die Aktiven sind strahlend an Land gekommen und haben sich bedankt. Und diese Woche war mit einigen Prädikaten noch aufgewertet. Die EM der Contender und First/Seascape 18, die internationalen Deutschen Meisterschaften der Double Handed Long Distance Offshore, der 505er und der Piraten sowie der schon fast traditionelle Laser Europa Cup und die German Open der J/70 waren sportliche Höhepunkte.
Und wir haben in diesem Jahr gemerkt, dass es auch gut ankommt, wenn man sich auf Klassen konzentriert und nicht unter Druck auf Quantität setzt. Wir hatten in diesem Jahr mit den Rahmenbedingungen eben genauso viele Klassen, wie wir individuell betreuen konnten.

Die Warnemünder Woche ist ja eine von mehreren großen Segelwochen. Was macht die Warnemünder Woche so besonders?
Jede Regattawoche hat ihre Reize. Und wir wollen auch nicht viel vergleichen. Aber wir haben eben das schönste Revier.

Eine Besonderheit ist ganz sicher die 270 Seemeilen lange Regatta „Rund Bornholm“. Die großen Yachten bis zur Dehler 30od scheinen die Bedeutung erkannt zu haben?
Wir hatten ja in diesem Jahr Besuch von Eckart Reinke. Ecki ist unbestritten die deutsche Koryphäe im Seesegel-Bereich. Und er hat zu mir gesagt „Diese Regatta darf man gar nicht ändern. Sie ist so genau richtig.“ Wir bieten eine wahre Offshore-Strecke an, der Start ist von Land aus zu verfolgen und damit zuschauergerecht. Und man darf links und rechts herum um Bornholm segeln, damit also die ganze Ostsee taktisch nutzen. Es ist das Fastnet-Race der Ostsee.

Zum Thema Seesegeln passt ja auch das neue Offshore-Konzept Hohe Düne.
Ja, die Dickschiff- und Kielboot-Segler haben sich dort sehr wohlgefühlt. Neben den Offshore-Yachten hatten wir auch die H-Boote, die übrigens 2022 ihre Weltmeisterschaft hier austragen werden, und die J/70 mit deren German Open in der Hohen Düne untergebracht.

Seit sechs Jahren ist der Kieler Peter Ramcke Sportdirektor der Warnemünder Woche. Foto: Pepe Hartmann

Natürlich braucht die Warnemünder Woche die Unterstützung aus Wirtschaft und Politik, aber auch vom Segelsport selbst. Auch die scheint zu wachsen. Mona Küppers, Präsidentin des Deutschen Segler-Verbandes, war vor Ort und lobte beim Oberbürgermeister-Empfang das ganz besondere Flair von Warnemünde.
Ja, darüber freuen wir uns auch sehr. Mona Küppers war zum zweiten Mal bei der Warnemünder Woche und hat geschwärmt. Warnemünde habe eine unglaublich tolle Lage für ein Segelevent. Die Location sei genial. Kiter und Surfer könnten vom Strand aus starten, die Jollen von der Mittelmole und auch die Dickschiffe seien nur einen Fenderwurf entfernt, hat sie bei dem Empfang gesagt. Das ist schon eine Anerkennung für die Warnemünder Woche.

Die 83. Warnemünder Woche ist seit Montag Geschichte. Was steht dieses Jahr noch an?
Wir haben für September den Zuschlag für die Para World Sailing Championships vom Weltseglerverband bekommen. Und wir freuen uns, dass wir der 2.4mR-Klasse zugleich eine offene Wertung, den 2.4mR Gold-Cup, bieten können. Es zeichnet ja gerade die Klasse und insgesamt den Segelsport aus, dass Menschen mit und ohne Behinderung, Frauen und Männer, Jung und Alt, alle ohne Vergütung gegeneinander antreten können. Das können andere Sportarten kaum bieten. Leider war gerade diese perfekte Inklusion ein K.o.-Kriterium für die Paralympischen Spiele, wo nach Schadensklassen eingeteilt wird. Das braucht der Segelsport nicht. Wir freuen uns sehr auf die 2.4mR, die vom 25. bis 29. September bei uns segeln werden. Und unsere DSV-Präsidentin Mona Küppers hat die Schirmherrschaft übernommen.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Was steht in den nächsten Jahren im Segel-Programm der Warnemünder Woche?
Wir bemühen uns in der Zusammenarbeit mit den Klassenvereinigungen, einige Highlights zu platzieren, und Meisterschaften in die Warnemünder Woche zu integrieren. Die besonderen Prädikate in den verschiedensten Disziplinen werten die Warnemünder Woche auf, und im Gegenzug fühlen sich die Klassen hier wohl, genießen das ideale Revier und die perfekte Einbindung in ein Großereignis. Also eine Win-win-Situation. So werden im kommenden Jahr die Schärenkreuzer und die H-Boote während der Warnemünder Woche ihre WM austragen. Wir gehen ganz fest davon aus, dass die Laser-Klassenvereinigung, die ILCA, schon fast traditionell ihren Europa-Cup für den Nachwuchs hier aussegelt, und wir haben den Zuschlag für die Master-EM 2022. Auch für die Folgejahre sind einige Klassen an uns herangetreten. So sind die 470er-EM und der Master Cup 2023 geplant. Und wie bereits erklärt, geht es uns vor allem um die individuelle Absprache mit den Klassen und um deren Betreuung. Das ist uns wichtiger als Quantitäts-Superlative.

Man sieht ja die riesige Baustelle auf der Mittelmole. Ab wann stehen Ihnen die neue Infrastruktur mit den modernen Anlagen dort zur Verfügung?
Nach Plan soll alles 2023 fertig sein, aber komplett vermutlich erst im September. Wir hoffen, dass wir bis zur Fertigstellung schon einzelne Bereiche nutzen können. Aber wenn es dann soweit ist und die Mittelmole fertig ist, bietet Warnemünde nicht nur das schönste Revier, sondern auch die modernste Infrastruktur in Deutschland, vielleicht sogar in ganz Europa.

Bauherr des Yachthafens Mittelmole ist die Hansestadt Rostock, Betreiber wird der Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern. Um das Angebot komplett zu beschreiben, kommt ja noch die Sportschule Warnemünde dazu, die der Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern betreibt. Da entsteht ja auch ein riesiges Angebot für die Aktiven.
Ja, es entsteht eine große Aus- und Fortbildungsstätte für alle Verbände und deren Vereine auf rund 4600 Quadratmetern. Dazu kommen die Sportschule mit Unterkünften, Seminarräumen, Sauna, Verwaltung, Dachterrasse und vielem mehr. Hier kommt auch der Bundesstützpunkt des Deutschen Segler-Verbandes unter.

Herr Ramcke, wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei den anstehenden Regatten und freuen uns mit Ihnen auf die Warnemünder Woche 2022 sowie die neuen Möglichkeiten und die neue Infrastruktur 2023/2024.

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