World Sailing: Finn-Segler an die Macht – Luca Devoti will Vize-Präsident werden

"Mad Luca"

Luca Devoti ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten im internationalen Segelsport. Nun will der Italiener (57) dem Weltseglerverband helfen. Was den Olympia-Silber-Gewinner umtreibt.

Gerardo Seeliger 2019 bei den Finn World Masters in Sknovshoved, Denmark. © Robert Deaves

Übernehmen Finn-Dinghy-Segler die Macht bei World Sailing? Man könnte es fast meinen. Nachdem der Spanier Gerardo Seeliger (72), Finn-Olympia-Teilnehmer 1972 und 18 Jahre lang Präsident der internationalen Finn-Klassenvereinigung, seine Bewerbung für die Präsidentschaft abgegeben hat, positioniert sich nun Luca Devoti als potenzieller Vize.

Luca Devoti in alten Finn-Zeiten. © Devoti Sailing

Vom 28. Oktober bis zum 1. November 2020 wird bei der World-Sailing-Hauptversammlung in Abu Dhabi der Vorsitz neu gewählt und der amtierende Kim Andersen steht schwer unter Druck, seitdem dem Weltverband durch Olympia-Verschiebung und Corona-Krise die Pleite droht.

Devoti bewirbt sich für einen der acht Vize-Präsidenten-Posten, die unter anderem vom brasilianischen fünfmaligen Olympiamedaillen-Gewinner Torben Grael und DSV-Repräsentatin Nadine Stegenwalner bekleidet werden.

Er schreibt in seiner Presseerklärung:

“Ich habe lange und intensiv über die Präsentation dieser Kandidatur nachgedacht. Ich habe großen Respekt vor denen, die World Sailing bisher gelenkt haben. Gleichzeitig glaube ich, dass ich in diesen schwierigen Zeiten meine Erfahrung und Leidenschaft einbringen kann, und deshalb bin ich bereit und willens, als Kandidatin aufzutreten.

Ich glaube, dass mein vergangenes und gegenwärtiges berufliches Engagement in verschiedenen Aktivitäten in der Segelwelt mir einen umfassenden Einblick in das Leben und die Interessen von Seglern, Trainern, verschiedenen Verbänden und Herstellern gibt.”

Finn-Segler und America’s Cup-Teamchef

Luca Devoti hat im vergleichsweise hohen Alter von 38 Jahren 2000 in Sydney die olympische Silbermedaille im Finn gewonnen und dann das Team +39 gegründet und 2007 beim 32. America’s Cup in Valencia an den Start gebracht.

Devoti beim Coaching in seiner Valencia-Akademie. © Devoti Sailing

Bei SegelReporter schrieb Devoti eloquent, amüsant und ehrlich über seine America’s Cup-Zeit, die “blinden Deutschen”, eine peinliche Rettungsaktion und die Entwicklung einer neuen Jolle. Außerdem kokettiert er mit seinem alten Spitznamen “Mad Luca”.

Längst hat er nicht nur als Segler sondern mehr noch als Bootsbauer Einfluss auf den Segelsport genommen. Seine Werft Devoti Sailing stellt seit 1996 jeweils mindestens das Siegerboot bei den Olympischen Spielen. 2016 benutzten 22 von 23 Seglern bei den Olympischen Spielen ein Finn aus seiner Werft. Seit 1993 verkaufte er insgesamt über 5.000 Boote.

Seit der America’s Cup Zeit lebt der Italiener in Valencia und hat dort eine Jollen-Akademie aufgebaut, wo er als Finn-Dinghy-Coach besonders Athleten kleinerer Länder zu großen Erfolgen verhalf. Unter anderem verhalf er 2016 dem Slovenen Vasilij Žbogar zur Silbermedaille im Finn.

Beschwerde bei Kartellbehörde

Devoti geriet zuletzt mit World Sailing aneinander, weil er als Monopolist bezeichnet worden war. Dabei hat anders als im 49er, Laser oder beim RS:X Surfen nicht ein Exklusiv-Vertrag dazu geführt, dass die Sportler überwiegend seine Boote segeln, sondern gute Qualität.

Der streitbare Italiener hat schließlich sogar eine Beschwerde über das Laser-Prinzip bei den italienischen Kartellbehörden eingereicht, die an die übergeordnete europäische Stelle weitergeleitet wurde. Sie führte schließlich zu der neuen Olympia-Ausschreibung für die Einhand Disziplin. Nun sollen mehr lizenzierte Laser-Hersteller benannt werden, und auch Devoti hat sich beworben. Aber die Laser-Klasse ist dadurch bisher in eine schweren Krise geraten.

Der Werftchef ist aber auch einer der wirtschaftlich am stärksten Betroffenen durch den Rauswurf des Finn Dinghys aus dem Olympia-Programm für 2024. Kritiker werden im vorwerfen, dass er als möglicher Weltverband-Funktionär Stimmung in eigener Sache zugunsten einer Rückkehr des Finns machen könnte.

Aber Devoti hat in einem längeren Statement seine Meinung besonders zu anderen aktuellen Problemen bei World Sailing formuliert. Dabei weist er insbesondere auf aktuelle alarmierende Zahlen hin, demnach von 800.000 jungen Optimist-Seglern 780.000 dem Sport verloren gehen, bevor sie das Alter von 16 Jahren erreichen.

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Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

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