America’s Cup: Alinghi zeigt den ersten AC75 Cupper-Selbstbau „BoatOne“

Die Hüllen fallen

Alinghi Red Bull Racing enthüllt den mit Spannung erwarteten ersten AC75 der zweiten Generation bei einer glamourösen Präsentation in Barcelona. Welche Unterschiede zum Vorbild sichtbar werden.

Das Schweizer Syndikat Alinghi Red Bull Racing hat als erstes der aktuellen sechs America’s Syndikate seinen AC75-Neubau vorgestellt, mit dem es im Sommer um die Kanne segeln wird. Die Linien sind eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Teams.
Im April wird aber auch die Konkurrenz ihre Karten aufdecken. Ihre Boote sind überwiegend schon schwer verpackt per Tieflader auf den Basen in Barcelona angekommen – die Amerikaner ließen ihr Boot sogar per Antonow einfliegen – aber sie werden erst nacheinander die Hüllen fallen lassen.

Präsentation mit schwebenden Menschen, die das Großsegel darstellen sollen. © Ugo Fonolla / America’s Cup

Alinghi hatte ihre AC75 von ihrer Werft am Genfer See nach in Port Vell in Barcelona transportiert und dann mit großem Tamtam inklusive Akrobatengruppe aus der Halle geschoben. Es werden jetzt noch weitere Vorbereitungen erfolgen, bevor das Schiff dann in den kommenden Tagen zum ersten Mal zu Wasser gelassen wird. Als nächster Herausforderer hat das italienische Syndikat Luna Rossa angekündigt, seinen neuen Cupper am kommenden Wochenende auf seiner Basis in Cagliari zu zeigen.

Spannend werden dann die Design-Vergleiche zwischen den Booten sein. Alinghi Red Bull gilt bisher als Außenseiter im Kampf um den America’s Cup. Die Erfahrung des vergangenen Cups fehlt den Schweizern. Sie haben zwar mit dem Kauf des ersten AC75 Kiwi-Cuppers versucht, die fehlende Erfahrung auf dem groben Boot wettzumachen, aber es wäre eine große Überraschung, wenn sie sich jetzt schon auf Augenhöhe mit den etablierten Gegnern befänden.

Alinghi Ted Bull Ac75 von vorne mit den schmalen Seitenkästen, wo die acht Segler ihre Arbeit verrichten. © Ugo Fonolla / America’s Cup

Ernesto Bertarelli hat angekündigt, eigentlich erst beim 38. America’s Cup Vollgas geben zu wollen. Deshalb mag er auch den unspektakulären Namen „BoatOne“ gewählt haben.

© Ugo Fonolla / America’s Cup

Doch das kann niemand wissen. Der Neubau ist nach den 2022 veröffentlichten Regeländerungen jedenfalls eine deutliche Weiterentwicklung im Vergleich zum 2021 siegreichen Bootes vom Team New Zealand. Besonders die Seitenkästen sind schmaler – auch weil sie nun nur acht statt elf Segler aufnehmen müssen.

Der siegreiche AC75 Te Rehutai vom Team New Zealand. © TNZ Raget

Die Heckansicht des Luna Rossa Testbootes mit dem AC75 typischen „Tunnel“ zwischen den Crewpsitionen, der auch auf siegreichen Kiwi-Cupper vorhanden war. © Ivo Rovira / America’s Cup

Aber der argentinische Chefdesigner Marcelo Botin, der bis 2021 für American Magic tätig war und mit dem Boot vor dem verhängnisvollen Crash den aktuellen Speedrekord auf 54.3 Knoten festlegte, hat mit seinem Team auch für andere sichtbare Unterschiede gesorgt. Diese sind nicht nur das Ergebnis der Regeländerungen und des natürlichen Fortschritts, sondern insbesondere auf die speziellen Wellenbedingungen vor Barcelona zurückzuführen. Die Mittelmeerdünung sorgt dafür, dass es deutlich häufiger zum Wasserkontakt der Foiler-Rümpfe kommt, als noch auf dem Flachwasserrevier vor Auckland.

Deshalb weist der Alinghi-Rumpf eine Kante im Vorschiff auf, die auch bei einigen neuen IMOCA-Konstruktionen zu sehen ist.

Kante am Vorschiff zum Verringern der Abtauch-Tendenz. © Ugo Fonolla / America’s Cup

Gut zu sehen die Kante am Rumpf des neuen Macif IMOCA, die die Tendenz zum Abtauchen verringern soll. © MACIF Santé Prévoyance

Besonders markant ist aber der ausgeprägte Skeg. Die Verlängerung unter dem Rumpf verringert den Abstand zum Wasser noch deutlicher, um den aerodynamisch ungünstigen Austausch der Luftströmung unter dem Schiff zu minimieren. Sie hat deutlich mehr Volumen und reicht tiefer als beim Kiwi-Cup-Sieger „Te Rehutai“.

Scharfer Skeg, gut zu sehen am Heck. © Ugo Fonolla / America’s Cup

An der Cradle-Form ist das Unterwasserschiff mit dem Skeg gut zu erkennen. © Olaf Pignataro / Alinghi Red Bull Racing

Dieser Endplatteneffekt wird noch radikaler beim Cockpit umgesetzt. Der Boden ist noch weiter nach unten gezogen und die Luft kann nach wie vor nicht unter dem Segel durchströmen. Längst ist nicht mehr vorgesehen, dass sich die Crew von der Lee- auf die Luvseite bewegt. Alle Teams haben das Prinzip der zwei Steuerleute von Luna Rossa kopiert. Neu ist die Rückkehr der Radfahrer-Grinder.

Die vordere Auflage des Rumpfes. © Ugo Fonolla / America’s Cup

© Olaf Pignataro / Alinghi Red Bull Racing


Der Spiegel ist nur noch ein schmales T und der Cockpitboden sehr dünn. Die Außenseiten des Rumpfes hinter den Luken für die Segler sind im Achterschiff kaum noch vorhanden. Im Prinzip gilt: Alle Merkmale von Te Rehutai wurden noch extremer interpretiert.
Spezialisten sehen in dem Design von Botin keine extreme Überraschung. Aber alle Beobachter gehen davon aus, dass die eigentlichen Geschwindigkeitsunterschiede durch die Formgebung der Foils entstehen werden. Die Teams müssen sich auf ein Foilpaar festlegen und das kann entsprechend der jeweils herrschenden Bedingungen sehr schnell oder sehr langsam sein. Es muss ein guter Kompromiss gefunden werden. Für nominell schwächere Teams mag es sich lohnen, auf eine extremeren Windbereich zu setzen.

Die Tragflächen sind noch verhüllt. © Ugo Fonolla / America’s Cup


Die Foils zeigte Alinghi noch nicht, aber bald werden auch sie zum Vorschein kommen. Spätestens am 22. August wird man auch einen Eindruck gewinnen können, welches Team die Designaufgabe besonders gut gelöst hat. Dann findet bis zum 25. August die erste und einzige Vorregatta vor Barcelona statt.

Der weitere Zeitplan:

  • Louis Vuitton Cup Round Robins: 29. August- 8. September
  • Louis Vuitton Cup Semi Finals: 14. – 19. September
  • Louis Vuitton Cup Finals: 26. September – 5. Oktober
  • Louis Vuitton 37th America’s Cup Match: 12. Oktober- 21.Oktober

© Ugo Fonolla / America’s Cup

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

1 Kommentare zu „America’s Cup: Alinghi zeigt den ersten AC75 Cupper-Selbstbau „BoatOne““

  1. De Dörk sagt:

    Interessant auch die erste Analyse von Mozzy Sails https://www.youtube.com/watch?v=a2ifsoQolx8&t=157s

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