Gestorben: Mit Herbert Dahm endet eine Ära – Wie er Jongert zur Edel-Marke machte

Eine "Inspiration"

Der Düsseldorfer Segelsport-Pionier Herbert Dahm ist im Alter von 94 Jahren verstorben. 35 Jahre lang stand sein Name für die Luxus Segelyacht-Marke Jongert, mit der er einst seine Traumyacht baute.

Herbert Dahm am Steuer seiner geliebten “Inspiration”. © Dahm International

Der Eigner kommt an Bord. Ich sitze schon mit dem Sundowner in der Hand im Cockpit der berühmten “Inspiration”, einer 22 Meter langen Jongert 2200s, die bei ihrem Stapellauf 1985 als erster wirklicher Cruiser-Racer Furore gemacht hat. Regen prasselt auf die Sprayhood. Herbert Dahm balanciert über die wacklige, nasse Gangway am Heck.

Ziemlich sportlich für einen Ü-80-Skipper, denke ich noch. Muss man helfen? Er macht nicht den Eindruck, als wäre das erwünscht. Dann rutscht er aus, stürzt, blutet, rappelt sich wieder auf, tupft die Wunde an der Stirn ab, lässt sich nichts anmerken. Ein kleiner Sturz kann ihn nicht beeindrucken. Er ist es gewohnt, immer wieder aufzustehen, aufrecht voranzugehen.

Dieser Anlass 2011 in Ibiza zeugt davon. Herbert Dahm war eigentlich längst ausgestiegen aus dem Business als “Mister Jongert”, ließ sich aber auch mit über 80 Jahren nicht davon abhalten, “seiner” Marke Jongert noch einmal unter die Arme zu greifen. Dahm International organisiert die für die Kundenbindung wichtige Club Yachting Life Rallye. 13 Eigner mit ihren jeweils mindestens drei Millionen Euro teuren Luxusyachten sind dabei. Medien wie SegelReporter werden eingeladen, um unter anderem zu berichten, dass sich die Traditionsmarke noch bester Gesundheit erfreut (hier der SR-Bericht), dass Jongert zurecht als Synonym für Luxus unter Segeln gilt.

“Inspiration” (im Hintergrund) mit perfektem Start vor Ibiza 2011. © SegelReporter

Seit 1969 arbeitet Dahm für die niederländische Yachtwerft Jongert. Vorher hat er es mit Ende dreißig eigentlich schon etwas ruhiger angehen lassen wollen. Er kann es sich leisten. Nach einer Rundfunktechniker-Lehre und Jobs als Fernseh- und Radioverkäufer wird er mit Firmengründungen in der Elektrobranche zum Selfmade-Millionär. Insbesondere die Entwicklung einer elektronischen Fakturiermaschine sowie Software für Bundesdruckerei und Gerichtswesen führen zum schnellen Erfolg.

So plant er eine Weltumseglung, beschäftigt sich auf seine Weise intensiv mit einer geeigneten Yacht, findet auf dem Markt aber kein überzeugendes Angebot. Die Suche führt ihn zu Jan Jongert, der seit 1953 in Opperdoes bei Medemblik einen Bootsbaubetrieb führt – anfangs finanziert unter anderem mit beim Eisschnellauf gewonnenen Preisgeldern. Am am IJsselmeer entstehen erst Gemüse-Schuten, ab den 60ern im Einfluss des Wirtschaftswunderklimas dann auch größere Motorsegler vom Typ Tewes.

“Inspiration” passiert bei der Club Yachting Life Rally vor Ibiza hinter dem Heck. © SegelReporter

Jongert baut die Yachten mit einem Team von 15 Mitarbeitern, dann kommt der Auftrag von Herbert Dahm, seine maßgeschneiderte Langfahrt-Segelyacht. Er mündet in die 17 Meter lange „Black Molly“ und eine erfolgreiche mehr als 30 Jahre dauernde geschäftliche Partnerschaft. Herbert Dahm übernimmt die weltweite Vermarktung und den Vertrieb der schließlich 20 bis 50 Meter langen Jongert-Yachten. Die Zahl der Belegschaft steigt zum Höhepunkt auf 250, mehr als 230 Superyachten werden verkauft. Unter anderem gehört VW-Chef Ferdinand Piëch zu den Kunden.

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Carsten Kemmling

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2 Kommentare zu „Gestorben: Mit Herbert Dahm endet eine Ära – Wie er Jongert zur Edel-Marke machte“

  1. drumbeat sagt:

    Ein Düsseldorfer-Junge und für mich einer der erfolgreichsten Macher in der deutschen Yachtsport-Geschichte!
    RIP. Mister Jongert

  2. Jörg Müller-Dünow sagt:

    Danke, lieber Carsten, für das sehr runde und schöne Portrait und für die “famous last words.” Wir könnten alle sicher noch Tage und Wochen über Herberts Leben, Wirken und all die Anekdoten reden. Werden wir auch tun. Mit Herberts Abschied ist nur wieder eine weitere Gelegenheit dazu verloren gegangen.

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