Naturschutz: Erneute Kritik an Motorboot-Raserei auf der Ostsee

Ohne Rücksicht

Nicht nur Seglern und anderen Wassersportlern werden rasende Motorboote immer wieder gefährlich. Besonders RIB-Touren bedeuten für Schweinswale in der Ostsee aktuell Todesgefahr, beklagten kürzlich Naturschützer.

Geschwindigkeits-Kick ohne Rücksicht? (Symbolfoto) © Dimitry Anikin, Unsplash

„30 Minuten pures Adrenalin“ für 35 Euro, das verspricht ein Anbieter für RIB-Touren aus Kappeln seinen Gästen. Die angebotenen „Meeres-Offroad-Touren“ auf einem 350-PS-Schlauchboot seien „nichts für Weicheier“. Zweimal in der Woche wird derzeit von Olpenitz bzw. Damp aus gestartet. Dann geht es unter anderem an der Küste Schwansens und Angelns mit Highspeed über die Ostsee.

Dass die Raserei mit Motorbooten schlimme Folgen haben kann, hat sich in der Vergangenheit bereits häufig gezeigt. So enden Speedboot-Ausflüge für Mitfahrer immer mal wieder im Krankenhaus, etwa weil diese von ihren Sitzen geschleudert wurden. Zusammenstöße mit anderen Wassersportlern gingen teils dramatisch aus. In der Neustädter Bucht verlor ein Surfer vor einigen Jahren bei einem Unfall mit einer 38 Knoten schnellen Motoryacht ein Bein. Ein Ostsee-Unglück, das groß durch die Medien ging. Und auch Segler wurden bereits überfahren. Nicht erst nach derartigen Vorfällen fragten sich viele: Was, wenn ein Raser mich übersieht? Oder die Kontrolle über sein Boot verliert?

Nach Wunsch des Naturschutzbundes (NABU) und der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) sollten RIB-Touren wie jene an der Küste Schwansens und Angelns sofort eingestellt werden. Den Organisationen geht es bei dieser Forderung vor allem um die in der Ostsee lebenden Schweinswale, die durch die „unnötigen Spaßveranstaltungen“ in „Todesgefahr“ gebracht würden. Das Angebot sei mitten in der Kalbungs- und Säugezeit der stark bedrohten Tiere und zudem in einem Gebiet mit der höchsten Schweinswaldichte an der deutschen Ostseeküste gestartet worden, kritisierten NABU und GRD kürzlich. Sogar direkt im Ausgangshafen Port Olpenitz wurden in den letzten Tagen auf walschutz.org mehrere Schweinswal-Sichtungen gemeldet.

„Insbesondere die Kälber schwimmen langsam und verweilen lange an der Oberfläche“, so NABU. Mit ihnen können die Schweinswalmütter schnell fahrenden Booten kaum ausweichen. Die Gefahr, von den Schrauben der Boote getroffen zu werden, ist groß. Oft endet eine solche Begegnung tödlich für die einzigen bei uns heimischen Wale, die in der zentralen Ostsee vom Aussterben bedroht sind. Zudem leiden Schweinswale, die sich in erster Linie akustisch orientieren, den Tierschützern zufolge unter dem extrem hohen Unterwasserlärm, der durch die rasenden Boote entsteht. Verlieren Jungtiere durch den Lärmpegel die Orientierung und werden von ihrer Mutter getrennt, stehen ihre Überlebenschancen nicht allzu gut.

„Schweinswale gehören zu den streng geschützten Tierarten in Deutschland. Trotzdem nimmt eine Minderheit von Spaßtouristen keinerlei Rücksicht auf Tier und Natur, setzt ihr Vergnügen über alles“, sagte Biologe Ulrich Karlowski von der GRD. In der Vergangenheit hatten sich Umweltschutzorganisationen deshalb bereits erfolgreich gegen Powerboot- und Speedboot-Veranstaltungen in bestimmten Teilen der Ostsee eingesetzt. Im Fall des Anbieters aus Kappeln ist nach Meinung von Ingo Ludwichowski, Geschäftsführer des NABU Schleswig-Holstein, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden, obwohl diese vorgeschrieben ist. Der NDR berichtete, dass das Umweltministerium die Lage nun genauer prüfen wolle.

Für NABU und GRD jedenfalls ist klar: „Ein naturverbundener Wassersport nimmt Rücksicht auf unsere Schweinswale und bewegt sich auch auf dem Wasser naturangepasst fort – ultraschnelle Powerboot-Touren gehören nicht dazu!“

3 Kommentare zu „Naturschutz: Erneute Kritik an Motorboot-Raserei auf der Ostsee“

  1. avatar Kristian Raue sagt:

    das ist genauso überflüssig wie lautstarke Quad-Touren oder bollernde Hubschrauber-Rundflüge in bzw. über Natur- und Erholungsgebieten.

    • avatar Advocatus Diaboli aka steehl sagt:

      Die Diskussion ist müssig. Jeder wird sein Hobby verteidigen und andere Hobbies, die ihn stören, verdammen.
      Erinnert Euch nur an den Aufstand wegen des Nothafens Darßer Ort. Und wieviele Segler der Meinung sind, dass Ihnen dort die Übernachtung nicht verboten werden darf und es sei doch eh totaler Quatsch etc….

      So sehen es Hubschrauberpiloten, Quad-Enthusiasten, Windsurfer, Skifahrer, Segler, Mountainbiker, Kletterer, Drohnenpiloten, just to name a few…

      Und so ganz sauber ist das mit der Segelei ja auch nicht. Da werden unentsorgbare riesige Kunststoffbehälter gekauft, andauernd ins Meer gek.ckt, viel Benzin für den Weg zum Boot verbraten, einsame Buchten in Häfen umgebaut, die Meeresbodenflora mit Ankern zerwühlt, giftige Farben auf die Schiffe aufgemalt, uralte Teakbäume gefällt, Motoren ohne jede Abgasreinigung verwendet, etc.

      Wir sollten uns als Segler daher nicht auf ein zu hohes Ross setzen.

  2. avatar steehl sagt:

    Nicht falsch verstehen, ich halte Naturschutz für ein wichtiges Anliegen.

    Aber: Verbündet Euch als Sportler nie mit Naturschutzorganisationen, nur weil es ein gemeinsames Feindbild gibt. Nächstes Mal ist Eure Sportart dran. Die kennen kein Pardon und keinen Kompromiss, und es geht ihnen mindestens genauso intensiv ums Prinzip, die eigene Wichtigkeit, die öffentlichen Gelder für ihr Tun wie um die Natur.

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