Orca-Attacken und kein Ende: 41 Vorfälle in 4 Monaten – Neue Empfehlungen nach Leckage

Angriffe häufen sich

Der Anfang der vierten Mai-Woche 2023 dürfte als eine der aktivsten Phasen der Orca-Segler-Interaktionen eingehen. Die aggressive iberische Gruppe hat neben den beiden bekannten Angriffen weitere Skipper in Angst versetzt.

Es dauerte kaum drei Stunden nach der Attacke auf Vendée-Globe-Segler Sebastien Destremau – dessen Video (oben) inzwischen veröffentlicht wurde – bis die Orca-Gruppe auf der südlichen Seite der Gibraltar-Passage eine weitere Segelyacht schwer beschädigte.

Eine Pogo 36 befand sich auf dem Weg von Gibraltar nach Madeira als etwa 1,5 Meilen nördlich von Kap Spartel bei Tangier in Marokko, um 18.00 Uhr zwei erwachsene große Orcas und vier kleinere neben der Yacht auftauchten. Der Skipper berichtet, dass er sich mit dem Schlepp eines 40 Hz Pingers schützen wollte, aber diese Maßnahme offenbar nichts bewirkt habe.

Der Angriff dauerte mehr als eine Stunde, beide Ruder wurden zerstört und konnten nicht mehr bewegt werden. Auch Kiel und Rumpf weisen Beschädigungen auf. Nach einem Mayday-Ruf sei die marokkanische Marine zu Hilfe gekommen und habe das Schiff nach Tanger geschleppt. Ob es an dem hellgrauen Antifouling gelegen hat? Er ist sich nicht sicher.

Im April und Mai häufen stiegen die gemeldeten Orca Angriffe bei Gibraltar auf 31.

Aber offenbar haben es die Orcas durchaus auf einen bestimmten Bootstyp abgesehen, wie Spezialist Thomas Käsbohrer im SR-Interview berichtet. “Bei 80 Prozent der betroffenen Yachten handelte es sich um Boote zwischen acht und 13 Metern gleicher Bauart und gleichem Unterwasserschiff: Monohull, Finnkiel, freistehendes Spatenruder. Die Tiere haben sich also komplett auf einen bestimmten Yacht-Typ eingeschossen.”

Trimarane angegriffen

Das scheint der Grund dafür zu sein, warum ein Tag später die Flotte der vier Ocean50-Trimarane bei ihrer Regatta Pro Sailing Tour von Sardinien nach Brest einigermaßen glimpflich davongekommen sind.

Skipper Thibaut Vauchel-Camus hatte seinen Kollegen gerade über Funk über den Vorfall von Sebastien Destremau berichtet als Luke Berry antwortete: “Wir bestätigen! Sie haben gerade unsere Ruderblätter getestet!” Dann besuchten die Orcas auch den zwei Meilen voraus segelnden Thibaut. “Zwei plötzliche Berührungen. Wir haben sie nicht einmal gesehen. Das Boot wurde ordentlich durchgeschüttelt. Aber sie sind nicht sehr lange geblieben.” Große Schäden sind offenbar nicht verursacht worden. “Auf den ersten Blick ist alles sauber.”

Am späten Mittwochabend ist es dann vor Tarifa zu einem erneuten schweren Kontakt zwischen einer Segelyacht und Orcas gekommen.

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Carsten Kemmling

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7 Kommentare zu „Orca-Attacken und kein Ende: 41 Vorfälle in 4 Monaten – Neue Empfehlungen nach Leckage“

  1. avatar Der Doktor sagt:

    Ich hätte da einen Vorschlag um das Problem zu lösen:
    Meidung der Region um Gibraltar mit Segelyachten (:
    Wir haben es hier mit dem zweitgrößten Gehirn dieses Planeten zu tun. Einzig der Pottwal toppt den Orca, und selbst der Mensch ist im Verhältnis zu den beiden Schwergewichten unterkomplex.
    Hinzu kommt: Der Orca hat ein weit aus größeres Masse-Spindelzellen-Verhältnis als der Mensch – welche für komplexe Handlungen und Emotionen verantwortlich sind.
    Daher die Frage: Da wir es mit einer intelligenten, sozialen Lebensform zu tun haben – wieso verlassen wir dann nicht einfach deren Territorium und gönnen ihnen den Frieden, den wir uns ebenso wünschen?

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    • avatar Volker König sagt:

      “Nachtigall, ick hör Dir trapsen”. Die Warnungen vor einem aufziehenden Ökofaschismus erscheinen mir nach solchen Meinungen nicht mehr so abwegig.

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      • avatar PL_jmaas sagt:

        Menschen sind nun mal keine Wassertiere. Wir segeln in unserer Freizeit. Zum Spaß. Niemand von uns muss das tun. Und daher muss auch niemand dort segeln gehen, wo einem ein Orca in das Ruderblatt beißen könnte. Das ist ein Risiko, dass man freiwillig eingeht oder eben nicht. Insofern kann ich den Vorschlag, der darauf abzielt, Stress und Ärger zu vermeiden, ziemlich gut nachvollziehen. Was dieser Vorschlag mit Ökofaschismus zu tun haben soll, ist mir schleierhaft. Machen Faschisten Vorschläge? Ich dachen immer, sie üben eine Gewaltherrschaft aus. Ich empfehle einen Blick in Robert Paxtons Buch “Anatomie des Faschismus”. Sehr lesenswert, wie ich finde.

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        • avatar atlantis sagt:

          Ökofaschismus
          Der Begriff wird weiterhin verwendet, um radikale ökologische Ideologien zu kennzeichnen, die umweltpolitische Vorstellungen mit autoritären Mitteln durchsetzen wollen

  2. avatar Mathias Johanson sagt:

    Vermutlich sind auch 80 Prozent der Segelboote in diesem Seegebiet zwischen acht und 13 Meter lange Monohulls mit Finnkiel und Spatenruder. Von einer Spezialisierung zu sprechen halte ich für etwas unreflektiert.

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    • avatar atlantis sagt:

      Wenn keine Langkieler betroffen sind, kann man schon von einer Spezialisierung sprechen !

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    • avatar Volker König sagt:

      Wer im ” Segelreporter” kommuniziert wird sehr wohl wissen, dass die Straße von Gibraltar als Tor zum Mittelmeer für den Verkehr der Segelboote von Frankreich, England und Nordeuropa ins Mittelmeer bzw. zurück eine notwendige, nicht zu umfahrende Passage darstellt. Insofern erscheint mir der locker vorgebrachte Vorschlag einfach mal dieses Seegebiet zu meiden eine doch massive Einschränkung der Lebensqualität vieler Menschen. Und wer aktuelle Ereignisse in der Politik und Gesellschaft verfolgt( Stichworte Heizungsenergiegesetz, Klimakleber) sieht auch dass durchaus mit ( richtigen oder falschen)ökologischen Argumenten schon jetzt massiver Zwang ausgeübt wird.

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