
Bald wieder wie einst stolz unter Segeln unterwegs? Die Gorch Fock I in den Dreißiger-Jahren © tall-ship friends
Check-Up des 82-jährigen Schulschiffes beendet. Kauft die Stadt die maritime Attraktion vom Trägerverein? Rückkehr in Stadthafen ab Donnerstag vorgesehen.
Nach sieben langen Jahren als Museumsschiff im Stadthafen von Stralsund liegt die „Gorch Fock“ derzeit in der Volkswerft Stralsund, wo sie für ein fälliges „Schwimmfähigkeitszeugnis“ untersucht wird. Ein kompletter Anstrich des Unterwasserschiffs wird ebenfalls durchgeführt.
Erst beim fünften Versuch konnte die 1933 erbaute Bark von zwei Schleppern unter der Rügenbrücke hindurch gezogen werden – die drei Initiativen zuvor scheiterten am Wetter und zu hohem Wasserstand.
Fit genug zum Segeln?
Doch das ist nicht der wahre Grund, warum die Gorch Fock I, die 1995 zum letzten Mal auf selbständiger Fahrt war, derzeit in den Schlagzeilen norddeutscher Medien ist. Vielmehr erwägt die Stadt Stralsund, die Dreimastbark vom derzeitigen Trägerverein „Tall-Ship Friends e.V.“ abzukaufen. Entsprechend tummeln sich zur Zeit Techniker und Gutachter auf der 82-jährigen „alte Dame“, um deren tatsächlichen Fitness-Zustand zu überprüfen.
Im letzten Jahr hatte die Stadt eine Art „Machbarkeitsstudie“ erstellen lassen, deren Ergebnisse im November bekannt gegeben wurden. Derzufolge wurde die Gorch Fock I auf einen Materialwert von 400.000 Wuro geschätzt. Das Kaufpreisangebot soll bei 980.000 Euro liegen – erfahrungsgemäß trifft man sich bei derartigen Verhandlungen irgendwo in der Mitte.
Doch in einer Hansestadt weiß man natürlich, dass die höchsten Kostenanteile für einen solchen Traditionssegler in (Wieder)Instandshaltungs- und Unterhaltskosten liegen. Hierfür veranschlagten die Gutachter seinerzeit 3,3 Millionen (einmalig) und 300.000 Euro (jährlich).
Check im Dock
Entsprechend werden derzeit weitere intensive Untersuchungen am Schiff vorgenommen. Vor allem der Hinweis im Gutachten, das Schiff weise „schwerste strukturelle Schäden am Deck und Unterwasserschiff“ auf, weckte Besorgnis bei beiden Verhandlungsparteien.
Da die Bark aber als „grundsätzlich sanierungsfähig“ eingestuft wurde, findet nun der Check im Dock statt. Die Rückkehr des Schiffes ist für Donnerstag, 28. Mai geplant.
In den nächsten Tagen wird eine offizielle Stellungnahme der Stadt Stralsund und des Trägervereins der Gorch Fock I zum Stand der Untersuchungen und Verhandlungen erwartet.
Gorch Fock I
Lüa: 82,1 Meter • Breite: 12 Meter
Segelfläche: 1.797 Quadratmeter • Anzahl Segel: 23
Verdrängung: 1.510 Tonnen • Geschwindigkeit unter Segeln: 12 Knoten
Geschichtsabriss:
Gebaut 1933 bei Blohm und Voss nach nur 100 Tagen Bauzeit. Einsatz als Segelschulschiff.
Mit Kriegsbeginn wird die Ausbildung auf dem Schiff gestoppt.
In den letzten Kriegstagen versenkt die deutsche Wehrmacht die „Gorch Fock I“ im Strelasund.
1947 wird die Bark von der sowjetischen Marine wieder geborgen (nach drei gescheiterten Versuchen) und in Rostock und Wismar instand gesetzt. Unter dem Namen „Towarischtscht“ segelt das ehemalige Schulschiff nun unter sowjetischer Flagge, Heimathafen ist Kherson/Ukraine.
Nach Auflösung der Sowjetunion wechselt das Schiff unter ukrainische Flagge. 1998 bietet „Tallship e.V.“ an, längst überfällige Reparaturen an dem Traditionssegler vorzunehmen und verbringt das Schiff nach Wilhelmshaven.
2003 erwirbt Tall-Ship Friends e.V. die Bark und überführt sie nach Stralsund, wo die Gorch Fock I von Grund auf saniert und restauriert wurde. Seit einigen Jahren fungiert der Großsegler als Museumsschiff.
Nach Angaben von Tall-Ships e.V., deren erklärtes Ziel es ist, die Dreimastbark wieder unter Segeln auf große Fahrt zu schicken, reichen die finanziellen Mittel für notwendige, weitere Sanierungsmaßnahmen derzeit nicht aus.