America’s Cup: Team New Zealand mit Design-Überraschung bei neuem AC50

Der gewisse Unterschied

Das Emirates Team New Zealand hat ohne viel Tam Tam in Auckland seinen neuen AC50 Cupper zu Wasser gelassen. Dabei präsentieren die Kiwis eine erstaunliche Variation.

Das Emirates Team New Zealand beim Training in Auckland. Vorbereitung einer Wende. © ETNZ

Der gesenkte Kopf von Dean Barker nach der unglaublichen 8:9 Niederlage gegen Oracle vor vier Jahren in San Francisco ist noch gut in Erinnerung. Die Sieger der Herzen aus dem kleinen, fernen Kiwi-Land hatten den America’s Cup schon fast dem vermeintlich übermächtigen Verteidiger entwunden, und dann sollte es doch nicht sein.

Ein paar helle Köpfe aus dem Designteam erwischten damals die Amerikaner auf dem falschen Fuß und identifizierten eine Regellücke, die so auch von der Jury bestätigt wurde. Die neuen Katamarane durften foilen, auch wenn es eigentlich nicht gedacht war. So begann das Zeitalter des Fliegens im America’s Cup.

Oracle schaffte es nur knapp, den Rückstand aufzuholen, und im Nachhinein glauben viele Beobachter, dass die Kiwis vielleicht zu früh die Katze aus dem Sack gelassen haben. Könnte das jetzt wieder so sein?

Fuß- statt Hand-Kurbel

Beim ersten Wassern des neuen AC50 Cuppers zeigt das Emirates Team New Zealand jedenfalls erneut eine Innovation, mit der es sich deutlich von der aktuellen Konkurrenz unterscheidet. Die Grinder Positionen in jedem Schwimmer sind mit Fuß- statt Hand-Kurbeln ausgestattet, wie das australische online Portal Sail World berichtet.

Auf den ersten Blick scheint das keine bahnbrechende Veränderung zu sein. Aber alle Beobachter sind sich einig, dass die Systeme der Energiebereitstellung bei den neuen AC50 neben der Aerodynamik und der Foil-Formgebung die entscheidenden Faktoren für den Rennsieg sein werden. Für die Plattform, Rümpfe und das Segelprofil sind Onedesign-Vorgaben gemacht worden.

Haben sich die Neuseeländer nun durch ihre Entwicklung abseits der Bermuda-Rennstrecke einen echten Vorteil geschaffen? Auf ihrem Boot sind in jedem Rumpf gleich vier Grinder-Positionen vorgesehen, wo jeweils vier der sechs Segler eine Kurbel mit den Beinen bedienen können.

Idee von Elvström

Es ist kein Geheimnis, dass Beinkraft effektiver als Armkraft einzusetzen ist. Auch im America’s Cup wurde damit experimentiert. Paul Elvström verfolgte die Idee mit dem französischen Projekt von Baron Bich, das er allerdings im Ärger verließ.

Designer-Legende Olin Stephens beschäftigte sich ebenfalls damit und installierte Fahrrad-Rahmen auf einem Zwölfer. Aber er kam zu dem Schluss, dass für die kurzen schnellen Kurbel-Bewegungen beim Dichtholen einer Schot die Armkraft effektiver sei.

Dennoch kam diese Technik 1976 auf dem schwedischen Zwölfer „Sverige“ von Pelle Petterson zum Einsatz. Die Grinder befanden sich mit den Köpfen nur knapp über Deckshöhe. Die Beine bewegten  die „Kaffeemühlen“ unter Deck. Diese Innovation ließ sich aber nicht in signifikante Rennsiege ummünzen.

Fahrrad Grinder

Der Zwölfer „Sverige“ mit den Grindern auf Deckslevel. © PP

In den Fokus geriet das Radeln auf einem Rennboot noch einmal, als Franck Cammas auf seinem Maxi Tri „Groupama“ einen Rennrad-Rahmen installieren ließ. Damit bediente er aber überwiegend längerfristig kraftraubende Aufgaben wie das Setzen des Großsegels.

Franck Cammas betreibt per Rennrad die Winschen für seinen Mega-Tri. © Zedda/Groupama

Franck Cammas betreibt per Rennrad die Winschen für den Mega-Tri Groupama. © Zedda/Groupama

Strategie für den Sieg

Kann die Technik nun also für die Neuseeländer einen Unterschied ausmachen? Sicher ist, dass sie sich irgendetwas Besonders ausdenken müssen, wenn sie eine Chance zum Sieg haben wollen. Denn ihre Kampagne ist spät gestartet, hatte mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, und ist durch die Entscheidung, auf die Vorrunden-Rennen in Auckland verzichten zu müssen, schwer gehandicapt.

Die Kiwis werden sich bei den Rennen in Bermuda nicht alleine auf  besseres Segeln verlassen können auch wenn sie die 49er Olympiasieger Burling/Tuke dabei haben. Der Trainingsrückstand ist groß und sie werden erst spät auf dem Cup-Revier segeln.

Deshalb müssen sie eine risikoreichere Strategie wählen, und das scheinen sie mit den Fuß-Grindern umgesetzt zu haben. Es muss sich zeigen, ob diese Art der Energiegewinnung ein echter Vorteil sein kann. Erst die Vergleiche in Bermuda werden darüber aufklären können.

Der erste Test auf dem Wasser soll jedenfalls positiv verlaufen sein. Bei Bedingungen am Windminimum von sechs Knoten konnten sie stabil auf Tragflächen segeln.

 

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

6 Kommentare zu „America’s Cup: Team New Zealand mit Design-Überraschung bei neuem AC50“

  1. Marc sagt:

    Ist nur die Frage wo man schneller und sicherer los kommt, wenn die Kiste umkippt. Ne Kurbel ist einfacher und schneller los gelassen, als von einem Fahrrad geklettert 🙂
    Aber vielleicht ist das Ding ja so stabil und die ganze Hydraulik macht den Rest. Brauchen die ja wirklich nur 4 Leute die Rad fahren und zwei richtige Segler zum steuern. Also Motorboot fahren mit Öko Antrieb quasi…

  2. doedelmaeker sagt:

    Frage ist, tragen die Jungs auch Fahrradschuhe? Ohne Klickpedale ist’s wohl nicht so doll mit der Effektivität.
    Wie wärs denn mit Kurbeln und Treten?

  3. RVK sagt:

    Wenn das klappt, werden sich die Franzosen freuen. Da wird dann eine ausrangierte Tour de France Legende re-animiert und aufs Wasser geschickt. Wenn die Oracle jetzt plötzlich aber Lance Armstrong aus dem Ärmel zaubert, sollten wir uns nochmal über das Thema Doping im Ra… äh Segelsport unterhalten…

  4. Ahoi sagt:

    Ich dachte sowieso, dass im Prinzip nur noch für Hydraulikdruck gegrindet wird?!

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