Fünf Jahre nach dem einzigartigen Lutz vs Kadelbach-Streit um die 470er Olympiaqualifikation hat der Weltseglerverband die Regeln geändert: “Nach-hinten-Segeln” ist nun teilweise verboten.
Für die einen war es eine grobe Unsportlichkeit für die anderen die hohe Kunst des Segelsports. Das inzwischen schon fast legendäre Duell zwischen Kathrin Kadelbach/Frederike Belcher und Tina Lutz/Susann Beucke bei der zweiten Olympiaqualifikation der 470er-Frauen-Klasse für London 2012 geriet zum großen Aufreger.
Kadelbach/Beucke hatten sich einen zwei-Punkte-Vorsprung in der vorherigen Qualifikation erarbeitet, und dann nutzte die Deutsche Match Race-Meisterin Kathrin Kadelbach ihre Fähigkeiten, um Lutz/Beucke davon abzuhalten einen Platz unter den Top 19 zu erreichen. Nach den internen DSV-Regeln konnten nur die Top 20 punkten.
Viele Tränen
Das Vorhaben gelang, und es flossen viele Tränen. Lutz/Beucke protestierten in Perth und verloren. In Deutschland entschied auch der Olympia-Segel-Ausschuss des DSV zu ihren Ungunsten, und schließlich sogar das Landgericht Hamburg.
Basis der Entscheidungen war eine Interpretation der Fair-Sailing-Regel 2, die erst fünf Tage vor der WM in Perth erfolgte. Demnach war das Ausbremsen eines Gegners nicht nur während einer Regatta – passiert z.B. im Medalrace oft (Sollte das erlaubt sein?) – sondern auch einer übergreifenden Serie – wie der Olympiaqualifikation – erlaubt.

Kathrin Kadelbach und Frederike Belcher beim Start im siebten Rennen. Lutz/Beucke passieren achteraus. © Ocean Images
Diese Auslegung, die danach von den World-Sailing-Regelhütern in Case 78 festgeschrieben wurde und bei vielen internationalen Qualifikationen in Anspruch genommen wurde, ist nun kassiert worden.
Zuvor war es erlaubt, ein anderes Boot regelgerecht (mit Match Race-Taktiken) zu behindern, wenn es 1. der eigenen Gesamtplatzierung in der Regatta dient, oder 2. der Qualifikation für einen anderen Wettkampf oder für die Nationalmannschaft dienlich ist.
Demnach ist das Zurücksegeln zum Beispiel in Medalraces nach Punkt 1 weiterhin nicht verboten. Die Entscheider wollten auf die medienwirksame Duell-Atmosphäre in den Finalrennen nicht verzichten. Aber das übergreifende Ausbremsen nach Punkt 2 ist nun nicht mehr erwünscht.
In der Diskussion damals hatten sich viele Stimmen für die Abschaffung dieser Möglichkeit der Einflussnahme per Duell-Technik eingesetzt. Nun sind ihre Stimmen mit einiger Verspätung rechtzeitig vor der Olympia-Qualifikation für 2020 gehört worden.
Ähnliche Situation Nacra17 2016 in Hyeres, wohl nur noch deutlich unsportlicher und mit weniger Medienrummel.
Für den Ausscheidungsmodus des DSV ist die Regel eine Erleichterung.
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wenn es regelkonform ist, gehört es zum Segelsport dazu und ist somit fair. Beim Americas Cup regt sich ja auch niemand übers Matchracen auf, oder? Es ist völlig normal dieses Mittel zu wählen, es ist uns selber auch schon so gegangen und wir haben es mit anderen auch schon gemacht. Das übt man schließlich beim Training.
Heisse Debatte. Was meinst du?
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