Mini 6.50: Andreas Deubels erste Mini-Regatta auf dem Atlantik

Ankern vor dem Ziel

 

Zwei Mann, ein (kurzes) Boot: Andreas Deubel (oben) und Frank Eckardt bei der Lorient BS Mini-Regatta © breschi

Zwei Mann, ein (kurzes) Boot: Andreas Deubel (oben) und Frank Eckardt bei der Lorient BS Mini-Regatta © breschi

Gestreng nach dem Mini-Motto „70 Prozent basteln, 30 Prozent segeln“ meisterte Deubel gemeinsam mit Co-Skipper Frank Eckardt die „BS Mini“-Regatta auf dem Atlantik. Sein Erlebnisbericht.

Nach 1.400 Kilometern und 17 Stunden Fahrt endlich Ankunft am Montag Abend in Lorient/Bretagne. Gleich am Dienstag Morgen haben Frank und ich meine Nacira „819“ gekrant, den Mast gestellt, alles getrimmt, angebaut und eingestellt. Anschließend zum Probeschlag raus auf den Atlantik. Bis dahin lief alles beeindruckend entspannt und schnörkellos gut. Doch schon ein paar Stunden später war „Schluss mit lustig“: Jede Menge Defekte trieben uns gewisse Sorgenfalten auf die Stirn. Eine Auswahl:

  1. Der (fast) teuerste Ausrüstungsgegenstand, der NKE Computer, ist abgeraucht – also kein Autopilot.
  2. Furuno GPS bekommt kein Signal von der Antenne.
  3. BB Winsch geht nur noch mit Gewalt.
  4. Travellerschlitten läuft nicht mehr unter Last, Rollen sind auf einer Seite kaputt, und dadurch die Schiene ebenfalls nicht mehr ganz rund.
  5. Speedometer gibt kein Signal an den Computer.
  6. Die UKW Funke bekommt kein GPS Signal mehr.
  7. Das reparierte Großsegel reißt in der Mastnut an den reparierten Stellen wieder aus.

Also bastelten wir während der verbleibenden drei Tage vor dem Start an allen „Ecken und Enden“. Frank hat durch sein perfektes technisches Verständnis einen tollen Job gemacht und nahezu alles selbst repariert. NKE hat den Computer in (gefühlter) Windeseile wieder funktionsfähig gemacht und so konnten wir nach dem Verbinden und Isolieren der Kabel schließlich noch in relativer Ruhe die gesamte Navigation vorbereiten. Und sogar noch ein paar Meilen auf dem Wasser trainieren.

1.400 km Anfahrt mit (fast) Überbreite auf dem Hänger © deubel

1.400 km Anfahrt mit (fast) Überbreite auf dem Hänger © deubel

Schonungslos durch

Die Regatta „Lorient Bretagne Sud Mini“ ist ein sogenannter „Sprint“ für die 6,50 Meter kurzen Hochseeboliden, der zweihand auf Prototypen und Serienbooten gesegelt wird (gemeinsamer Start, getrennte Wertung). Auf der 150 Seemeilen langen Strecke von Lorient nach Pornichet müssen mehrere Ansteuerungstonnen passiert werden. Die Strecke entlang der südbretonischen Küste gilt als navigatorisch anspruchsvoll.

Die Starts waren allesamt sehr spannend. Drei an der Zahl, zwei Mal Gesamtrückruf. Über Funk fast alles in Französisch, aber es gibt ja auch noch Flaggen!

Ich bin bei meinem ersten Mini Rennen auf „Nummer sicher“ gegangen und ganz rechts gestartet, so konnte ich bei Bedarf wegwenden. Alle drei Starts waren super, immer mit Speed und freien Winden über die Linie. Dann sind wir wie gedacht nach rechts raus,  was zunächst vielversprechend aussah – diverse Prominenz, wie etwa Jonas Gerkens direkt neben uns. An der Luvtonne waren dann aber doch einige Boote vor uns, ob das nun hauptsächlich Protos waren?

Es wurde immer flauer © deubel

Es wurde immer flauer © deubel

Auf Messers Schneide

Auf dem Reachgang nach Groix haben wir leider nur den Code 5 gesetzt, was deutlich zu wenig Segelfläche war. Da sind einige Konkurrenten durchgerutscht. Auf der anschließenden Kreuz haben wir dann mit dem Schlag etwas weiter links vom Feld wieder Plätze gut gemacht.

Nach Groix Nord wurde dann der große Spi gesetzt, was zunächst auf dem tieferen Kurs auch gut funktionierte. Bis Groix Süd, da mussten wir dann anspitzen und der Wind ging etwas hoch.

Das war dann ein Ritt auf Messers Schneide, weil der große Spi eigentlich zu groß war für den spitzen Kurs – sind ja immerhin 80qm auf 6,50 Meter Bootslänge.

Frank und ich haben es dennoch durchgezogen. Und weil wir nur ganz wenige Sonnenschüsse produzierten und andere zeitweise ganz auf den Spi verzichtet oder „nur“ auf den Code 5 gesetzt haben, machten wir reichlich Plätze gut.

Der Anker wartet an Deck

Die Profis vor uns scheinen es aber noch ein bisschen besser gemacht zu haben und sind uns doch ein wenig voraus gefahren – allerdings aber auch weniger, als ich eigentlich befürchtet hatte.

Die nächste Schlüsselstelle war die Durchquerung der Inseln um Huat herum. Sehr spannend, wenn man da ohne die Gegend zu kennen und ohne Kartenplotter (weil nach Klassenregeln verboten) durch muss. Zum Glück hatte ich Frank dabei, der kannte sich wegen seiner zwei Mini Saisons, die er 2012 und 2013 ausgerechnet dort segelte, blendend aus.

Langsam wurde es dunkel und ich hab dann erstmal Kaffee für die Nacht gekocht. Zum Trinken sind wir leider nicht gekommen, weil ausgerechnet vier Seemeilen vor dem Ziel der Wind einschlief.

Sehr ärgerlich, das hat uns locker vier Stunden Schlaf gekostet. Wir haben dann die Stunden in der Nacht damit verbracht, alles daran zu setzen, in den teils starken Strömungen keinen Anker schmeißen zu müssen.

Auf Deck lag er allerdings schon und freute sich auf seinen Einsatz.

Unter Code Zero, mit allem Gewicht in Lee und weit vorn stehend verbrachte ich locker drei Stunden am Oberwant und hab die Schot vom Code 0 „raus“ gehalten, um jeden Hauch Wind mitzunehmen.

Kurz nach dem Start. Deubel und Eckardt sind irgendwo ganz vorne © breschi

Kurz nach dem Start. Deubel und Eckardt sind irgendwo ganz vorne © breschi

Von hinten kam dann die Meute mit ganz wenig neuem Wind an, der erreichte uns zum Glück auch noch im letzten Moment, so dass wir die Ziellinie auf Rang 21 passierten.

Ein Konkurrent blieb sogar ca. 100 Meter vor dem Ziel „stehen“ und blieb dort vor Anker mehr als zwei Stunden – das Ziel immer in greifbarer Nähe!

Das nächste Mal einhand

Fazit für das Rennen: Einen Sprint segelt man ohne Körper und Material zu schonen! Und genau das haben wir gemacht. Volle Pulle Richtung Pornichet. Es hat tierisch Spaß gemacht und das Ergebnis kann sich (insbesondere in einem Transat-Jahr, wo alle „wie Hulle“ trainieren) sehen lassen.

Das Boot wurde wieder nach Lorient zurück überführt und bleibt dort die nächsten Monate. Anfang Mai will ich beim „Mini en Mai“ teilnehmen – 500 sm quer durch die Biscaya. Das wird eine echte Probe für mich, denn bei einer so langen Einhand-Strecke muss vor allem das Schlafmanagement stimmen. In Anbetracht der ungewohnten Umgebung, angesichts der vielen Fischer, die hier teilweise sogar ohne AIS unterwegs sind, eine echte Herausforderung.

Website Andreas Deubel

Tracker „Lorient Bretagne Sud“ Mini (mit Ergebnisliste)

Übrigens: Das „andere deutsche Boot“ bei der BS Mini war der „Brooklyn Express“ mit Skipper Marcus Demuth auf Rang 43.

Und was macht ein Andreas Deubel, wenn er zwischen all der Bastel- und Segelei mal zwei Minuten Freizeit hat? Er schaut sich bei den „Großen“ um. Hier sein Film zum Safran-Aufrichtungstest (IMOCA).
[youtube http://www.youtube.com/watch?v=rEbzWwTjkrw?rel=0&controls=0&showinfo=0]

9 Kommentare zu „Mini 6.50: Andreas Deubels erste Mini-Regatta auf dem Atlantik“

  1. Nicht konkurrenzfähig – warum dann selbst bauen – gebrauchte Minis gibt es doch eine ganze Menge und die kosten nur einen Bruchteil eines Neubaus

  2. Du baust Dir gerade einen Mini ? Spannend … Ich habe zwar schon 1..2..3 Boote zum Teil selbst gebaut, doch einen (klassenkonformen ? ) Proto selbst zu bauen, der dann auch noch konkurrenzfähig sein soll … Das traue ich mir nicht wirklich zu …

  3. Alex sagt:

    Danke für die Infos. Baue mir gerade selbst einen Mini, aber bis zur Frage der Energiegewinnung dauert’s noch ne Weile.

  4. Es gab/gibt immer mal wieder jemanden, der auf dem Mini Hydrogeneratoren fährt. Aber auf der Ozeanjolle ist das Ding doch eher eine Bremse und wenn selbst es nur 0,1kn sind …

    Die meisten die es sich leisten können, haben Brennstoffzellen an Bord, die meist mit Solar ergänzt werden (oder anders rum …) Und mit ca 1,5kE sind die Dinger (gebraucht) auch bezahlbar und man ist die ehemals größte Sorge – keine Energie für den Piloten – nahezu los, selbst wenn es tagelang regnet und stürmt

  5. Alex sagt:

    danke! wenn ich schonmal mini-experten am start habe: wieso benutzen minis eigentlich alle (?) brennstoffzellen und nicht z.B. einen watt&sea hydro generator? zu langsam? zu viel bremswirkung?

  6. Andreas sagt:

    Die Brennstoff Zelle

  7. Habe noch mal nachgesehen, die Brennstoffzelle ist etwas teurer als der ca 2kE teure Gyropilot-2-Computer …

    Zum Glück war die Reparatur recht einfach möglich und der Einbau schnell erledigt. Ansonsten hätte uns auch der Raymarine Ersatzpilot gesteuert, wenn wir mal die Pinne losgelassen haben …

  8. Alex sagt:

    was ist denn dann der teuerste ausrüstungsgegenstand? 🙂

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