Volvo Ocean Race: Frauen machen Etappensieg perfekt – Bewerbung für die zweite Chance

Wichtiges Signal

Der Coup ist geglückt. Das SCA Frauen Team ist beim Volvo Ocean Race erstmals nicht  letzter geworden und hat sogar die achte Etappe gewinnen können. Abu Dhabi ist vorzeitiger Gesamtsieger.

Volvo Ocean Race SCA

Endlich ein großer Erfolg für das Frauen-Team. © Ricardo Pinto / Volvo Ocean Race

Was für eine Erleichterung. Die elf Frauen auf der Magenta-Yacht fallen sich um den Hals. Im Halbdunkel hat das Team SCA als erste VO65 Yacht das Ziel der achten Etappe in Frankreich erreicht.

„Endlich können wir wirklich aufatmen“, sagt die Amerikanerin Sally Barkow. „Wir haben so hart gearbeitet während der gesamten Etappe und den Atem angehalten. Wir wollten sicher sein, dass wir bis zum Ende durchhalten.“

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„Leg Winner“, wer hätte das gedacht? © Ricardo Pinto / Volvo Ocean Race

Für die Gesamtwertung ist dieser Sieg unerheblich. Aber für die Reputation des Frauensegelns und dieses Projektes kann diese achte Etappe kaum hoch genug bewertet werden.

Körperliche Unterlegenheit

Nach sieben letzten Plätzen in Folge wurde die Kritik immer lauter. Es wurde gerätselt und diskutiert, warum die Frauen so schlecht segeln. Als erste auf der Starterliste hatten sie die längste und professionellste Trainingszeit. Außerdem sollte körperliche Unterlegenheit durch das Aufstocken der Crew um drei Personen ausgeglichen werden.

Nach einem langwierigen Auswahlverfahren sollte auch sicher gestellt sein, dass die besten Hochsee-Seglerinnen der Welt an Bord sein würden. Also stellte sich nach den vielen Misserfolgen die Frage, ob Frauen generell schlechtere Segler sind als Männer.

Damit hätte das Projekt dem Frauensegeln allgemein einen Bärendienst erwiesen. Denn eigentlich entwickeln sich zurzeit Seglerinnen im Jugendbereich immer besser. Und mit der olympischen Mixed Klasse Nacra 17 haben sie ein weiteres Spielfeld erhalten, auf dem sie glänzen können.

„Alle enttäuscht“

„Wir sind alle sehr enttäuscht“, fasste die ehemalige Maiden Skipperin Tracy Edwards in einem Kommentar die Leistung der ersten sieben Etappen zusammen. Allerdings sah sie die Probleme eher bei der männlichen Führung des schwedischen Projektteams Atlant. Man hätte Sam Davies die Kontrolle geben sollen und sie ein geeignetes Team aussuchen lassen.

Volvo Ocean Race SCA

Freude am Steg. © Ricardo Pinto / Volvo Ocean Race

Es wurde auch schon über Querelen innerhalb der Crew gemutmaßt. Und das ist angesichts der Ergebnisse wohl auch wenig verwunderlich. Aber viele sind auch von der Außendarstellung des Medienteams nicht gerade begeistert gewesen, weil plötzlich allein das Ankommen als Erfolg gewertet wurde.

Aber nun ist das erst einmal vergessen. Der Erfolg wird Kritiker verstummen lassen, und die Frauen dürfen verdient jubeln. Sie haben sich den Sieg in einer harten Etappe erkämpft und endlich einmal die Freiheiten genutzt, die sich durch ihre Bedeutungslosigkeit für die Gesamtwertung ergeben hat.

Brutal aber konstant

Weil sich die Spitzenreiter nicht aus den Augen ließen konnten die Frauen unbeobachtet einen etwas anderen Weg als die Konkurrenten einschlagen. Und als alle in der Flaute lagen, kam diese eine wichtige Böe für SCA, die den entscheidenden Vorsprung brachte. Dann folgte die Kreuz bei zwar brutalen aber konstanten Bedingungen und SCA fuhr den Sieg souverän nach Hause.

Die unerklärlichen Speed-Probleme bei Raumschotskursen sind dadurch ebenso wenig behoben wie die fehlerhaften strategischen und navigatorischen Entscheidungen, die zu den Rückständen geführt haben. Aber der Sieg ist ein Sieg und er könnte für das Frauen-Hochsee-Segeln noch sehr wichtig sein.

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Überlegener Erfolg in Lorient für SCA. © Ricardo Pinto / Volvo Ocean Race

Denn bei dem SCA Projekt ist die große Frage, ob es danach weiter geht. Die Frauen sind bisher nicht an fehlender Kraft, sondern an geringer Erfahrung gescheitert. Es gibt einfach zu wenige Frauen mit der notwendigen Offshore-Erfahrung.

Der südafrikanische Hochsee-Profi Brian Hancock bringt es drastisch auf den Punkt: „SCA würde locker zum Beispiel ein Männerteam schlagen, das alleine aus Schwarzen besteht. Allein aus dem Grund, weil nur wenige Farbige Segelerfahrung auf einem solchen Niveau haben.“

Dieser Etappensieg könnte ein wichtiges Signal sein für eine zweite Chance beim nächsten Volvo Ocean Race. Die Frauen hätten sie sich redlich verdient.

Rückblick auf die Live-Ankunft:

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

8 Kommentare zu „Volvo Ocean Race: Frauen machen Etappensieg perfekt – Bewerbung für die zweite Chance“

  1. SCA Fan sagt:

    Ich freu mich für das Frauenteam, sie haben Jahre lang hart dafür gearbeitet. Ich denke es ist schwierig zu sagen warum sie die letzten Etappen so schlecht abgeschnitten haben, denn ich habe für meine Vertiefungsarbeit mit Sally Barkouw und Justine Mettraux, Tracy Edwards, und Anna Maria Renke gesprochen. Ich habe allen die gleiche Frage gestellt, an was es liegt das die SCA Frauen immer hinten liegen. Es kamen so viele unterschiedliche Kommentare zusammen das es schwierig zu sagen an was es liegt, wenn man das Team nicht selber erlebt.

  2. ich sagt:

    Wie war das noch mal mit dem blinden Huhn und dem Korn?

    Und nur eine Etappe vorne zu Segeln sagt noch nichts. Das beste Team ist immer noch das, dass am Schluss ganz oben steht.

    Glückwunsch an Ian Walker und sein Team!

  3. Segel-Experte sagt:

    Carsten hat volkommen recht. Die Damen lagen bisher bei allen Etappen hinten, auch wenn ihnen in der ersten Etappe enormes Glück einen vorletzten Platz beschert hat.

    Das Pech der Mapfre, kurz vor dem Ziel in einem Flautenloch hängenzubleiben, als Leistung der Damen herauszustellen und auszuführen, es wäre „nicht einfach“ den Olympiasieger Iker Martinez. „hinter sich zulassen“, kann leider nur als unsportliche Verdrehung der Tatsachen gewertet werden.

  4. Johannes Bahnsen sagt:

    Korrekt.
    In der ersten Etappe haben sie kurz vor dem Ziel die Spanier von Mapfre noch eingesackt. Und auch taktisch viel gutes gezeigt. Siehe Etappe von China nach NZL. Aber auch hier war es wieder der Boatspeed, der ihnen ein besseres Ergebnis verhagelt hat.

  5. Drachenfan sagt:

    Carsten,

    die Aussage der Einleitung stimmt leider nicht. Auch auf der ersten Etappe ist das Team SCA nicht letzter geworden – das war MAPFRE mit Olympiasieger Iker Martinez. Den hinter sich zulassen ist auch nicht so einfach. Und die Leistung jetzt eine solche Etappe unter solch harten Bedingungen (erstmals eine reine Kreuzetappe) zu gewinnen nachedem man das Schiff unter ziemlich extremen Bedingungen heile um den Globus begracht hat, eine hervorragende seglerische und seemännische (oder seeweibliche?) Leistung, die Hervorsticht und nur mit großem Können und Durchhaltevermögen und entsprechendem Charakter zu leisten ist – da sollte die Einleitung nicht lauten …“ist erstmals nicht letzter geworden“… das finde ich, bei aller Zustimmung zum Segelreporter, nicht fair und an der Grenze des unsportlichen.

    Ansonsten … weiter so.

    • Carsten Kemmling sagt:

      stimmt, glatt vergessen die erste etappe, aber an der aussage ändert das nichts. die leistung war bisher enttäuschend. ich hatte mehr erhofft, weil ich glaube, dass prinzipiell nichts außer fehlende kraft dagegen sprechen sollte, dass frauen mit männern auf augenhöhe segeln. fehlende erfahrung halte ich aber für eine plausible erklärung. deshalb wäre es toll, wenn sie weiter machen dürften beim nächsten mal.
      die seemännische leistung bleibt unbenommen. aber darum geht es ja nicht. es ist eben ein wettrennen.

      • Lyr sagt:

        Ganz meine Meinung! Die Erfahrung ist der Hauptgrund… alle die immer sofort sagen, das wird nichts, die meinten vermutlich auch vorher, dass Araber genetisch bedingt nicht segeln können! 😀

      • Drachenfan sagt:

        ich will nicht spitzfindig sein – aber als Journalist gehört eine saubere und korrekte Recherche und Darstellung der Tatsachen zum professionellen Handwerkszeug. Das war hier nicht so und die daraus abgeleitete Aussage einfach falsch.
        Und wenn wir bei den Grundsätzen unseres Sports bleiben, dann ist es ein Wettrennen, aber auch im Hochseesegeln gilt immer noch der Grundsatz erst einmal Mannschaft und Schiff heile nach Hause zu bringen – haben ja auch bis jetzt schon nicht alle richtig geschafft….und sorry, für mich wäre ein solches Wettrennen ohne Seemannschaft („…aber darum geht es nicht..“ ???) verantwortungslos.
        Ich fände in diesem Zusammenhang eine differenziertere Berichterstattung und Kommentierung besser – mal als Anregung;-).

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