BEA ist ein Acht-Fuß-Schlauchsegelboot der Marke Zephyr. Gebaut als Badeboot, in den Siebzigern. Sebastian ist 22 Jahre jung und segelt auf BEA. Beide sind schon ziemlich weit gekommen.
Sebastian aus Bad Kreuznach hat es in der Fahrten-Szene schon zu einem gewissen Bekanntheitsgrad geschafft. Seine Törns auf und mit BEA haben für einige schon Kultstatus – wohlgemerkt: Nicht nur unter Schlauchbootseglern! Auf seine Website „Segeln ist Leben“ (Motto: keep it simple, stupid) setzt er nicht nur liebevoll geschriebene und äußerst lesenswerte Törnberichte, sondern neuerdings auch Lebensweisheiten direkt aus dem quietschgelben Badeboot.
Ich kann nicht gegen das Wetter kämpfen
Sebastians letzter Bericht: Ernsthaft – es ist unmöglich. Irgendwann verliert diesen Kampf jeder. Klar, ein wirklich seegängiges Boot mit dem passenden Skipper kann vieles ab. An den Wind, Stürme, eine extrem raue See… aber am Ende? Egal wie seefest Boot und Crew sind, irgendwann ist einfach Ende. Jedes Boot und jeder Segler hat diesen Punkt – selbst wenn viele Boote und einige Segler ihn noch nicht erreicht haben.
Zugegeben, BEA erreicht diesen Punkt recht früh. Windstärke 5, wenn es sein muss 6, dann muss das Segel ganz schnell runter und gepaddelt werden. Vor dem Wind – natürlich. Gegenan? Viel Spaß bei dem Versuch, selbst wenn es „nur“ auf einem See ist.
Was ich tun kann? Mich anpassen. Klar hab ich Orte, die ich besuchen will. Zum Beispiel wollte ich immer ans Meer. Und ich bin hin gekommen. Aber nicht indem ich mich gegen das Wetter aufgelehnt und irgendwie durchgeboxt habe, sondern indem ich es genutzt habe bis es mich zum Meer gebracht hat. Naja, mehr oder weniger.
Es ist egal wie groß das Boot ist
Ich war immer das kleinste Boot im Hafen – die meisten Hafenmeister haben mir sogar gesagt, das ich das kleinste Boot hätte, das je den Hafen besucht hätte. Auch unterwegs habe ich nie ein kleineres Boot gesehen – also, im Fahrtenmodus unterwegs. Aber: Ich habe mir die gleichen Sonnenauf- und -Untergänge angesehen, wie all die anderen auf den größeren Booten.
Ich habe mir die selben Städte und Landschaften (jedenfalls soweit ich übers Schilf sehen konnte) angesehen, die selben Menschen getroffen und die selben Seen und Kanäle besegelt wie all die andere. Ich habe sogar einige Orte erkundet, in die all die anderen nicht konnten. Zu hoch die Masten, zu tief der Kiel.
Der Fairness halber: Es gibt verdammt viele Orte die BEA nicht ansteuern kann – weil sie nicht seegängig genug ist. Aber nur weil die meisten anderen Boote, die ich getroffen habe, all diese anderen Orte erkunden könnten, heißt das noch längst nicht, dass sie es auch machen. Genug von ihnen bleiben in den gleichen sicheren Gewässern wie ich. Es ist nicht wichtig wie groß oder klein dein Boot ist. Wichtig ist, was du damit machst.
Fahrtensegeln ist nicht teuer
Ich höre immer wieder, dass Fahrtensegeln so teuer wäre. Bootsbesitzer zu sein wäre, als würde man unter einer kalten Dusche stehen und 100$ Scheine zerreisen. Und ich glaube es kann bestimmt so sein. In manchen Orten der Welt ist es vielleicht so, ohne jede Alternative. Das weiß ich nicht – ich war bisher nur in den Niederlanden auf Fahrt. Und dort stimmt das eindeutig nicht. Bestimmt kann es auch da teuer sein… muss es aber nicht!
Ich habe BEA für etwa 300€ gekauft. Während meines letzten Törns (7 Tage) habe ich 21€ für Liegeplätze bezahlt. Nicht am Tag – für die ganze Woche! Auf dem Törn davor war es etwa die gleiche Summe, für zwei Wochen inkl. Parkplatz. Für die Bootspflege habe ich in einem Jahr etwa 30€ investiert – und meine kleine ist für ein 37 Jahre altes Schlauchboot in einem verdammt guten Zustand.
Unterwegs habe ich für Essen nicht mehr bezahlt als ich auch zuhause hätte. Und das war’s. Eine Woche am Strand wäre teurer gewesen. Du hast das Geld für „Party“? Oder einen „normalen“ Urlaub? Dann HAST DU das Geld zum Fahrtensegeln. Und bitte, kommt mir nicht mit so was wie „Komfort“. Klar ist das ein Grund, nicht so unterwegs zu sein wie ich – aber dann ist nicht Geldmangel der Grund warum du im Urlaub nicht auf Fahrt gehst, sondern du selbst. Das ist absolut okay, aber bitte, behaupte nicht ständig „Es ist soooo teuer!“. Es gibt eine Möglichkeit es billig zu machen. Punkt, aus, Ende.
Es ist keine Schande, um Hilfe zu fragen
Während meines ersten Törns fiel es mir schwer, andere Menschen um Hilfe zu bitten. Ich habe sogar „Nein“ gesagt, als man mir anbot mich zu schleppen – ich war gerade dabei, gegen an zu paddeln… Bescheuert das abzulehnen.
Jeder macht Fehler. Du glaubst mir nicht? Geh mal in einen Hafen und sehe den Leuten beim Anlegen zu. Hafenkino eben. Du wirst recht schnell feststellen, dass es stimmt. Es gibt fast immer Leute die zusehen, und wenn freundlich gefragt wird, wird auch mit Freuden geholfen. Du musst nur fragen! Manchmal bekommt man zwar auch ohne zu Fragen Hilfe, aber darauf verlassen sollte man sich besser nicht. Also: Wenn du Hilfe brauchst (wie jeder immer mal wieder) – frag einfach!
Multitasking & Navigation
Als ich angefangen habe mit BEA auf Fahrt zu gehen, musste ich mich voll und ganz aufs Segeln konzentrieren. Navigation? Kaum – das Ergebnis findet man im Törnbericht meines ersten Törns mit ihr (Hier). Mehr als einmal bin ich in die falsche Richtung gesegelt, habe den falschen Weg gewählt. Aber mit der Zeit habe ich Navigation gelernt. Tatsächlich habe ich durch „learning by doing“ auf BEA mehr darüber gelernt als aus Büchern und im Internet zusammen! Es gibt noch viel für mich zu lernen, trotzdem…
Aber das ist nicht alles. Während ich segele und navigiere (mittlerweile wird alle paar Minuten die Position via Landmarken bestimmt) mache ich Fotos, ein paar Videos, lese ein Buch (ja, ich lese während ich in einer Jolle aktiv segle), mache mir was zu essen, wechsle meine Kleidung und singe ein paar Lieder. Und, so ganz nebenbei, genieße ich noch meine Umgebung.
Du findest Freude wenn du es am wenigsten erwartest
Ich liebe Segeln. Wenn ich mit BEA unterwegs bin hab ich fast immer ein fettes Lächeln im Gesicht. Fast immer. Aber manchmal, manchmal werde ich launisch. Traurig. Während ich auf dem Wasser bin. Der Wind kommt aus der falschen Richtung und ist zu stark. Die Landschaft ist hässlich (z.B. ganz viel Industrie…), es ist kalt, alles ist feucht, jeder Knochen schmerzt, man ist müde… Sprich, einfach alles ist irgendwie gerade doof.
Und dann, ganz plötzlich, passiert etwas. Ein Seemann taucht auf – also jemand, der das beruflich macht, nicht wir Amateure, der einen mit nichts als einem offenen Lächeln und Respekt grüßt, ein Tier das einem folgt und so einen lustigen Blick drauf hat, die Sonne die hinter den Wolken hervor kommt… einfach irgendwas. Manchmal ist es schwer zu sagen was es ist das plötzlich wieder alles zum Guten ändert.
Meistens reicht es mir schon, wenn ich daran denke, was für tolle Abenteuer ich hier erlebe. (Nein, ich bin nicht ständig launisch auf dem Wasser – selbst wenn sich das vielleicht hier so liest) Am Ende bin ich immer glücklich.
Einige dieser harten Momente, gegen den Wind und hohe Wellen, nass bis auf die Knochen und alles um mich herum nur noch grau…. nun, manche dieser Erinnerungen gehören zu meinen liebsten. Denn – verdammt noch mal! Ich – ICH! – hab das geschafft! Na wenn das mal nicht geil ist!
Am Ende war ich immer glücklich. Ich habe Fehler gemacht. Aber die haben mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Und so wie ich das sehe, hatte drei verdammt tolle Törns – und freue mich schon auf die, die noch auf mich warten!
Du weißt nicht was Freude wirklich bedeutet…
…bevor du nicht mindestens ein Mal an Land gegangen bist, nachdem du stundenlang gegen starken Wind und hohe Wellen gepaddelt bist, die ganze Zeit durchgeschüttelt wurdest und während all dem nur eines machen wolltest: Pissen!
Website Segeln ist Leben
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