Der Gold Cup der Drachen im dänischen Hornbæk ist mit großem Ärger zu ende gegangen. Eine Jury-Entscheidung führt zu Pfiffen bei der Preisverteilung und erhitzten Gemütern.
Es ist eigentlich eine banale Situation, die schließlich zu einer der größten Kontroversen in der Drachenklasse bei einem Großevent führt. Die dänische Crew um Nicklas Holm will von einem Begleitboot mit Familienmitgliedern an Bord Sandwiches für die Mittagspause zwischen Rennen drei und vier übernehmen. Dabei kommt es in der Welle vor Hornbaek am Eingang des Öresunds zur Kollision.
Der Drachen von Holm wird so schwer am Rigg beschädigt, dass er für das zweite Rennen nicht mehr einsatzfähig ist. Das Team besteigt daraufhin den Drachen von Holms Vater, der selber an der Regatta teilnimmt. Es kommt gerade noch rechtzeitig zum Start, segelt auf Platz 25 und liegt immer noch bestens im Rennen im Kampf um den prestigereichen Titel im Feld der 75 Boote aus 15 Nationen.
So weit so gut, aber die Crew wird nach den Rennen bei der Jury vorstellig, um eine so genannte Wiedergutmachung zu erwirken. Sie beruft sich auf die Regel 62.1 der Racing Rules of Sailing. Derzufolge kann das Schiedsgericht unter anderem eine Verbesserung der Punktzahl beschließen, wenn festgestellt wurde, dass die Crew durch eine Aktion der Regatta-Organisatoren benachteiligt wurde.
Lokalmatadoren durch Jury-Entscheidung in Führung
In diesem Sinne verläuft die Protestverhandlung. Das Ergebnis: Die 25 Punkte des vierten Rennens werden aus der Wertung genommen und stattdessen 5 Punkte berechnet, das Mittel der bisher gesegelten Plätze von 3/10/3. Das ist ungewöhnlich. Oft wird bei einer Wiedergutmachung der Durchschnittswert der gesamten Serie berechnet. Auf jeden Fall liegt prompt das Team der Lokalmatadoren in Führung.
Die Empörung bei der Konkurrenz ist groß. Für die meisten Konkurrenten ist es ein unerhörter, ungerechter Vorgang. Der Vorwurf: Die Nähe des Teams zum Veranstalter spiele eine Rolle. Die internationale Jury mit dem britischen Chairman Terence Brownrigg habe im Sinne der Dänen entschieden.
Regeltechnisch stellt sich die Frage, ob das Begleitboot, das den Unfall verursacht hat, tatsächlich zum Organisationsteam gehörte, so wie ein Tonnenleger oder Presseboot. Dann könnte eine Wiedergutmachung womöglich berechtigt sein. Sobald aber Lunch-Pakete übergeben werden, wäre es ein Begleitboot.
Strafe nach Hilfe von außen
In diesem Fallb wäre die Deklarierung als Organisationsboot nicht mehr haltbar. Abgesehen davon, dass die neueren Drachen-Klassenregeln aus Kostengründen eine Unterstützung von außen (Coachboote) verbieten. Beim Drachen-Grand Prix in Kühlungsborn sind Teams bestraft worden, weil sie Lunch-Pakete von Begleitbooten erhielten.
So beteuert die Motorboot-Crew schließlich in den Verhandlungen, dass sie nie Verpflegung übergeben wollte. Pikanterweise wurde das Motorboot vom Chairman des Mitorganisators vom Kongelig Dansk Yachtklub (KDY) gefahren, mit dem Nicklas Holm eng verbunden ist.
Die Jury sieht sich nach der Abwicklung des Protestes mit heftigen Anfeindungen konfrontiert. Man wirft ihr eine zu große Nähe zum Veranstalter vor und vermutet, dass das Heimteam Vorteile genießen sollte. Dabei gehört der Däne Lars Hendriksen, der mit Robert Stanjek und Holms ehemaligem Starboot-Vorschoter Claus Olesen segelt und schließlich fünfter wird, zu den größten Kritikern. Er erwägt nach dem Vorfall einen Austritt aus seinem Club.
Deutsche Teams boykottieren aus Protest
Die Wellen der Empörung schlagen hoch. Die Jury-Entscheidung hat einfach zu viel Geschmäckle. Und Holm macht keine Anstalten zum Einlenken. Schließlich boykottieren zahlreiche deutsche Teams die letzten beiden Rennen. Michael Schmidt tritt nicht mehr an, Tanja Jacobsohn, Thomas Müller oder Vincent Hösch.
Nicklas Holm nimmt die Proteste hin, vergibt den möglichen Titelgewinn aber schließlich durch die finalen Plätze 16 und 19. Er belegt am Ende den Bronze-Platz bei der Regatta und wird bei der Preisverteilung ausgebuht.
Lars Hendriksen zitiert auf Facebook den berühmten Spruch von Paul Elvström: „Man gewinnt eine Regatta nicht, wenn man während der Rennen den Respekt der Konkurrenten verliert.“
Aber Holm hat schon Schlimmeres erlebt. Als junger 23-jähriger Starboot-Olympiastarter in Athen 2004 geriet er in die Schlagzeilen, als er in der Woche vor der Regatta einen schrecklichen unverschuldeten Auto-Unfall erlebte, bei dem er einen Briten überfuhr. Wie hart muss die folgende Regatta gewesen sein, bei der er schließlich mit Claus Olesen auf Rang neun ins Ziel kam? Danach segelte er keine internationale Starboot-Regatta mehr.
Finn Dinghy Star an Bord
Eigentlich hatte es für ihn eine starke Woche bei der Heim-Regatta werden sollen, obwohl er sonst nicht im internationalen Drachen-Zirkus auftritt. Denn er konnte den Finn-Dinghy-Silbermedaillen-Gewinner von London konnte Jonas Høgh-Christensen als prominenten Mitsegler gewinnen.
Der alte Freund kam nahezu direkt aus Rio eingeflogen, wo er nach seinem Comeback als einer der Medaillen-Favoriten gehandelt wurde aber schließlich nur einen enttäuschenden 16. Platz belegte. Høgh-Christensen entging den Anfeindungen in Hornbaek, indem er am letzten Tag des Drachen Gold Cups nicht mehr mitsegelte und eine Hochzeit in Frankreich besuchte.
Die unschöne Geschichte dieses Gold Cups überdeckte fast die Leistung der Sieger. An der Spitze stand am Ende Hugo Stenbeck, ein Schwede, der für die Schweiz startet. der 39-Jährige war 2002 plötzlich in das Rampenlicht der Segelszene gerückt, als sein Vater Jan nach einem Herzanfall verstarb.
Der Milliardär hatte das schwedische America’s Cup Syndikat Victory Challenge für die Herausforderung in Neuseeland finanziert und Hugo Stenbeck setzte das Unternehmen fort. Er finanziert schließlich sogar eine zweite schwedische Kampagne für Valencia 2007.
Für den Gold Cup holte er sich den portugiesischen 49er Olympia-Achten 2012 Bernardo Freitas an Bord. Der Sieg ist keine Überraschung. Das Team gewann nach intensiven Trainings in Dubai mit seinem PCT-Drachen in dieser Saison den ersten Grade-One Event beim Grand Prix Guyader in Douarnenez.
TrainingspartnerEugeniyBraslavets, 470er Olympia-Gold-Gewinner 1996 für die Ukraine, holte Silber. Bestes deutsches Team war am Ende Marcus Brenneke mit Jochen Schümann und dem dänischen mehrfach-Weltmeister Theis Palm an den Schoten auf Rang sechs.
Schreibe einen Kommentar