Es klang förmlich: Einladung zum Kommodore-Empfang anlässlich des 80. Geburtstages von Gunter Persiehl – doch bei allen förmlichen Inhalten wurde die Veranstaltung eher persönlich emotional. 150 Gäste waren zur Geburtstagsfeier im NRV Clubhaus erschienen und hatten eine lange Rednerliste vor sich.
Aber auch nach zwei Stunden war allen Gästen klar, dass nur ein begrenzter Teil dessen erwähnt worden war, was Gunter Persiehl für den NRV und den deutschen Segelsport geleistet hat. Und vieles, was unmöglich erschien, hat „Piese“ umgesetzt. „Du bist ein Menschenfänger. Mit deinen Argumenten und deiner Persönlichkeit öffnest Du Herzen und auch Portemonnaies“, beschrieb Drachensegler Ronny Wolters seinen Kommodore.
Bodenhaftung und Visionen müssen sich nicht widersprechen, so Wolters, der besonders die Bemühungen um das NRV-Olympic-Team hervorhob. Der dreimalige paralympische Medaillengewinner Jens Kroker aus dem NRV-Olympic-Team beschrieb den Vater des Teams als einen Menschen mit Gespür für den Menschen und dessen Familie und Partner, für das gesamte Team („Ich habe miterlebt, wie Gunter Förderer in kurzer Zeit euphorisiert hat“) und die friedliche Koexistenz mit anderen Klubs und Institutionen. „Du bist Mediator in schwierigen Fällen“, so Kroker.
Zu jeder Tages- und Nachtzeit
Wie eng das Verhältnis der NRV-Olympic-Team-Mitglieder und dessen Initiator ist, betonten auch die Bronzemedaillengewinner von Rio, Erik Heil/Thomas Plößel. „Es ist unglaublich, welch großes Vertrauen alle Mitglieder zu Dir haben. Zu jeder Tages- und Nachtzeit darf jeder von uns mit jedem Problem zu Dir kommen“, so Heil. Die 49er-Crew vertrat zusammen mit Leonie Meyer (Kiten), Max Kohlhoff (Finn) und Jens Kroker (Hansa 303) das Olympic-Team. „Die anderen machen das, was sie sollen. Sie segeln in Dänemark, Polen und im Mittelmeer. Es läuft Piese“, so Heil, bevor Thomas Plößel ein Bild überreichte – entstanden im Atelier von Heinke Böhmert, gemalt von Plößel. Darauf hatten sich alle aktuellen und ehemaligen NRV-Olympic-Team-Mitglieder verewigt. Es war einer der emotionalen Momente, in denen auch ein Gunter Persiehl schlucken musste.
Ob der NRV-Vorsitzende Andreas Christiansen, der nur wenige Tage zuvor seinen 70. Geburtstag gefeiert hatte, oder der Vorsitzende des Hamburger Segler-Verbandes, Andreas Völker, sowie Walter Mielke aus dem Vorstand des Deutschen Segler-Verbandes – alle schlugen in dieselbe Kerbe: „Danke für die Zusammenarbeit“, Piese sei das Synonym für NRV, und „wir brauchen solche Leute wie Dich. Der NRV hat Glück gehabt“, hieß es unisono.
Eine sehr persönliche Rede hielt dann auch Dieter Tetzen, der Persiehl schon seit seinem achten Lebensjahr kennt. „Die vielen Jüngeren können da nicht mitreden, und die Älteren dürften es schon vergessen haben“, hatte Tetzen die Lacher gleich auf seiner Seite. Und seine Erfahrungen in der Lehrzeit bei H.O. Persiehl umfassen mehr als die Druckerlehre. Am Sonntag um 14 Uhr sei Mittagsschlafenszeit, war die strenge Lehre aus einem zeitlich unangemessenen Anruf bei Pieses Vater. Nur das NRV-Olympic-Team darf eben jederzeit anrufen. Die Zeiten haben sich geändert. Piese steht rund um die Uhr für den Segelsport bereit.
Dabei war der erste Kontakt zum Segelsport eher beschwerlich, wie Gunter Persiehl in seiner Rede betonte. Denn der erste Törn mit der „Pippifax“ endet mit Erschöpfung am Ufer und letztlich mit einem Fußmarsch nach Hause. Das liegt über 70 Jahre zurück. Damals lieh sich der siebenjährige Hamburger Jung ein Boot, um selbst zu erleben, was die anderen ihm auf der Elbe vormachten. Es war nicht sein Boot, es war nicht vorbereitet, der Tidenstrom zu stark, und das Unternehmen war von den Eltern schon gar nicht abgesegnet. – Natürlich gab es die damals übliche harte elterliche Strafe, als Schläge auf den Hosenboden durchaus noch opportun waren, aber die Begeisterung am Segelsport war entfacht, und seit damals heißen alle Schiffe, die Gunter Persiehl hatte, „Pipifax“.
Schon als Sportler erfolgreich (vom Pirat führte der Weg über Finn, FD, Star, Drachen – unter anderem Deutscher Meister – ¼- und ½-Tonner sowie Soling schließlich zur Hallberg Rassy und jetzt zur Bavaria 42 Match), setzte der vierfache Vater auch als „Offizieller“ Meilensteine. Ob beim America’s Cup oder den Olympischen Spielen, Piese war überall als Internationaler Schiedsrichter dabei.
Das DCNAC, die Rolex Baltic Week, das NRV-Olympic-Team, der Nord LB Baltic Sprint Cup, das HSH Nordbank Blue Race sowie das HSH Pre Blue Race sind seine Ideen, die allen Unkenrufen zum Trotz gezeigt haben, was machbar ist. Der „Menschenfänger“ schaffte die finanziellen Möglichkeiten. Authentisch überzeugte Piese Partner und Förderer für seine Projekte.
Druckerei als NRV-Filiale
In seiner Druckerei H.O Persiehl in Norderstedt entwickelte sich in seiner aktiven Zeit als NRV-Präsident das Büro zur NRV-Filiale. Hier liefen die Telefonleitungen heiß, wuchsen die Fax-Berge und sprengten die E-Mails die Computer. „Man macht die Arbeit für den Verein, für die Mitglieder, nicht für sich“, so Persiehl. Der Verein als Service-Unternehmen, Clubgeist fördern und Ideen entwickeln – das ist seine Vereinsphilosophie.
Auch wenn das Daimler Chrysler North Atlantic Challenge und die Rolex Baltic Week unvergessen bleiben, ein Denkmal aus Stein hat sich Persiehl mit dem Bau der Steganlagen und dem Bau des Jugendheims gesetzt. Auch hier zeigte er, dass Unmögliches möglich wird, wenn man mit den Menschen spricht. Peter „Öko“ Schulz von der Schifffahrtsverkehrsbehörde und Hamburger Umweltbehörde und damit zuständig für alles, was auf und an der Alster baulich passiert, wurde von Gunter Persiehl überzeugt. „Danke, Öko“, so Persiehl zu Schulz, der natürlich bei der Feier dabei war.
Ein emotionales Denkmal hat sich Persiehl allerdings mit dem NRV- Olympic-Team gesetzt. „Dieses Team darf nie sterben“, so Persiehl, der betonte, dass dafür kein Euro aus der Vereinskasse geflossen, sondern nur durch Förderer zusammen gekommen sei. Jeder im Team bekommt eine Job- oder Ausbildungszusage, und jeder kann sich auf den Gründer Gunter Persiehl verlassen.
Doch Piese wäre nicht Piese, wenn bei allem herzlichen Austausch nicht auch harte Töne angeschlagen worden wären – und die gingen an die Adresse des DSV. Das Sailing Team Germany und die Segelbundesliga seien zwei Erfolgsgeschichten. „Dafür möchte ich Oliver Schwall danken.“ Neid und Missgunst im DSV hätten zum Zerwürfnis geführt, so Persiehl. DSV-Schatzmeister Claus-Otto Hansen und Walter Mielke (DSV-Vorstandsmitglied für besondere Segeldisziplinen) hätten etwas entgegnen können. Doch für diesen sicherlich ausgiebigen Disput bot die Ehrung des NRV-Kommodores nicht den richtigen Rahmen.
Den lieferte der Brief von Professor Norbert Harlander: „Aufgeben gibt es bei Dir nicht.“ Es sei die angeborene Kraft und der durch Wind und Welle geprägte Charakter, die Persiehl stärkten. „Authentisch und ehrlich. Du bist nie der Kritik ausgewichen, sondern hast sie angenommen“. Der Empfang unterstreicht auch das. – Hermann Hell
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