Führungsqualitäten: Drei der besten Segler der Welt erzählen, was gute Skipper ausmacht

„Verletzlichkeit zeigen“

Beim Segeln gehört es zu den schwierigsten Aufgaben, eine Crew zu managen. Einige der beste Segler der Welt erzählen, was einen Skipper in Sachen Führungsqualität und Teamarbeit auszeichnen sollte.

Segeln ist ein Abenteuer, das gerade von den Skippern einer Yacht ganz besondere Qualitäten erfordert. Mit Wind, Wetter und Wellen zu kämpfen, eine Crew zu motivieren und sicher ans Ziel zu bringen, kann kaum ohne gute Zusammenarbeit und starke Führung funktionieren. Für eine Regatta gilt das ganz besonders. Der  Stresslevel ist erheblich höher, Entscheidungen müssen noch schneller und entschlossener getroffen werden.

maiden, Whitbread Race, Frauencrew
Tracy Edwards und ihre Crew wieder vereint. © maiden factor

 

Nicht umsonst gelten Skipper als Inbegriff guter Führungskräfte, von denen sich auch Manager von Unternehmen eine Scheibe abschneiden können. Aber welche Eigenschaften sind es, die ein guter Skipper den weltbesten Seglern zufolge wirklich braucht?

Potenziale erkennen

Tracy Edwards, die 1989 erstmals mit einer reinen Frauen-Crew am Whitbread Round the World Race teilnahm und gerade mit einem Kino-Film Schlagzeilen macht, ist überzeugt, dass ein guter Skipper in der Lage sein muss, das Beste aus einer Crew herauszuholen.

Gegenüber CNN Sport sagte sie, diese wertvolle Lektion auf einer Reise von Antigua nach Portugal von ihrem Skipper gelernt zu haben. Edwards sollte sich damals im Navigieren versuchen. Was ihr zunächst unmöglich erschienen sei, habe sie schließlich geschafft, weil ihr Skipper an sie geglaubt und so ihr Potenzial erschlossen habe.

Demokratie oder Diktatur

Außerdem sollte ein Skipper fähig sein, zwischen unterschiedlichen Führungsstilen zu wechseln. Edwards sagt, sie habe als Skipperin während des Whitbread Round the World Race zwar zunächst allein auf Demokratie an Bord gesetzt, aber irgendwann gemerkt, dass dieser Ansatz unter kritischen Bedingungen, wenn die Crew nach klaren Anweisungen suche, nicht mehr funktioniere.

Volvo Ocean Race, Ian Walker
Richtungsweiser: Ian Walker steht für Konsequenz und Durchhaltevermögen. © VOR

Für den zweifachen Olympia-Silber-Gewinner und Volvo Ocean Race-Sieger Ian Walker ist das vor allem eine Frage von Verantwortung. Bei seinem zweiten Volvo Ocean Race im Jahr 2011 stand er selbst vor einer kritischen Entscheidung, als sein Boot im Southern Ocean beschädigt wurde. Die Hälfte seiner Crew habe am Kap Horn weitermachen, die andere Hälfte in Chile stoppen wollen.

Mut zur Hässlichkeit. Ian Walker ist nicht gerade in Feierstimmung. © Matt Knighton / Abu Dhabi Ocean Racing / Volvo Ocean Race

Walker entschied schließlich, nach Chile zu segeln. „Es war wichtig“, erklärte er bei CNN, „dass ich allen zuhörte und dann eine Entscheidung traf, die meiner Meinung nach die beste für alle war“. Als Skipper dürfe man keine Angst davor haben, Verantwortung zu übernehmen.

Offenheit

Trotz aller Führungsstärke müsse ein guter Skipper aber letztlich auch in der Lage sein, Verletzlichkeit zu zeigen, findet die mehrfache Weltseglerin des Jahres Carolijn Brouwer. Die Frau, die das niederländische America’s Cup Team Dutchsail als Steuerfrau für seinen Cupper 2021 bestimmt hat, erinnert sich an eine Zeit beim vergangenen Volvo Ocean Race, als Dongfeng-Skipper Charles Caudrelier Schwäche zeigte:

Carolijn Brouwer
Carolijn Brouwer bei Dongfeng © Martin Keruzore / Volvo Ocean Race

„Er zweifelte an sich selbst, dachte nicht, dass er gut genug für das Team sei. Er hat nicht mehr richtig gegessen oder geschlafen und war gereizt. Aber das Schöne war, dass er uns davon erzählt hat. Er war sehr direkt. Damit gab er uns die Möglichkeit, ihm  zu helfen. Und das ist sehr wichtig. Man kann nicht immer alles richtig machen. Wenn du stark genug bist, deine Verletzlichkeit zu zeigen, Menschen die Chance zu geben, dir zu helfen und das Problem zu lösen, dann bist du ein starker Skipper.“

Charles Caudrelier Bidégorry
Navigator Pascal Bidégorry (r.) und Skipper Charles Caudrelier bei der gemeinsamen Arbeit vor dem Bildschirm.

Dongfeng gewann schließlich das Volvo Ocean Race  – jedoch nicht weil sie die besten Einzelsegler, sondern das beste Team gewesen seien, da ist sich Brouwer sicher.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert