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Mit einem genialen Schleppmanöver half Peyron seinem Landsmann und Konkurrenten Poupon auf Höhe Kap der Guten Hoffnung aus der Patsche. Und eroberte die Herzen der segelverrückten Franzosen.
Loick Peyron versteht es seit jeher, mit einer unglaublichen Lässigkeit die schwierigsten Situationen zu meistern. Das zeigt er der meist staunenden Segelwelt nunmehr schon seit mehr als vier Jahrzehnten. Und hat dabei nichts von seiner Gelassenheit und Pfiffigkeit verloren – ganz im Gegenteil.
Lebende Segellegende
Kein Wunder, denn was der Mann so alles „auf der Pfanne“ hat, kann sich nicht nur bei den Franzosen sehen lassen, sondern hat dem quirligen Bretonen zu einem weltweiten Image verholfen, wie es wohl kaum ein anderer Hochseesegler vorweisen kann.
Der 59-Jährige hat 52 Transats, vier Weltumseglungen und unzählige Küstenseemeilen im Kielwasser. Mit dem damals höchst spektakulären Trimaran Fujicolor errang er in den 90iger-Jahren Dutzende Erfolge – unter anderem wurde er vier Mal ORMA-Weltmeister. 1999 und 2004 gewann er die Transat Jacques Vabre, auf der Gitana siegte er 2008 bei der Transat. 2010 mischte er als Co-Skipper bei Bertarellis Alinghi-America’s Cup-Team mit, er war bei zwei Artemis-AC-Kampagnen als Berater dabei und mit seinem ganz persönlichen Dream Team holte er sich auf dem Trimaran-Monster „Banque Populaire“ die Trophée Jules Verne im Jahr 2012. Damals raste er in 45 Tagen und 13 Stunden um die Welt.
Loick Peyrons Aufnahmen während der 1. Vendée Globe 1989
2015 sprang er kurzerhand für den verletzten Armel Le Cleac’h bei der Route du Rhum ein und holte sich mal eben schnell ohne jegliches Training die Line Honors bei der prestigeträchtigen Einhand-Transatlantik-Regatta.
Auch in jüngster Zeit machte Loick Peyron wieder reichlich von sich reden, als er eine der nagelneuen Foil-Figaro 3 orderte, um damit nach Jahrzehnten wieder in den Solitaire du Figaro-Zirkus einzusteigen.
Ganz egal was Peyron anpackt, es gelingt – fast immer. In Interviews behauptet er gerne von sich, ein Generalist zu sein. Also jemand, der sich nicht auf ein bestimmtes Gebiet im Segelsport festlegen will. Einer, der sich in jedem Boot gleich zuhause fühlt. Außerdem vertritt er die Ansicht, dass man gerade als Einhandhochseesegler nicht auf jedem Gebiet der Beste sein muss – man sollte aber für jedes Problem eine Lösung parat haben.
„Schweizer Messer“ unter den Hochseeseglern
Womit wir bei einer Anekdote aus seinem Seglerleben angelangt wären, die bereits vor fast 30 Jahren stattfand und maßgeblich zur Mythenbildung rund um Loick Peyron, dem „Schweizer Messer der Hochseesegler“, beitrug.
Ende Dezember 1989 waren die Bestplatzierten der 1. Vendée Globe-Flotte vor dem Kap der Guten Hoffnung angelangt. Unter ihnen Loick Peyron, der es als Youngster den alten Salzbuckeln unbedingt zeigen wollte.
Als die Flotte in den Indischen Ozean und somit in die Roaring Fourties einbog, gab es für alle Beteiligten ordentlich was „auf die Mütze“. Am besten kam der führende Titouan Lamazou durch den Sturm, doch schon der zweitplatzierte Philippe Poupon wird extrem hart von den Sturmausläufern getroffen. Am 27. Dezember setzt der Franzose einen Notruf ab – seine Ketsch war gekentert.
https://www.youtube.com/watch?time_continue=101&v=Rkkc3KhseAA
„Als ich klein war, wollte ich Pirat oder Entdecker werden. Heute bin ich im gewissen Sinne beides!“
Loick Peyron erfuhr von der Kenterung erst 12 Stunden später über Funk. Die Segler befanden sich außerhalb der Reichweite von Rettungshubschraubern und waren auf sich alleine gestellt. Peyron erinnert sich in diversen Interviews: „Ich musste 12 Stunden am Wind segeln, um zu Poupon zu gelangen. Als er dann am Horizont auftauchte, war ich erstmal „baff“. Ich hatte damit gerechnet, dass er mich auf dem Kiel seiner durchgekenterten Yacht erwartete oder dass er in der Retttungsinsel an seiner vollgelaufenen Ketsch hing. Aber dass die Yacht wie ein Jolle einfach auf der Seite lag – das war schon sehr ungewöhnlich.“
In den Wind schleppen
Auch bei der 1. Vendée Globe mussten die Boote Kenterungstests bzw. selbständiges Aufrichten nach einer Kenterung bestehen. Was bei Poupons Boot aber ganz offensichtlich nicht funktionierte. Peyron weiter: „Wir redeten lange über Funk miteinander. Poupon erwägte sogar, den Besammast zu kappen. Aber dann erinnerte ich mich an das Verhalten gekenterter Jollen und überredete Poupon zunächst zu einer sanften Methode: Ich nahm das Boot unter Segeln ganz einfach in Schlepp, zog es in den Wind in der Hoffnung, dass so der Widerstand geringer ausfallen würde.
Und tatsächlich, es klappte : nach einer gefühlten Ewigkeit kam zuerst der Mast aus dem Wasser und dann mit einem für diese Bootsgröße erstaunlichen Schwung der Rest der Yacht. Nach mehr als 24 Stunden mit den Segeln in den Wellen konnte Poupon zwar mit hängenden Flügeln, aber immerhin auf eigenem Kiel und unter Notbeseglung einen Hafen in Südafrika anlaufen!“
Was für die damalige Zeit keinesfalls selbstverständlich war und womit Loick Peyron erneut eine Vorreiterrolle einnahm: Er filmte die gesamte Rettungsaktion genauso wie weitere Erlebnisse während seiner Weltumseglung. Dabei kam ein mittlerweile als Kult gehandelter Film zustande.
Peyron spielt sich auf einer Hammond-Orgel (die hatte er tatsächlich mitgenommen!) Geburtstagsständchen, beeindruckend nah zogen treibende Eisberge vorbei („Uuu lalala! Und direkt voraus noch einer“), das Kap Hoorn, der Atlantik, lockere Video-Sequenzen, wie er mal eben zur ersten Saling aufsteigt und zwischendurch das Schiff von Abfall befreit, indem er denselben einfach verbrennt! Schließlich kurz vor der Ziellinie dann doch ein leicht resignierter Gesichtsausdruck: „Et oui, weil wir schlecht segelten, werden wir nicht Erster!“ Nun gut, Zweiter mit 30 Stunden Abstand ist nach 110 Regattatagen auch nicht so schlecht. Und mit der Rettung von Philippe Poupon war ihm zumindest bei seinen Landsleuten ewiger Ruhm gesichert.
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