Nur einer kommt durch. Die 49er Männer und Frauen beginnen mit der WM in Auckland mit ihrer spannenden Olympia-Qualifikation. Bei der Vorregatta zeigte sich ihre Form. Im Nacra17 gab es einen überraschenden Wechsel an der Pinne.
Es ist immer so eine Sache mit längeren Vorregatten oder kurzen Practice Races vor einer Haupt-Veranstaltung. Sie können wichtig sein, um sich vor auf das Revier vorzubereiten und die eigene Form zu testen, aber es besteht die Gefahr, sich auszupowern oder den Fokus zu verlieren. Manche glauben gar an ein schlechtes Omen, wenn man bei der Generalprobe zu gut segelt.
Die deutschen Teams scheinen bei den Oceania Championships der 49er, 49er FX und Nacra17 in Auckland knapp eine Woche vor der Weltmeisterschaft ein gutes Mittelmaß gefunden zu haben. Nadelstiche setzen, mit guten Einzelergebnissen glänzen, zeigen, dass man da ist, aber ansonsten locker bleiben.
Knapp acht Monate vor den Olympischen Spielen im japanischen Enoshima geht es bei der WM schon ums Ganze für die drei Klassen der Schnellsegler, die sich für die Vermarktung und Organisation ihrer Veranstaltungen zusammengetan haben. Das Gros der nach der WM 2018 verbliebenen Olympia-Nationenplätze wird vergeben – vier im 49er, sechs im 49erFX und fünf im Nacra17.
Start der Olympia-Qualifikation
Das ist besonders für die deutschen Segler wichtig, da die Frauen im 49erFX und die Narca17-Mixed-Teams Deutschland noch nicht für Japan qualifiziert haben. Für die 49er-Männer dagegen startet vor Auckland die interne Qualifikation. Tim Fischer und Fabian Graf hatten 2018 mit WM-Bronze für Sicherheit gesorgt und den deutschen Startplatz geholt. Aber wer schließlich in Enoshima startet, entscheidet sich erst nach einer Quali-Serie.
Sie beginnt bei der WM in Auckland, setzt sich bei der WM Anfang Februar im australischen Geelong fort und schließt Ende März bei der Princes Sofia Trophy in Mallorca ab. Eine Punktwertung, in die nur Top-20-Plätze der Gesamtlisten eingehen, entscheidet schließlich über das Olympia-Ticket.
Allerdings muss in dieser DSV-Wertung auch noch das Kriterium der vom DOSB geforderten sogenannten Endkampfchance erfüllt werden. Es reicht nicht aus, nur das beste deutsche Boot zu sein. Der potenzielle Olympia-Starter muss sich in der internen DSV-Wertung nach den drei Regatten auch unter den besten zehn Nationen platzieren.
Sechs deutsche Männer-Crews
Deshalb wird es in Auckland nun besonders spannend in der 49er-Klasse. Gleich sechs deutsche Boote starten im Feld der 92 Skiffs mit der deutschen Flagge im Segel. Dabei sind mindestens drei Teams in der Lage, um die Medaillen zu segeln.
Bei den Oceania Championships waren Fischer/Graf die beste deutsche Crew auf Rang zehn mit vier dritten Plätzen in der Serie. Heil/Plößel als 16. ließen mit drei Top drei Plätzen ihr Können aufblitzen, Schmidt/Böhme konnten als 21. einen von den neun Läufen gewinnen.
Es siegten die Österreicher Bildstein/Hussel, die ebenso wie das spanische Team auf Rang zwei noch nicht für Oympia qualifiziert sind. Burling/Tuke haben offenbar neben den intensiven Trainingsfahrten mit dem neuen AC75 Cupper ausreichend Zeit für das Skiff-Training bekommen. Sie zeigten sich schon mal auf Rang drei der Flotte.
Die Bilanz der Österreicher:
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Im 49er FX vermitteln Tina Lutz und Susann Beucke den Eindruck, dass sie nach einigen Anlaufschwierigkeiten in der Saison 2019 nun kurz vor dem Höhepunkt bestens in Form sind. Mit Rang vier präsentierten sie sich einmal wieder in der Weltspitze.
Auch Victoria Jurczok und Anika Lorenz segelten stark und solide in den Top fünf, ließen nach einem Frühstart aber die letzten Rennen aus. Das wird ein heißes Duell zwischen beiden Crews. Für sie geht es neben dem Nationenplatz eben auch schon darum, vor dem Gegner zu sein.
Da haben es die Nacras einfacher. Ihre interne Quali beginnt erst bei der WM im Februar. Sie dürfen sich allein auf die Nationenqualifikation konzentrieren und müssen noch nicht aufeinander acht geben.
Allerdings scheint das nicht besonders schwierig. Im Feld der Oceania Championships hätte der 30. Platz gereicht, um sich unter den fünf noch nicht mit einer Fahrkarte ausgestatteten Nationen zu platzieren. Paul Kohlhoff und Alicia Stuhlemmer schafften das mit einer soliden Serie als Zwölfte locker. Rang drei im letzten Rennen macht sogar Hoffnung auf mehr.
Auch das zweite deutsche Boot hätte es mit Platz 27 geschafft. Dort steht an der Seite von Carolina Werner aber nicht wie gewohnt Johannes Polgar im Trapez, sondern Jan Hauke Erichsen.
Polgar sitzt verletzt in Berlin. Beim Nacra17-Segeln erlitt der 42-jährige Olympionike (Tornado 2008) eine Innenband-Verletzung, die operiert werden musste. Er hielt sich beim abrupten Abtauchen und Bremsen des Foilers in den Fußschlaufen und überlastete dabei das Knie – eine Gefahr der schon häufig Nacra-Segler zum Opfer gefallen sind, zuletzt auch der Österreicher Thomas Zajac. Hier seine Geschichte:
Während Zajac (34) offenbar rechtzeitig zur WM wieder fit ist und mit Partnerin Barbara Matz bei den Oceania Championships mit Rang drei glänzte, muss sich Polgar gedulden. Er sagte den Einsatz in Neuseeland ab, nachdem bei den ersten Trainings in Kiel wieder Schmerzen aufgetreten waren. „Da ist wohl was überreizt“, sagt Polgar gegenüber SR. „Ich konnte mich auf dem Trampolin nicht mehr gut hinknien. Das tat zu weh.“ Er musste die WM absagen.
Vater geworden
Glück im Unglück: Er konnte seiner Frau Kathrin (geb. Kadelbach, 470er Olympionikin 2012) bei der Geburt des gemeinsamen Kindes Ende September in Berlin beistehen. Nun konzentriert er sich darauf, wieder voll einsatzfähig zu werden, um bei der ersten internen Nacra17-Qualifikation zu bestehen bei der WM Anfang Februar in Australien.“Ich tue, was ich kann, aber alles ist offen.“
„Es fehlt schon noch etwas zur Weltspitze“, gibt der zweimalige WM-Vierte im Tornado und Europameister im Starboot (2010) zu. Besonders die Materialauswahl sei eine Wissenschaft für sich.
Beim Nacra darf wie beim 49er nur Onedesign Material von einem Hersteller benutzt werden. Die Segel, Tragflächen und Masten weisen aber Unterschiede auf. Bei den Foils seien Differenzen von bis zu 600 Gramm aufgetreten. Daraus ergeben sich massive Festigkeitvarianzen, die den Speed beeinflussen.
Dabei dürfen die Segler vor dem Kauf nicht messen oder wiegen, ob das Material ihren Vorgaben entspricht. „Man kauft eine Wundertüte“, sagt Polgar und hoffe dann, dass es passt. Italiener oder Australier würden bis zu 20 Großsegel erwerben und sich dann die besten aussuchen.
Erfahrung beim Kite Foilen
Zuletzt habe man mit Coach Andrew Landenberger aber gute Fortschritte beim Material gemacht. Und es kann jetzt auch bei der WM getestet werden. Denn Jan Hauke Erichsen ist für Polgar an der Pinne eingesprungen.
Der Bundesliga-Steuermann des Flensburger Segel-Clubs hat schon eine Olympia-Kampagne für 2016 im Nacra absolviert und auch Erfahrung nach der Umrüstung zum Foiler gesammelt. Er konzentriert sich aber jetzt auf das Kite-Foilen, die Olympische Disziplin 2024.
Aber der spontane Einsatz passt ihm gut. Auch weil Freundin Nicola Boniface in der Nähe ist. Die Britin gewann sogar die Oceania Championships an der Seite von Ben Saxton und gehört damit auch zu den Top-Favoriten bei der WM.
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