Boris Herrmann: Ocean Race als Vendée-Globe-Training – Plattbug vom Hugo Boss Designer

"Vendée Globe bleibt Priorität"

Boris Herrmann hat nach Bekanntgabe seiner neuen Pläne, weitere Details folgen lassen. Sein Boot, das er mit dem Konstruktionsbüro VPLP für The Ocean Race und Vendée Globe entwirft, soll sich signifikant etwa von Hugo Boss unterscheiden.

Boris Herrmann © Bernard Le Bars/Alea

Boris Herrmann hat im Interview mit der französischen Zeitung Ouest France weitere Details zum Verlauf seiner neuen Kampagne erklärt.

Er sagt…

…über The Ocean Race

Das Rennen mit Crew um die Welt ist seit dem Sieg von Illbruck 2002 in Deutschland eigentlich deutlich bekannter als die Vendée Globe. Seit die Regeländerung vor zwei Jahren einen Start mit demselben Boot bei beiden Rennen möglich machte, hat Herrmann mit den Partnern über den Start nachgedacht. Zuerst war geplant, das Rennen mit der inzwischen verkauften IMOCA zu bestreiten. Durch die Verschiebung konnte nach der Vendée Globe aber die Entscheidung fallen, ein neues Boot für beide Regatten zu bauen.

…über die neuen Sponsoren

Zu den vier Partnern, die Herrmann die Vendée-Globe ermöglicht haben, sind zwei neue große dazugekommen. Die Versicherungsgesellschaft Zurich und Schütz, ein deutsches Unternehmen, das Verbundwerkstoffe herstellt. Es beliefert bereits einige der wichtigsten IMOCA-Werften, wie Multiplast und CDK. Spezialität ist die Produktion von Leichtbau-Wabenstrukturen, die schon in IMOCAs und den schnellsten Multihulls verarbeitet werden.

…zum neuen Budget und der Konstruktion

Das Team ist finanziell deutlich stabiler aufgestellt. Kurz vor der Vendée Globe ging es zwar auch schon los, aber davor war es ein ziemlicher Kampf. Nun ist es sogar möglich, ein eigenes Konstruktionsteam zu unterhalten. Fünf Leute sind in Vollzeit beschäftigt. Sie arbeiten mit dem Konstrukteuersbüro VPLP zusammen, das etwa für die Linien von Charal und Hugo Boss verantwortlich war. Operationsbasis ist Lorient. Während der Bauzeit für die nächsten zwölf Monate sollen Büros in Vannes nahe dem Standort der Werft Multiplast bezogen werden, wo auch VPLP ansässig ist.

… zur Wahl von VPLP

Zu VPLP 8Van Peteghem Lauriot-Prévost) besteht seit vier Jahren eine enge Arbeitsbeziehung seit bei Malizia die Strukturen verstärkt werden mussten, um die neuen großen Foils einzubauen. Charal und Hugo Boss sind sehr gute Boote. VPLP ist für Herrmann das am besten strukturierte Designbüro. Auch die Nachbarschaft der Multiplast-Werft (Porträt), bei der das neue Schiff gebaut werden soll, spricht für die erneute Partnerschaft.

…über die Linien des neuen IMOCA

Das Boot soll eine Scow mit abgerundetem Bug und einer eher geschwungenen, bananenförmigen Kiellinie werden – also signifikant anders als Hugo Boss und Charal. Es soll besser bei den hohen Southern Ocean Brechern funktionieren und weniger in die Wellenrücken knallen. Ziel ist es, bei der Vendée Globe im Südmeer höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten zu erreichen. Das hat absolute Priorität. Zuletzt stoppte das Boot etwa alle drei Minuten massiv ab. Durchschnittsgeschwindigkeiten im Süden lagen bei knapp 20 Knoten und über 24 Stunden bei etwa 500 Meilen. Wenn die Bremseffekte gemindert werden sind aber fast 600 Meilen möglich. Aber es geht immer um Kompromisse. Vielleicht bleibt ein wenig Amwind-Potenzial auf der Strecke.

…zum Start mit demselben Boot bei zwei sehr unterschiedlichen Rennen

Die unterschiedliche Crewgröße spielt etwa für die Gestaltung des Cockpits des neuen Bootes keine entscheidende Rolle. Cockpit und Kajüte sollen ein Raum sein. „Ein bisschen wie bei Hugo Boss aber mit mehr Rundumsicht, Platz und einem richtigen Bett.“ Das ist auch ideal für das Segeln mit einer Crew beim Ocean Race. „Für mich gibt es bei diesem Aspekt also kein unterschiedliches Design für diese beiden Rennen“.

Wenn es so wäre, hat die Vendée Globe klare Priorität. Dafür soll das ideale Boot entworfen werden. Es werden bei der Konfiguration keine Zugeständnisse an das Crewrennen gemacht, das etwa höhere Amwind-Anteile aufweist. Das Ocean Race ist der beste Trainingsplatz für die Vendée Globe.

Dazu tragen auch die Anpassungen der Ocean Race-Regeln bei. Die Crew wurde von fünf auf vier verkleinert und nun ist auch die volle Funktion der Autopiloten erlaubt. „Wir müssen nicht mehr ständig steuern.“ So können viele Dinge für die Vendée Globe getestet werden.

…über die geplante Crew-Konstellation

Wegen der Dauer des Rennens über neun Monate wird ein größerer Pool von Seglern zum Einsatz kommen, die sich jeweils abwechseln. Es wird eine internationale Crew sein mit Herrmann als wohl einzigem Deutschen. Dabei wird er nicht alle Etappen segeln. Auch „frisches Blut“ aus unterschiedlichen Segelkulturen steht auf der Liste. Dazu zwei oder drei Frauen, die sich abwechseln werden. Viel Zeit zum Trainieren bleibt nicht. Denn das neue Schiff soll erst zwei Monate vor dem Start im Oktober 2022 fertig sein.

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Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

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