Binnentörn in Brandenburg: Unterwegs auf der Havel zwischen Potsdam und Plaue

Von Weite und Freiheit

Die Namen von Tom Saywer und Huckleberry Finn schmücken viele Hausboote auf der Havel. Sie ist zwar nicht der Mississippi, aber trotzdem gut für Auszeit und Abenteuer

Glücklich, wer ein Schwertboot hat: Flexibler Tiefgang erhöht den Aktionsradius

Glücklich, wer ein Schwertboot hat: Flexibler Tiefgang erhöht den Aktionsradius © Jan Maas

Urlaub zu Hause, die zweite. In diesem Jahr fehlt die Zeit, das Boot auf die Ostsee zu bringen und zurückzuholen. Also wieder Brandenburg, diesmal westlich von Berlin. Das bedeutet: Ferien auf der Havel.

Schon auf dem Berliner Stadtgebiet bildet die Havel Seen und Ausbuchtungen. Deren Kette setzt sich über Potsdam und Werder fort. Nördlich von Plaue wird der Fluss schmaler und die Seen spärlicher. An Häfen herrscht kein Mangel, aber dazwischen liegen viele freie Strecken und Flöße und Boote verteilen sich einigermaßen.

Zwei Wege zur Havel

Vom Liegeplatz im Osten Berlins führen zwei Wege zur Havel: Die Spree durch die Innenstadt und der Teltowkanal im Süden. Wir entscheiden uns für letzteren und erleben wider Erwarten dort schon das erste Abenteuer.

Bei Elwis eingetragene Sportbootliegestellen existieren nicht mehr; dafür gibt es Häfen, die nicht vermerkt sind, aber voll. Wir wundern uns. Am Ende machen wir nach Betriebsschluss im Wartebereich der Schleuse Kleinmachnow fest und warten auf die erste Schleusung am nächsten Morgen.

Hotspot Unterhavel  

So früh wollten wir im Urlaub eigentlich nicht aufstehen… Aber es hilft ja nichts. Bevor wir uns in Richtung Brandenburg aufmachen, biegen wir nach rechts ab in den Griebnitzkanal zum Wannsee.

Wer nicht gerade sonntags auf der Unterhavel segelt, findet Platz und Ruhe

Wer nicht gerade sonntags auf der Unterhavel segelt, findet Platz und Ruhe © Jan Maas

Der Abschnitt zwischen Wannsee und Spandau zählt zu den beliebten Naherholungszielen der Hauptstadt und am Sonntag ist besonders viel los. Wir legen eine Badepause in der Lieper Bucht ein, und als die Tagesausflügler langsam den Rückweg antreten, machen wir uns auf den Weg Richtung Potsdam.

Die Ruhe liegt nah

Dort befindet sich in der Meierei am Jungfernsee eine Brauerei mit Biergarten und Restaurant, wo wir einkehren wollen. Wieder wundern wir uns, denn obwohl sie nicht eingetragen ist, befindet sich eine Bucht weiter eine Sportbootliegestelle, wo wir festmachen.

Ein Bier später und ein paar Meter weiter beginnt dann schon die Ruhe: Die Berufsschifffahrt nutzt ab Jungfernsee Richtung Westen den Sacrow-Paretzer Kanal – auf dem Lehnitzsee und dem Krampnitzsee dagegen herrscht Nachtfahrverbot.

Aufregendes Ankern

Der Tag endet mit einem Gewitter, und der nächste Tag beginnt mit einem. In einer Böe slippt der Anker und bleibt an etwas hängen, das wir später als alte Rohrleitung identifizieren.

Der Lehnitzsee in Potsdam gewinnt durch ein Nachtfahrverbot

Der Lehnitzsee in Potsdam gewinnt durch ein Nachtfahrverbot © Jan Maas

Nachdem wir uns beim Tauchen Hände und Füße an den Muscheln aufgeschnitten haben, gelingt es uns schließlich unter Motor, den Anker freizubekommen. Merke: Auch in idyllischen Binnenrevieren immer Arbeitshandschuhe an Bord haben. Mit dem geretteten Anker machen wir uns auf die weitere Reise.

Auf der Potsdamer Havel 

Sportboote können anstelle des Sacrow-Paretzer Kanals die Potsdamer Havel nutzen. Dieser Weg führt vorbei an der Heilandskirche und mit Blick auf das Schloss auf der Pfaueninsel unter der geschichtsträchtigen Glienicker Brücke hindurch.

Der Tiefe See sowie die Neue Fahrt liegen nah am Potsdamer Zentrum – falls man einen Abstecher in die Stadt machen möchte. Wir fahren aber lieber weiter auf den Templiner See, schon deutlich grüner, bevor der Schwielowsee den südlichen Scheitelpunkt der Potsdamer Havel markiert.

Wassersportzentrum Werder

Der Durchgangsverkehr spielt sich im Norden des Sees ab. Im Süden dagegen liegen nur vereinzelt Flöße und Hausboote am Ufer, wenige Sportboote sind unterwegs. Später zeigt nur der Lichtschein am nordöstlichen Nachthimmel die Nähe der Großstädte.

Die Altstadt von Werder liegt auf einer Insel in der Havel

Die Altstadt von Werder liegt auf einer Insel in der Havel © Jan Maas

Am nächsten Morgen haben wir wieder einmal Spaß mit einer Sportbootliegestelle: angeblich befindet sich eine vor der Baumgartenbrücke – Fehlanzeige. Es geht weiter vorbei an Werder. Die sehenswerte Altstadt des Städtchens befindet sich auf einer Insel in der Havel.

Paradies Flusshavel

Werder ist außerdem ein Wassersportzentrum mit Marinas, Floßstationen und Werften. Fischer Berner am Großen Zernsee lockt mit einem Anleger und einer Fischsuppe mit lokalem Fisch. Nördlich beginnt die Flusshavel.

Bis zur Einmündung des Sacrow-Paretzer Kanals gibt es darauf keine Berufsschifffahrt bis auf Ausflugsdampfer. Ankerbuchten verschiedener Größen verteilen sich an beiden Ufern. Wir liegen unter einem weiten Himmel hinter Pappeln und Erlen. Allein sind wir nicht, aber die Boote und Flöße verteilen sich.

Auwaldreste und Altarme

Die Gegend ist jetzt dünner besiedelt und die Natur hat mehr Raum. Große Trupps von Gänsen schnattern auf den Wasserflächen und im Schilf lauert ein Silberreiher. Am nächsten Tag geht es weiter, vorbei an dem alten Örtchen Ketzin.

Die Altarme der Flusshavel sind eine Reise wert

Die Altarme der Flusshavel sind eine Reise wert © Jan Maas

Ab hier wird es erst richtig spannend. Bis Brandenburg mäandert die Havel durch Auwaldreste. Die künstliche Fahrrinne für die Berufsschifffahrt verläuft in der Mitte und lässt Flussinseln entstehen. Die Altarme sind flach und verkrautet, aber mit wenig Tiefgang gut zu befahren.

Wie Tom Sawyer

Man kann dort in kleinen Ausbuchtungen liegen oder an kleinen Strandabschnitten. Von den Berufsschiffen hört man höchstens etwas Getucker. Ab und zu kommt jemand auf einem SUP oder mit einem Kajak vorbei. Am nächsten Morgen beobachten wir zwei Eisvögel bei der Jagd.

Im Grunde könnte man Tage nur auf dem Abschnitt zwischen Ketzin und Brandenburg verbringen, von Flussinsel zu Flussinsel verholen und sich frei wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn fühlen. Nur ab und zu will ein Betretungsverbot beachtet werden.

Die Kanäle von Brandenburg

Brandenburg an der Havel lässt sich auf zwei Wegen durchqueren. Die Berufsschifffahrt nimmt den Silokanal im Norden. Sportboote mit geringer Durchfahrtshöhe und wenig Tiefgang können den Stadtkanal befahren.

Die ersten Schleusen von Berlin aus befinden sich in Brandenburg an der Havel

Die ersten Schleusen von Berlin aus befinden sich in Brandenburg an der Havel © Jan Maas

Westlich von Brandenburg liegt dann wieder eine größere zusammenhängende Wasserfläche aus Breitlingsee, Plauer See und Möserscher See. An den Inseln und Halbinseln dazwischen finden sich viele geschützte Ecken. Wir legen uns in eine Bucht an der Insel Kiehnwerder.

Untiefen im Plauer See

Am nächsten Tag steuern wir Plaue an. Die Karten warnen zu Recht vor Untiefen im Plauer See. Wer nicht ortskundig ist, sollte sich auf alle Fälle an die Tonnen halten. Wir stecken mehrfach fest und beobachten immer wieder Wassersportler, denen es auch so geht.

Aber der Weg nach Plaue lohnt sich: die eingetragene Sportbootliegestelle existiert tatsächlich – und erlaubt uns einen Spaziergang zum renovierungsbedürftigen Schloss und zum Fischer Betge im Ortsteil Margaretenhof am gegenüberliegenden Ufer.

Sterne gucken in Brandenburg

Die Berufsschiffahrt fährt bei Plaue weiter Richtung Westen auf den Wendsee und ab dort auf dem Elbe-Havel-Kanal. Die Havel führt weiter nach Norden, bis sie bei Havelberg in die Elbe mündet.

Auszeit vor der Haustür – auf der Havel zwischen Ketzin und Brandenburg

Auszeit vor der Haustür – auf der Havel zwischen Ketzin und Brandenburg @ Jan Maas

Bei Pritzerbe beginnt der Sternenpark Westhavelland, eine der dunkelsten Regionen Deutschlands. Aber auch vorher schon lässt sich der Nachthimmel hervorragend beobachten. Zu beiden Seiten liegen noch einige Seen. Manche davon sind gesperrt, zum Teil lohnen sich Abstecher, zum Beispiel auf dem Hohennauener See.

Weite und Freiheit 

Wir kehren allerdings um, weil die Woche zu Ende geht. Vom Plauer See aus geht es weiter auf den Möserschen See, der sogar noch mehr Untiefen zu bieten hat. Am Ende fahren wir auf der südlich gelegenen Insel Kälberwerder ans Ufer. Am nächsten Tag machen wir – fürs Erste – wieder in Brandenburg fest.

Was bleibt? Die Havel ist ein absolut lohnendes Ziel für einen Urlaub zu Hause. Das haben zwar auch schon andere entdeckt, aber zwischen den Brennpunkten auf der Route bleibt genug Raum, um Weite und Freiheit zu erfahren.

2 Kommentare zu „Binnentörn in Brandenburg: Unterwegs auf der Havel zwischen Potsdam und Plaue“

  1. Detlev Urban sagt:

    Hallo, das ist ein echt schöner Bericht, der Lust auf das Revier macht! Interessant wäre es noch zu wissen, wie häufig ihr unter Segeln unterwegs wart, welcher Tiefgang noch ok ist und ob ihr wegen Brücken häufig den Mast legen musstet.
    Liebe Grüße, Chrissi (Detlevs Frau)

    • Jan Maas sagt:

      Hallo!
      Danke für das Feedback!
      Was die Zeit unter Segeln angeht: Wenn man die Tour von West nach Ost macht, hat man mehr Chance auf raume Kurse, was sich gerade auf der Flußhavel zwischen Brandenburg/Havel und Werder auszahlt. Auf den schmalen Abschnitten zu kreuzen lohnt sich selten. Auf den Seen kann man eigentlich immer segeln.
      Auf den Seen zwischen Brandenburg/Havel und Plaue gibt es viele flache Stellen, da ist man mit einem Jollenkreuzer oder Kielschwerter gut beraten.
      Zwischen Brandenburg/Havel und Werder kann man fast 40 Kilometer segeln, ohne den Mast legen zu müssen. Abgesehen davon kommt das natürlich schon vor. Ich glaube, wir haben in der Woche vier Mal gelegt und gestellt. Danach habe ich mir eine Mastlegevorrichtung zugelegt…
      Beste Grüße
      Jan

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert