Knarrblog: DK Sommertörn Middelfart – Julesminde

Eulen, die Außenseiter des Fahrtensegelns

Wir sind Eulen, keine Nachtigallen. Das heißt, wir mögen es, lange wach zu bleiben. Und lange zu schlafen. Gestern sind wir in Middelfart um zwei Uhr duschen gegangen. Man muss nicht anstehen und hat seine Ruhe. Ein wenig bescheuert, dieses antizyklische Verhalten. Aber für uns hat es viel mit Urlaub zu tun. Und die Kinder haben es schon adaptiert.

Problematisch an diesem Rhythmus ist, dass es ganz und garnicht nicht in die Welt des Fahrtensegelns passt. Wenn wir unsere Luken öffnen, und dann die des Schiffes, ist der Hafen oft schon leer.

Oder die Rush-Hour hat gerade begonnen. Motoren heulen auf, laute Stimmen rufen über den Hafen, Kunststoff schubbert an Holzpfählen, Fender quietschen. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetzt zu geben. Wer bis zehn die Bugleine nicht fiert, verliert!

Natürlich kann man sagen: sollen sie doch. Wir machen unser eigenes Ding, unsere eigene Zeitplanung. Aber diese Einstellung wird problematisch, sobald man im Päckchen liegt. Dann kommt man mit Ignoranz nicht weit.

Denn meistens will der Innere zuerst los. Klar, denn er ist ja auch als erster gekommen. Der Innenlieger kann einem so richtig schön den Tag versauen, wenn er einen falschen, frechen, fatalen Ton anschlägt.

Wenn er höflich entspannt ist, macht er sich erst so gegen neun mit betont laut klapperndem Geschirr bemerkbar. Er hat schon um acht geduscht und ist unerträglich fröhlich vom Brötchenholen gekommen. Unsereins trifft ihn nur an Land, wenn die Blase drückt und man mit verquollenen Augen ziemlich unrund zum Hafenklo tapert.

Man zuckt unter dem euphorisch geschmetterten „Moin, Moin“ zusammen und brummt widerwillig bewusst unverständlich etwas, dass „ihnen auch“ heißen könnte aber dem „du mich auch“ phonetisch verdächtig artverwandt ist.

Er ist froh, dass man auch schon so früh auf ist. Er weiß ja nicht, dass man sich mit leerer Blase umso gemütlicher wieder in die Koje mummeln kann. Aber der Innenlieger merkt irgendwann, dass sich auf dem Nachbarschiff nichts tut. Er läuft stampfend auf seinem Schiff vor und zurück. Überprüft völlig sinnlos die Leinen, zuppelt an der Fockschot und baut die Kaffekanne genau in Windrichtung auf.

Alles soll heißen: Lieber Nachbar, ich möchte bald los. Man kann das heftige Zaunpfahl-Gewinke eine Zeitlang ignorieren. Aber gegen zwölf wird der Druck unerträglich. Dann beugt man sich aus der Kajüte und fragt unschuldig: Wann wollen Sie eigentlich heute los?

Es wird ein Schlachtplan entwickelt, wie man sein Schiff innen heraus bugsiert, ohne dass man selber den Motor anwerfen muss. Das Manöver wird dann von allen Beteiligten außer dem Innenlieger in Unterhose oder Schlafanzug absolviert, damit er ein richtig schlechtes Gewissen bekommt. Danach ist man aber so wach, dass man sich nicht mehr hinlegen kann.

Ich habe das Gefühl, die Spezies der Innenlieger wird jedes Jahr größer. Das mag mit der Überalterung der Fahrtenseglerschaft zusammenhängen und mit dem Phänomen der senilen Bettflucht.

Aber wir werden uns nicht kleinkriegen lassen und den Nachtigallen freiwillig das Feld räumen. Nach diesem Urlaub werde wir vielleicht ein paar Innenlieger mehr zum Eulen-Dasein gezwungen haben.

In Julesminde haben wir allerdings geschwächelt. Schon beim Einlaufen gegen 17 Uhr war in diesem Mega Hafen zwar schon mit Nachtigallen überfüllt und scheinbar nur noch Päckchen-Liegeplätze zu bekommen.

Aber diesmal gaben wir dann doch einem kreativ-Parkplatz mit eigenem Zugang zum Steg den Vorzug. Das ist dann doch irgendwie entspannter. Vielleicht sollten wir auch mal früher lossegeln.

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

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