Eissegeln: Warum die Masten der DN-Schlitten so extrem biegen

Auf Biegen und Brechen

Es sieht krank aus. Es tut geradezu weh. Aber es ist schnell. Wenn Eissegler um die Wette segeln, biegen die Masten so ungewöhnlich, dass man meinen könnte, das Rohr bricht jeden Moment. Was hat es damit auf sich? Was wollen die Speed-Piloten erreichen?

Schließlich ist die Biegung in der Mitte des Mastes genau das, was man bei einem herkömmlichen Segelboot vermeiden möchte, weil sich das Profil verzieht. Manfred Schreiber, einer der besten und erfahrensten deutschen Eissegel erklärt das Phänomen für SegelReporter.

Kranke Mastbiegung? Beim Eissegeln ist es schnell. © Ake Luks

„Es geht um zweierlei. Wenn man die Schlitten mit den gebogenen Masten direkt von vorne sehen würde, wären Mast und Segel ein schmaler Strich. Der Widerstand ist extrem gering. Und darum geht es. It is all about drag!

Bei den hohen Geschwindigkeiten hat man an der Kreuz schnell mal 80 km/h Wind an Deck. Da will man sich gerne ein bisschen sehr klein machen um den Widerstand zu verringern.

Wenn man die Segel auf herkömmliche Weise im Achterliek auftwisten würde, um überflüssigen Druck abzulassen, würde das Profil von vorne gesehen in seiner Gesamtheit viel breiter. Und dadurch ergibt sich ein größerer Widerstand.

Das Bild von dem schwedischen Segler Tomas Carlsson oben zeigt noch ein anderes, wichtiges Trimmelement. Der DN ist nur mit einer (!) Schot ohne sonstige Trimmleinen ausgestatteten.

Der Kohlefaser-Mast hilft mit der vorwärts/rückwärts Biegung, das Profil an der breiten Stelle aus dem „altmodischen“ dreieckigen Segel (60 Jahre alte Konstruktionsklasse, Boxrule) rauszuziehen. Dadurch erreicht man ebenfalls ein der Geschwindigkeit angepasstes, flaches Profil mit einem geringen Widerstand.

Ein tiefes, bauchiges Profil wird nur beim Anfahren aus dem Start benötigt. Und natürlich wenn der Untergrund schwer ist, also Schnee oder sehr weiches Eis oder Grütze äääh…Harsch, der schwer zu durchfahren ist. Das Eis ist eben jeden Tag anders.

Manfred Schreiber mit seinem DN-Schlitten. Eine Böe wird von dem flexiblen Mast kompensiert und verhindert das Aufsteigen der Luv-Kufe. © Ake Luks

Dieses Foto, welches für ein schwedisches Training gemacht wurde, weist darauf hin, dass die einfallende Böe zunächst von der Biegung des Mastes aufgefangen wird. Es kommt dadurch nicht zu den unangenehmen „Steigern“ wie früher mit den Alumasten. Man möchte immer mit allen drei Kufen auf dem Eis bleiben.

Die Böe wird direkt  in Vortrieb umgesetzt. Gleichzeitig verringert sich mit zunehmendem Winddruck/Fahrt/Geschwindigkeit auch wieder der Frontwiderstand.

Flügel-Motten werden übrigens auch mit extrem geringem Frontwiderstand am Wind gesegelt. Da gibt es Baumniederholer mit einer 1:32 Übersetzung um Druck auf das Achterliek zu bringen. Das schafft man mit der normalen 1:3 Schot nicht. Vor dem Wind wird dann der Niederholer etwas gelöst, um Tiefe machen zu können und um etwas Druck loszuwerden. Sonst kapriolt man über den Kurs.“

 

2 Kommentare zu „Eissegeln: Warum die Masten der DN-Schlitten so extrem biegen“

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