Welche Tablet PCs eignen sich eigentlich für den Gebrauch auf dem Boot? Und welches Zubehör braucht man?
Es ist nicht allzu lange her, als man in der Fachpresse noch las, dass sich Tablet-PCs für eine „ernsthafte“ Navigation nicht eignen. Sobald GFK, Holz, Ferrozement oder Aluminium auf dem Wasser schwimmen, ist man halt gerne mal sehr lange skeptisch. Heute liest man in fast jedem dritten Artikel einen Test über Apps.
Auch die Hardware wird gern unter die Lupe genommen und so erfährt man nun seit einiger Zeit immer wieder vieles über ausgewählte Tablet PC. Es geht auch gar nicht mehr anders, denn während hier und dort noch gezweifelt wurde, wischten sich draußen auf See schon die meisten Skipper mit Touchscreens durch die Reviere.
In den Tests finden sich meistens die üblichen Verdächtigen sowie echte Boliden wieder, dazu noch ein paar Outdoor Tablets. Ich glaube nach langer Erfahrung mit diesen Dingern an Bord jedoch, dass da zuviel Buhei gemacht wird. Denn es gibt kaum Hardware zu kaufen, die sich für die Navigation an Bord nicht eignet. Sofern die Tablets GPS besitzen, können sie das.
Worauf muss ich also achten, wenn ich mir so ein Teil für das Boot hole? Zunächst einmal darauf, wie ich es nutze: Will ich es um den Hals hängen haben? Bekommt es einen festen Platz? Wenn ja, wo stelle ich es hin? Benutze ich es als primären Plotter oder schaue ich nur ab und zu mal drauf? Und was mache ich alles damit?
Display
Die Größe des Displays hängt von der Größe des Bootes und dem Alter des Skippers ab. Je weiter das Tablet weg steht, desto besser liest sich ein großer Bildschirm ab. Und je älter der Skipper wird, desto besser liest sich ein großes Display ab.
Die Auflösung ist meines Erachtens Nebensache. HD, 4K und so weiter braucht niemand zum navigieren. Als ich noch mit Navionics unterwegs war, brachte die HD Version mir persönlich keinen Vorteil. Eine Gefahrentonne in Full HD ist nicht besser zu erkennen und ein Flach wird dadurch auch nicht tiefer. Ausserdem zieht eine hohe Auflösung mehr Saft aus dem Akku. Aber Batteriekapazität ist Nebensache, dazu komme ich im zweiten Teil.
Wichtiger ist die Helligkeit. Auf dem Boot ist die Umgebung immer hell und da muss ein Tablet schön strahlen können, damit man es stets gut ablesen kann.
Gegen übermäßige Spiegelung hilft eine matte Folie, die es für wenig Geld für nahezu jedes Gerät gibt. Manche muss man sich selbst zuschneiden.
Betriebsystem
Windows? iOs? Android? Was ist besser? Antwort: Nichts. Android und iOs liegen vorn, da es die größere Auswahl an Navi Apps gibt. Ansonsten ist es Geschmackssache – und eine Frage des Budgets.
Ich habe früher iPads gehabt, nun seit 2 Jahren Android. Sie können alle navigieren und anderen Krams anzeigen. Es gibt keine Unterschiede. Einzig auf dem iPad Mini hat bei Geschwindigkeiten unter 3 Knoten immer die Peilung verrückt gespielt und der Pfeil drehte sich dann lustig um die eigene Achse. Woran das lag, habe ich nie herausgefunden.
GPS
Ja, es gibt Unterschiede bei den GPS Modulen. Aber die sind unerheblich. Auf See stört nichts den Empfang (Außer man fährt an Damp vorbei). Das eine Gerät findet in 20 Sekunden den Fix, das Andere nach einer Minute. Das kann einem aber egal sein, denn wenn sie ihre Position einmal ermittelt haben, dann behalten sie die auch.
Wichtig ist, dass das Gerät einen GPS Empfänger eingebaut hat. iPads ohne Mobilfunkfunktion, also die WiFi Modelle, können nur mit aktiver Mobilfunkverbindung den Standort ermitteln. Alle die, die einen Simkartenslot haben, besitzen auch ein GPS Modul. Und keine Sorge – die Navigation geht auch ohne Mobilfunk oder WLAN. Das verwirrt viele.
Werbetexte bedienen sich oft eines Tricks: „Standortfunktion“ bedeutet nicht gleich GPS. Das sind meistens Geräte, die nur über Mobilfunk ihre Position ermitteln können. Man sollte also drauf achten, dass auch GPS drauf steht.
Speicherkapazität
Nichts ist besser als Speicher – außer noch mehr Speicher. Da die Tablets sehr vielfältig eingesetzt werden, sind sie schnell voll. Fotos, Musik, Filme, Handbücher, eBooks kommen oft zu den häufig sehr großen Datenmengen der digitalen Seekarten dazu. Denkt man Anfangs, 16 Gigabyte reichen, wird man schnell eines besseren belehrt: Allein die Betriebssysteme und die ganze Zwangssoftware auf den Dingern brauchen schon mehrere GB. Meines Erachtens liegt hier Android weit vorn, denn man kann sie mit Mini SD Karten erweitern und hat so 32 GB oder mehr zur Verfügung. Aber drauf achten: Programme können in den neuen Android Versionen ab 4.2 nicht dorthin verschoben werden, nur Medien und Co.
Preis
Mein früheres großes iPad hat Unsummen verschlungen, bís es zur „ernsthaften“ Navigation benutzbar wurde. Das Gerät ist teuer, die Peripherie auch. Wasserdichte Hüllen sind gut und schön, aber man kann bei den meisten nicht wasserdicht nachladen. Solche Hüllen kosten meistens richtig Geld und da nähert man sich schon mal schnell der 1000 Euro Grenze.
Nachdem ich dann Erfahrungen mit einem wirklich guten Outdoor Tablet gemacht habe, welches eine hohe Batteriekapazität hatte, sehr robust und wasserdicht war (499 Euro) bin ich nun auf einer wesentlich preiswerteren Variante gelandet. In meinem Cockpit unterm Dodger steht nun ein Lenovo A7-40 für 89 Euro (inkl JBL Kopfhörer und Samsonite Tasche) und verrichtet seinen Dienst in einem preiswerten Ortlieb Tablet Case (59 Euro). Sollte das mal kaputt oder über Bord gehen, nehme ich halt das nächste. Ich kann mir 6 Jahre lang jedes Jahr ein neues A7 kaufen, bevor ich in die Preisregion des iPad Pro komme. Und das Teil kann wirklich alles. Es hat 8 GB und mit der SD Karte kommen 32 dazu. Ein Tablet zum Preis eines Papierkartensatzes hat was.
Unter Deck liegt dann noch ein Lenovo A10-70 10 Zoll für 149 Euro. Das ist mein BackUp Gerät und darauf schaue ich Filme und lese. und das kleinere A7 hat Pause. Auch das A10 kann natürlich kann navigieren. Manchmal nutze ich es auch dafür. Beide Geräte haben die gleichen Apps dazu installiert.
Für diese Geräte habe ich mir ein wenig Zubehör angeschafft. Allerdings auch nur für etwa 150 Euro. Damit navigiere ich tagelang durch, ohne Landstrom haben zu müssen, ohne Sorge, dass es herunterfällt, ohne dass es in den Standby Modus geht und ohne Angst vor Wasser.
Dazu aber im zweiten Teil.
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