Der dritte Teil der Miniboot-Tour, die nie eine war.
Wer meinen Blog und meine Geschichte ein wenig verfolgt, weiss wie sehr ich Rasmus aus der Fassung bringen kann. Seit 2012 wartet er, bis ich los will, um dann das Wetter schlecht zu machen. Opfergaben bringen nichts. Ich habe bereits ganze Brauereien, Destillerien und Weingüter ins Wasser gekippt, aber er macht munter weiter. Scheint eine persönliche Abneigung zu sein. Kann man nichts machen. Sicher schreibt er auch immer diese Hasskommentare. Mir egal. Soll er machen.
Wie er herausgefunden hat, dass ich nun in Berlin was machen wollte, weiß ich nicht. Aber er wusste es. Tage, ach Wochen vorher war feinstes Wetter. Den ersten Sonnenbrand des Jahres habe ich mir eine Woche vorher geholt. Heiß, super Segelwind für ein übertakeltes Bananaboot, Wolken waren nur in der Erinnerung existent.
Kalte Sophie
Ihn muss wohl sehr geärgert haben, dass wir die beiden ersten Tage das beste aus der Situation rausgeholt haben und bisher eine echt tolle Zeit hatten. Deshalb hat er am Sonntag morgen nochmal ein ganz neues Fass aufgemacht und seine Angestellte losgeschickt, die man unter dem Namen „Kalte Sophie“ kennt. Sie kam direkt nach Heiligensee.
Nach dem (verkatert) Aufwachen ist es noch sonnig, aber lausig kalt. 6 Grad und 5-7 Bft. Rasmus hat es also nochmal kälter gemacht und die Windschraube aufgedreht. Sonne im Mai wärmt allerdings und das Zelt ist winddicht. An Segeln ist zwar wegen des Windes wieder nicht zu denken, aber die Banane als Motorbratze zu nutzen sollte schon drin sein.
Da für diesen Tag Dauerregen angesagt war, überrascht mich die Sonne sehr und freudig poste ich um 9:16 Uhr bei Facebook, nachdem ich mir traditionell meine Lippen an den Alutassen verbrannt hatte, folgenden, siegesgewissen Eintrag:
Etwa 20 Minuten später kommt die „Kalte Sophie“. Sie war ziemlich schnell da, was vermuten lässt, dass sie mit einem Billigflieger im nahen Tegel landete und nicht mit dem langsamen Brandenburger Bus unterwegs war. Denn kurz nach dem Sonnenkaffee sieht es so aus:
Psychologische Hilfe
Nun ist es so, dass wir in den zwei Tagen vorher gelernt haben, wie man Situationen für sich nutzt. Ich bin sowieso ein Meister darin. Und wer den Blog verfolgt, wird in den letzten Monaten öfter mal den Begriff „Rotkäppchen“ gelesen haben . Früher bezog ich das immer auf den Vorgänger der Varianta 18, heute auf ein Getränk, welches im besten Falle kalt ist. Anja trinkt kein Bier und ich bin sehr anpassungsfähig. Deshalb Rotkäppchen. Was macht man also, wenn die Kalte Sophie ihrem Namen alle Ehre macht? Es gibt Sekt auf Eis!
Danach scheint auch wieder die Sonne. Im benachbarten Anglerverein gibt es an diesem Sonntag geräucherte Forelle und ein Fest. Da man mich in Berlin nur wenig liest, bin ich sicher, dass niemand von meinen bisherigen Artikeln über Angler etwas weiß. Und so verkauft man mir auch eine leckere Forelle für 3 Euro, die wir später in der warmen Sonne – die sich mit eisigem Wind vermengt – mit einem Stück Brot verspeisen. Der Anker kommt nun auch wieder zum Einsatz, denn der Wind, den Sophie mitgebracht hat, versucht immer wieder, unseren Fisch runter zu zerren. Kleine Anker haben echt was.
Den Rest des Vormittags verbringen wir damit, entweder im Zelt die Schauer abzuwettern, das Boot auszuschöpfen, übers Ablegen nachzudenken und danach sofort wieder ins Zelt zu rennen (Schauer, oft). Die Mitglieder des FSJ im Vereinsheim müssen kurz davor gewesen sein, uns psychologische Hilfe zu holen.
Abends wollte dann Sascha auf eine Grillrunde zu Besuch kommen. Die Beantwortung der Frage, wo wir mit dem Boot sind und wo er hin kommen soll, ist schnell (und ein kleines bisschen peinlich) beantwortet. „Immer noch da“. Für ihn ist das jedoch prima, denn Berlin ist mit den Öffis immer super zu erreichen. Brandenburg wäre da schon schlimmer.
Rund eine Stunde, bevor er kommt, legen wir dennoch ab. Die Sonne scheint mal wieder durch den Eiswind und wir sind ja schließlich nicht zum campen hier, sondern zum Boot fahren. Die „Tour“ dauert nicht lange, denn am Horizont tauchen schon wieder diese grauen Ungetüme auf, an denen noch grauere Fäden runterhängen. Das sieht in etwa so aus, wie die Eingangstüren von Festcamperwohnwagen, die sich damit gegen Insekten schützen. Apropos Insekten: Hatte ich erwähnt, dass ich das „Anti Brumm Spray“ aus Gewichtsgründen in Anjas Wohnung gelassen hatte? Die Mücken fanden das toll.
50 Meter Tour
Nach dem Ablegen wieder ins Zelt. Ein paar Minuten später steht Sascha vor der Tür, in der Sonne. Also los jetzt. Schließlich will man seinem Besuch etwas bieten. Alle Mann ins Boot und ablegen. Da war es wieder – dieses seltsame Bootsgefühl. Das Luftkissen im Wasser und der Kahn eiert wie blöd. Dieses Mal war es mir egal – gehen wir halt baden. 50 m weiter- wieder nur 50 m – drehe ich ein wenig an der Pinne und schon steigen zwei „Wellen“ ins „Vorschiff“ ein. Ergebnis: Sascha klitschnass, im Boot 10 Liter Wasser. 10 Liter bedeuten: nochmal 10 Kilo schwerer. Dadurch sinkt der Freibordanteil nochmal erheblich. Wir drehen sofort um, an den Kopfsteg des Vereinshafens. In diesem Moment, als das Wasser im Boot schwappt, wurde uns klar, dass wir es niemals mit Gepäck irgendwohin geschafft hätten. Auch eine Erkenntnis.
Während nun der Alubecher wieder für seinen einzig sinnvollen Einsatz benutz wird, macht Sascha ein Bild, postet es auf Facebook. Headline: „Bestes Segelwetter. Wenn man schnell n paar Kilo abnimmt … oder Wasser mag“
Wir brechen an diesem Tag sämtliche Bootsvorhaben ab. Und planen für den nächsten Tag – der morgens sonnig und erst ab Mittag regnerisch werden soll – Sektfrühstück auf dem Wasser. Schöne Aussicht.
Der Rest des Abends endet wieder nicht traurig. Wir grillen den letzten Einweggrill weg, verbrennen die Würstchen und trinken Rotkäppchen. Sascha fährt mit der S-Bahn wieder ins Warme. Wir krabbeln ins Kalte. Denn in der Nacht frischt der Wind auf und Rasmus stellt die Windmaschine direkt vor den Zelteingang. Der Decathlon Schlafsack (bis 15°) lernt bei 2 Grad seine Grenzen kennen und zeigt sie uns deutlich auf.
Das ist auch der Grund, warum diese 4 Tage nur einen dreiteiligen Blog ergeben. Der vierte Tag besteht nämlich aus folgenden Abläufen:
- Aufwachen
- Lippen verbrennen
- Kurz rausgehen und feststellen, dass es noch windiger und uns jetzt echt kalt ist
- Sektfrühstück im Zelt
- Zelt abbauen
- Siehe Foto
Erkenntnisse der Tour, die nie eine war:
- Rasmus verliert immer gegen mich. Denn es waren 4 sehr schöne Tage.
- Je kleiner das Boot desto weniger kann man mitnehmen
- Je kleiner das Boot, desto weniger Wind kann es ab (für die Erkenntnis habe ich echt lange gebraucht)
- Ich möchte ab jetzt jedes Pfingstfest genau so wieder machen
- Ich liebe Bootfahren20
- Ich komme wieder und segle die Karre
Übrigens bin ich für ein paar Tage zurück in Hamburg. Nun sitze ich an meinem Schreibtisch, während draußen die Sonne scheint, ein 2-3er Wind das Haus umgarnt und es sehr schön warm ist.
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