Pfingsten ist vorbei. Mit den fallenden Temperaturen stiegen bei mir Erkenntnisse. Ein Dreiteiler, der anders geplant war.
„Okay, jeder eine Tasche.“ Ich hatte am vergangenen Freitag (dem 13. ) zunächst versucht, dass Anja und ich zusammen nur eine Sporttasche gemeinsam mit auf das Banana Boot nehmen. Das scheitert aber bereits, als ich meinen Krempel in den Beutel stopfe. Wenn kalte und regnerische Tage bevorstehen, muss man halt mehr warmes Zeug mitnehmen: Regenjacke, ein paar Schuhe, Handtuch, 1 Pulli, 3 T-Shirts, 1 lange Hose, 1 kurze Hose, Unterhosen, Socken, Hundefutter, Napf. Bereits beim Einpacken meiner umarmen mich leichte Gewichtszweifel. Erst recht als ich meine Sporttasche schultere und danach diesen blauen IKEA Beutel mit Zelt, Decke, Schlafsack, Matratze, Kocher und so weiter. Schwer. Alles. Nur das allernötigste. Aber auch das wiegt.
Das Wetter an diesem Tag: Kräftiger Wind, sonnig, sehr sehr warm. Vorausgesagt waren Regen, Gewitter und Kälte. Wir beiden haben viel zu wenig Klamotten dabei, um bei Einbruch der angekündigten Eisheiligen über Pfingsten einigermaßen warm zu bleiben. Aber man kann sich ja gegenseitig wärmen. Und sicher wird es eh nicht so kalt.
Also ab zum S-Bahnhof und raus zur Havel, was rund 20 Minuten Fahrt bedeutet. Plus 10 Minuten Bus.
Ich hatte in der vergangenen Woche eigentlich vor, das Boot in Ruhe fertig zu machen und komplett zu testen. Auch mit Zuladung. Bisher bin ich das Banana Boot nur gefahren, wenn zwei Leute drin saßen. Das ging gut. Allerdings liegt die maximale Zuladung bei 220 Kilo auf dem kleiner 260er. Und die erreicht man schnell. Wenn ich drauf sitze, noch schneller. Wie sich das auf das Boot auswirkt, wusste ich nicht. Die ausgiebigen Tests mussten aus diversen Gründen ausfallen. Egal – klappt schon.
Unser Plan, vom Startplatz in Heiligensee bis nach Neuruppin zu gondeln, war schon wegen des Wetterberichtes hinfällig. 100 km in 4 Tagen mit so einem kleinen Boot sind nur bei perfektem Wetter, nicht bei Gewitterfronten möglich. Also wollten wir am Freitag zunächst das Boot klar machen, ein wenig auf dem Niederneuendorfer See segeln und dann mit Motor den Kanal bis zur etwa 10 Km entfernt gelegenen Havelbaude zu fahren, wo man campen kann. Zeit dafür hatten wir genug, denn wir kommen um 12 Uhr bereits am Starthafen des FSJ an.
Ich kenne aus eigener Erfahrung, dass die meisten Boote immer überladen sind. 100 Kilo mehr oder weniger sind bei 30 Fuß höchstens in der Performance zu spüren, nicht aber in der Schwimmfähigkeit. Bei DIGGERCHEN sieht das etwas anders aus. Wenn man das erste Mal das ganze Gepäck neben dem Boot sieht, fällt nicht nur auf, wie viel Gepäck es ist, sondern vor allem: Wie scheiße klein dieses Boot wird.
Zuversicht ist eine gute Sache. Ich war sehr zuversichtlich, dass es dennoch prima funktionieren wird. Trotz Freitag dem 13.
Um das auszuprobieren, planen wir zunächst eine Probefahrt mit voller Beladung unter dem Torqeedo Motor. Und nun schlägt Freitag der 13. zu. Ich hatte das Boot in zwei Lieferungen nach Berlin gebracht. Und an nahezu alle Einzelteile gedacht: Schwerter, Mast, Segel. Motor, Akku. Sitzbretter, Pinne, Bolzen, Beschläge usw. „Nahezu“ hat in diesem Falle Folgen: Der magnetische Notstopp des Torqeedo fehlt. Das aller kleinste Teil der Ausrüstung. Ohne diesen Chip geht der Motor nicht an. Mein „FUCK“ war sicher bis Neuruppin zu hören.
Rund 15 Minuten später habe ich eine Lösung gefunden. Lars von Tactix ist Torqeedo Händler und hatte auch einen Chip da. „Komm rum. Kann ich Dir leihen.“
„Komm rum“ bedeutet in Berlin manchmal, dass es eine kleine Weltreise werden kann. Der Hamburger mag denken, dass es von Wedel nach Rothenburgsort schon weit ist. Er kennt aber Berliner Strecken nicht. Anja fand ziemlich schnell die kürzeste Verbindung von Berlin Heligensee nach Berlin Spandau Marina Lanke heraus : 1 Std. 20 Minuten. 1 S-Bahn, 2 Busse, 2 Bundesländer. Und wieder zurück.
Also los. S25 nach Henningsdorf, Bus zweihundertnochwas durch Brandenburg nach Spandau. Dort Bus Irgendwasvierunddreißig 6 Haltestellen und dann 20 Minuten zu Fuß. Busse warten oft nicht auf ihresgleichen, daher sind 20 Minuten Wartezeit auch mal drin. 2 Stunden später sind wir bei Lars. Mittlerweile ist es 16 Uhr. Anja ruft vorsorglich bei der Havelbaude an: „Wir kommen so gegen 20 Uhr, bis später!“
Kurzer Schnack mit Lars, 20 Minuten Fußweg, wieder zum Bus.. ach lassen wir das: Kurz nach 19:30 Uhr sind wir Hafen zurück. 20 Uhr Havelbaude klappte da bereits nicht mehr.
Egal – also allein rein ins Boot, ablegen und fahren. Die Sonne steht schon tief und der Wind frischt bis auf 6 Bft auf.
Als ich in das kleine Boot steige, fällt mir auf, dass es sich ganz anders verhält als ich das bisher kannte. Anja und Polly sitzen schon auf dem vollbepackten Kahn. Die komischen Bootsbewegungen sind kein Wunder: Das Luftkissen des Trimmhecks ist komplett unter Wasser und der Motor schiebt den tief liegenden Bug durch das Flachwasser wie ein Schneeschieber. Freibord: So zwischen 8 bis 10 cm, je nachdem ob man atmet oder nicht.
Nach 50 Metern wächst bei mir eine erste Erkenntnis: Wir sind viel zu schwer. Der Schwell eines Motorbootes (und davon fahren viele rum) reicht, um uns sofort absaufen zu lassen. Als ich mit Anja drüber rede und wir beschließen, erst mal zum Hafen zurück zu kehren um zu überlegen, was wir machen, schaue ich aufs Display des Torqeedo. Normalerweise habe ich mit dem Ding an der Banane zwischen 20-30 km Reichweite wenn ich so 3,5 – 4 km/h mache. Nun laufe ich 2,5 km/h und er zeigt mir 5 Km Reichweite an. Denn ich muss den vollen Schub geben, um überhaupt erträgliche Fahrt zu machen. Wir kommen mit der Beladung nicht mal zur Havelbaude.
Nach kurzer Enttäuschung sitzen wir auf dem kleinen Boot und lachen Tränen. Wer uns diesen Tag beobachtet hat, wird denken wir haben eine Vollmacke.
Eine Stunde später steht das Zelt auf dem Gelände des FSJ, der uns netterweise gestattet, die Nacht dort zu bleiben. Wer nun denkt, dass wir enttäuscht, traurig und frierend den Rest des Abends im Zelt verbringen, liegt völlig falsch. Nach einem Besuch beim Italiener und einem fantastischen Sonnenuntergang liegen wir lange laut lachend wach. Was für ein verrückter Tag. Was für ein lustiger Tag.
Und danke, Freitag der 13. Ohne den Verlust des Chips wären wir bei Wärme und weniger Wind sicher los gefahren. Und das hätte – so sehen wir später noch – böse Folgen haben können.
Fazit Tag 1. 50 Km in 5 Stunden. Allerdings per Bahn und Bus. Rund 50m per „Schiff“.
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