DIGGER: Selbstgespräche über Langfahrt, Teil 2

„KnowHow gibt’s nicht als PlugIn.“

Welche Fähigkeiten habe ich? Welche muss ich mir aneignen? Fragen und vermeintliche Antworten.

Technischer Fortschritt ist toll! Da kauft man sich ein 89 Euro Tablet, lädt im App Store eine Navigationssoftware runter, holt sich ein paar Karten und los geht’s vom Müggelsee nach Neuseeland. Nachts kann man beruhigt schlafen, denn das AIS wacht über andere Boote. Und der Pinnenpilot hält den Kurs, im Idealfalle sogar optimal zur Windrichtung.

Technik ist nicht alles
Technik ist nicht alles

Ich habe vor Jahren mal einen Spruch gehört, der sich damals zwar auf das Thema Filmschnitt bezog, aber auf nahazu alle anderen Bereiche adaptierbar ist: „KnowHow gibt’s nicht als PlugIn“.

Ausrüstung ist die eine Sache an Bord, die andere ist, damit umgehen zu können, zu dürfen oder notfalls auch ohne sie sicher anzukommen. Manchmal denkt man, das AIS einen sicher um die Welt bringt. Ich will aber auch ohne können.

Auf_See15Mein lieber Freund Jan Liehmann hat vor einigen Jahren mal eine Transat-Überführung einem kleinen Boot (Ösi-O-Ton: „Schaas Eimer“) über den Teich gemacht. Nach einer Weile hatten sie einen Blitzeinschlag und der Strom war futsch. Da er noch etwas Restladung auf seinem Hand GPS hatte, konnte er es einmal am Tag kurz anschalten um zu sehen, ob er noch auf Kurs ist oder statt nach Barbados nach Damp fährt. Kurze Zeit später brach dann die Windsteueranlage ab und es musste durchgehend an der Pinne gesessen werden.

Im dichten Nebel des Kattegats habe ich mal die Schwäche von AIS erkennen dürfen, denn nicht einmal die Hälfte der Boote auf dem Wasser sendete Signale. Da war AIS eher störend und ablenkend. Ständig kamen Boote aus dem Nichts, die man wortwörtlich nicht auf dem Schirm hatte.  In südlicheren Gefilden schalten Fischkutter gern mal das AIS aus, die Hugo Boss wurde trotz aktivem AIS 2008 von einem Kutter gerammt. So etwas passiert immer wieder mal. AIS ist eine Hilfe, kein Garant.

Rettungswestenpartnerlook
Rettungswestenpartnerlook

Soll heissen: Man verlässt sich manchmal viel zu sehr auf die Technik. Apps und Geräte machen einem vieles einfacher. Ich nehme mich da nicht aus, schließlich stelle ich gerne auch technische Neuheiten vor. Der Schlüssel für mich lautet: Ich muss mein eigenes BackUp System sein. Falls etwas passiert.

So werde ich mir manche Dinge noch aneignen, wie Astro-Navigation bspw. Mit dem Sextanten umgehen zu können, ist sicher nicht verkehrt. Eine Funklizenz habe ich auch nicht, die werde ich nachholen. Das Boot kenne ich zum Glück jetzt schon In- und Auswendig, die Technik an Bord werde ich zu 100% kennen lernen und wissen, wie man sie ggf. repariert.

Sicher werde ich auch diese kurzen Schlafphasen bereits im nächsten Jahr mal üben. Auch damit möchte ich umgehen können und schauen, wie das ist.

Knapp 60 Seiten Wissenssschatz
Knapp 60 Seiten Wissensschatz

Zusätzlich werde ich meine gesamte Weltumseglerliteratur noch einmal lesen, Notizen machen, erprobtes Umsetzen und versuchen, weiteres theoretisches Wissen zu erlangen. Mit dem ein oder anderen Segler werde ich mich sicher auch mal zusammen setzen und Tipps einholen. Michael Bohmann, der unsere Bente für die SEGELN  getestet hat, ist bereits mit kleinen Booten über den Teich. Er hat mir netterweise auch einen ziemlich alten, aber immer noch aktuellen YACHT-Artikel von 1983 über das Kleinboot-Einhandsegeln auf dem Atlantik geschickt. Den hatte er nach seiner Reise geschrieben. Dieser Artikel geht von Seite 29 bis 88 und beinhaltet fast 60 Seiten pures Wissen. So was ist Gold wert. An dieser Stelle noch mal Danke, Michael.

Nächster Teil (3) – Ausrüstung und Co.

Hier geht’s zu Teil 1

2 Antworten zu „DIGGER: Selbstgespräche über Langfahrt, Teil 2“

  1. mogre

    sagt:

    Falls noch Bedarf an Literatur ist, kann ich die Yachting World empfehlen. Auch online gibts da einige Artikel zum Thema Atlantiküberquerung etc., z.B. aktuell „15 things you should know when planning an Atlantic crossing“. Fand ich immer ganz interessant.

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