Anne – Sicht von Innen:
Marcus stand am Steuer, weil ein Seil der Windfahnensteuerung gerissen war. Das sollte repariert werden. Doch bevor ich rausging, wollte ich noch schnell etwas frühstücken. Am Niedergang waren die Steckschotts drin und die Luke war einen Spalt offen, damit wenigstens etwas Luft reinkam. Plötzlich stürzte durch diesen kleinen Spalt eine Ladung Wasser!
Ich war tropfnass von Kopf bis Fuss und sauer, dass das Brot nass und nun alles salzig war. Und das IM Schiff! Ein Alptraum. Gerade als ich mich von diesem Schreck wieder einigermaßen erholt hatte, rief Marcus von draußen ganz lange „Aaaaaaachtung“.
Ich sah durch Luk und Fenster nur blaues Wasser. Dann kam schon der nächste Wasserschwall herein und die flow legte sich auf die Steuerbordseite. Ich hielt mich an der Stange in der Pantry fest und schlug mit meinem Kopf gegen die Holzleiste unterhalb der Fenster.
Ich weiß nicht, wie lange ich da so klemmte. Endlich richtete sich die flow wieder auf. Ich spürte eine Beule am Kopf. Dazu kam, dass der Bilgenpumpen-Alarm (Zeichen für Wasser im Schiff) mit seinem durchdringen Ton anging und diese Situation noch bedrohlicher machte.
Um mich herum war Chaos: das Bodenbrett der Bilge am Niedergang war samt Teppich hochgerissen und alle Lebensmittel waren herausgeschleudert worden. Mittendrin lagen Bücher aus der Navigationsecke gegenüber und sogar einige Dinge aus dem Navigationstisch, dessen Tischplatte durch die starke Schräglage hochgeklappt sein muss.
Nach einer Ewigkeit rief Marcus: „Ist alles gut bei Dir?“ Ich wollte ihm auch immer etwas zurufen, aber meine Stimme versagte und die Treppe war fast unerreichbar durch alles, was davor lag.
Mir wurde immer klarer, dass wir gekentert waren und die Segel platt auf dem Wasser gelegen haben müssen. Ich fand immer mehr Dinge in der Pantry, die gerade gegenüber an Backbord ihren Platz hatten. Ganz sicher war ich mir, als ich alle Sachen in der oberen Steuerbordkoje sah, die zuvor gegenüber an Backbord lagen. Auch die schwere Kameratasche. Als ob sie jemand direkt von links nach rechts geräumt hätte.
Bei diesem Anblick wurde mir einfach nur schlecht und der erst beste Kochtopf musste herhalten. Ich hatte Angst, zitterte und weinte. Marcus kam in diesem Moment nach Unten und hielt mich ganz fest Er war genauso schockiert. Etwas später verband er meinen Kopf. Dann lag ich stundenlang eingeklemmt zwischen Motorblock und Backbordkoje.
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