Marcus – Sicht von Außen:
In der Nacht zum 30.01.11 nahm der Wind weiter zu. Obwohl er auf 25 Knoten zugelegte, reffte ich nicht die nur 18 m² große Fock. Die flow wurde mit kleinen Schlängellinien von der Windfahne gut gesteuert. Da immer wieder Wellen den Weg bis zum Niedergang fanden und auch zahlreiche Frachtschiffe unseren Weg kreuzten, war an Schlaf nicht zu denken. Alle 20 Minuten klingelte der Wecker für einen kurzen Rund-Um-Blick. Ich übernahm Annes Wachen mit, da ich bei diesen Bedingungen sowieso nicht schlafen konnte.
Nach der morgendlichen Funkrunde mit der „Tinto“ frischte der Wind plötzlich weiter auf. Als sich ein Steuerseil der Windfahne von der Führungsrolle löste, stürzte ich schnell raus, um die flow per Hand weiter zu steuern. Es ging wunderbar, fast wie von selbst. Aus diesem Grund reffte ich nicht die Fock. Anne sollte erst einmal in „Ruhe“ frühstücken, bevor die Segel verkleinert und das Steuerseil befestigt wird. Danach hätte die Windfahne ihren Job wieder prima getan.
Um ein bisschen Luft ins Innere der `Flow´ zu lassen, stand die Luke etwas offen. Die beiden Schotts am Niedergang waren natürlich drin. Die Wellen kamen zu diesem Zeitpunkt schräg achtern von backbord (hinten links). Beim Steuern drehte ich mich immer wieder um, um die Wellen besser einschätzen zu können.
Plötzlich kam eine besonders hohe Welle auf die flow zu. Eine große Gefahr sah ich aber nicht. Leider brach sich die Welle genau beim Durchlaufen unter der flow. Mehrere hundert Liter Seewasser krachten ins Cockpit und durch die nur fünf Zentimeter geöffnete Luke. Ach Du Scheiße, der schöne Teppich, waren meine ersten Gedanken. (nur so am Rande: Wären die Wellen von Steuerbord gekommen, wäre die Navigationsecke mit Seewasser geflutet.)
Ich fragte Anne, ob alles in Ordnung sei. Wie es unten aussah – kein Schimmer. Trotz dieser hohen See dachte ich immer noch nicht an Reffen. Es lief so gut. Es ist wie ein Rausch mit 7 bis 8 Knoten die Wellenberge hinunterzusurfen und dabei selbst zu steuern. Ein entscheidender Fehler, wie sich herausstellte. Es blies nun mit 33 bis 35 Knoten in Böen. Die `Flow´ war per Hand gut auf Kurs zu halten. Ja, sie lief fast von allein.
Nach gut zehn Minuten erreichte uns wieder eine zerstörerische weiße Wand. Die Fock war mit 18 m² an Backbord ausgebaumt. Bei dieser Welle wusste ich sofort, wie viel Kraft in ihr steckten wird. Ich brüllte Anne lange „Achtung!“ zu. Dann versuchte ich, das Steuer herumzureißen, damit die Welle uns direkt von Hinten und nicht schräg von achtern erwischt. Leider zu spät.
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