Früher segelte Sebastian Janotta (23) auf dem Schlauchboot von Abenteuer zu Abenteuer. Heute lebt er auf engstem Raum in Cuxhaven auf seinem Boot. Die einfachsten Dinge im Leben sind die schönsten.
Doch, doch, es gibt eine Menge Leute, die vom Leben auf einem Segelboot träumen. Meistens läuft bei diesen Menschen ein Film vor dem inneren Auge ab, in dem Ankern in tropischen Buchten, lange Passattörns auf der Barfußroute, Frühstücks-Blick auf den ganz persönlichen, menschenleeren Palmenstrand, Candlelight-Dinner auf glänzendem Holzklassiker im mediterranen Sonnenuntergang eine Hauptrolle spielen. Und jeder, der auch nur schon mal ein paar Wochen auf einem Boot verbracht hat, weiß, dass diese Träume meistens nur Schäume sind und so höchstens in Werbefilmen vorkommen.
Deshalb Hut ab vor allen, die bereits aus eigener Erfahrung wissen, auf was sie sich einlassen (etwa durch lange Törns), und dann doch mit (wenigem) Hab und Gut auf ihr eigenes Boot ziehen. Und der Hut wird zum Zylinder, wenn man folgende Angaben hinzu zieht: 6,71 m Bootslänge, 2,39 m Breite, 6 qm Wohnfläche, Einzugstermin Mitte Januar, Liegeplatz in einer norddeutschen City-Marina. Eisschicht auf der Wasseroberfläche inklusive.
Sebastian Janotta (23) ist bei SR-Leser und in der norddeutschen Fahrtenszene längst kein Unbekannter mehr. Seine Abenteuer mit dem Acht-Fuß-Schlauchsegelboot „Bea“ der Marke Zephyr haben bei manchen jungen Seglern sogar schon Kultstatus (SR berichtete) und wurden längst als Buch „unters Volk“ gebracht (hier bestellen).
Nachdem er von Rheinland-Pfalz nach Cuxhaven umgezogen war und sich somit als „echter nordischer Segler“ bezeichnen durfte, und nachdem er mit eher bescheidenen Mitteln ein englisches 6,70 Meter-Fahrtenböotchen (Kimmkieler) aus dem Jahre 1974 gekauft hatte und damit erste Ferientörns auf der Nordsee meisterte (Tagebuch), startete das „Südlicht im Norden“ zum nächsten Abenteuer: Leben auf dem Boot. Er schreibt dazu auf seiner Website:
„Luxus? Das ist für mich Zeit & Freiheit. Zeit an Bord und die Freiheit der See. Um glücklich zu sein brauche ich nicht viel. Ich bin zunehmend bemüht mein Leben zu vereinfachen und mich auf das Nötige, für mich Wichtige zu reduzieren. Natürlich ist hier das Leben an Bord ein Teil, wobei das Lebensgefühl eine bedeutend größere Rolle spielt.
Ein anderer Teil ist, dass ich statt mit dem Auto viel lieber mit dem Rad fahre. Und das nicht mehr nur um irgendwo hinzukommen. Bei schönem Wetter führt der Nachhauseweg gerne mal in einem großen Bogen durch Wald und Feld ans Meer und dort an Strand und Küstenheide entlang in die Innenstadt.“
Seit Mitte Januar lebt Sebastian Janotta also auf seiner „Bea Orca“. Dass man mit einer gewissen Portion „Spaß am Leben“ und noch mehr Neugierde auf die „einfachen Dinge“ trotz Vollzeitjob in einem Labor ein völlig „anderes Leben“ leben kann… davon berichtet er mit einer regelrechten Genüsslichkeit in den sozialen Medien.
Er müsse an Bord auf nichts verzichten, schreibt er, und empfängt Besuch, um ihn mit selbstgebackenen Waffeln vom Zwei-Flammen-Kocher zu verwöhnen, wettert fiese Winterstürme in der gemütlich warmen Kajüte ab und schaut mit dem Interesse des kontemplativen Müßiggängers der dünnen Eisfläche um ihn herum dabei zu, wie sie kommt und wieder geht.
Wie es Sebastian Janotta in den nächsten Wochen, Monaten, vielleicht sogar Jahren weiter ergehen wird, will er auf seinem Blog und auf Facebook dokumentieren. Einblicke in die etwas andere Art, sein Leben als junger Mensch zu meistern.
Nach seiner ersten Nacht in der „neuen Wohnung“ schreibt er jedenfalls hochzufrieden: „ Nein, ich kann mich nicht entsinnen, wann ich zuletzt so glücklich und entspannt in meiner Wohnung war wie in diesem Augenblick an Bord. Oder ob ich es je war. Hier, auf dem Wasser und an Bord meines Kleinkreuzers bin ich zuhause. Hier gehöre ich hin!“
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