Extremtörn: Mit 80 nonstop um die Welt – Stanley Paris übernimmt neue Yacht von Knieriem

„Unfinished Business“

Stanley Paris hat nach zwei gescheiterten Versuchen die Nonstop-Weltumseglung eigentlich schon aufgegeben. Mit 80 Jahren und einer neuen Yacht von Knierim versucht er es erneut.

Knierim FC53
53 Fuß länge für den schnellen Cruiser aus französischer Feder. © Knierim

Der gebürtige Neuseeländer Stanley Paris hat ein erfolgreiches Berufsleben in den USA hinter sich. Als Krankengymnast gründete er 1979 in Florida die Universität von St. Augustine für Gesundheitswissenschaften, die in den USA inzwischen vier Hochschulanlagen betreibt. Vor zehn Jahren gab er die Führung in jüngere Hände, und seitdem lebt er im absoluten Unruhestand.

Besonders ein Traum treibt ihn um. Unbedingt will er einhand nonstop die Welt umsegeln. Zweimal ist er schon gescheitert und hat offiziell seinen Rücktritt von dem Plan bekundet. Aber nun kann er doch nicht davon lassen. Eine in Deutschland gebaute Yacht hat die Idee neu aufleben lassen.

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Stanley V. Paris 80 Jahre alt und topfit. © Knieriem

In diesem Jahr wird Stanley 80 Jahre alt, und nun will er mit dem neuen Schiff, das er gerade in Kiel übernahm, den „unfinished business“ abhaken. Fit genug dürfte er sein. Paris, der sein Leben lang Abenteuer unternommen hat, zweimal den englischen Kanal durchschwamm, einen Ironman Triathlon bestand und in einer Woche mit dem Motorrad von Alaska nach Florida fuhr, radelte noch 2016 in 30 Tagen 3000 Meilen von San Diego quer durch Amerika nach Florida.

„Das einzige Boot, das passt“

Im vergangenen Jahr hatte er den weltweiten Markt nach Schiffen durchforstet, mit denen er doch noch seine Rekord-Pläne umsetzen könnte. Dabei wurde er in Kiel fündig. „Hier bauen sie einen französischen 54 Fuß Finot-Conq Einhand-Cruiser. Und der ist wirklich das einzige Boot, das zu meinen Überlegungen passt, wenn ich den dritten Versuch der Weltumsegelung unternehmen sollte.“

Es sei möglich, aber eben nicht auf seiner alten Yacht „Kiwi Spirit“, die mehrfach überholt und angepasst wurde, aber schließlich doch technische Defizite aufwies, die den Doktor bei seiner Langfahrt scheitern ließen. „Es ist kein Design-Problem oder ein fehlerhafter Bau, aber Fakten sind Fakten und mein Herz sagt mir, dass ich es einfach nicht noch einmal mit ihr versuchen kann.“

Nun also der Bau bei Knierim und die Werft ist stolz, den kritischen Langfahrtsegler mit ihrem Projekt überzeugt zu haben. Der will schließlich nicht nur einfach im hohen Alter von 80 Jahren um die Welt schippern, sondern den Streckenrekord von Bermuda nach Bermuda um die Welt brechen, den der Amerikaner Dodge Morgan 1986 auf 150 festgesetzt hat.

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Der Doktor auf dem Vorschiff. © Knieriem

Hier die Pressemitteilung der Knierim-Werft:

Noch nie segelte jemand im hohen Alter von 80 Jahren nonstop um die Welt. Der geborene Neuseeländer Dr. Stanley Paris will der Erste sein. Noch dazu geht der US-Amerikaner aus St. Augustine in Florida auf Streckenrekordjagd von Bermuda nach Bermuda. Die dafür bestens geeignete Hochseeyacht ließ sich der Extremsportler bei der Kieler Knierim-Werft bauen. Die Finot-Conq FC3 53 ist 17,33 Meter lang, 5,26 Meter breit und eine Rennziege zum Reisen. Seine erste Feuertaufe bestand das außergewöhnliche Boot bereits auf dem Weg vom Nordostseekanal nach Brest in Frankreich.

Als der noch 79 Jahre junge Eigner und Skipper in Kiel mit einer Überführungscrew die Leinen loswirft, strahlt sein Gesicht große Vorfreude und die feste Überzeugung aus, genau das Richtige zu tun. „Diese Hochseeyacht scheint nun endlich ideal für mich, um allein in unter 150 Tagen um den Globus zu kommen“, so Stanley Paris, dessen Logbuch der Abenteuer vom Ironman im Triathlon bis zu 3000 Fahrradmeilen in 30 Tagen reicht, die er erst voriges Jahr zurücklegte. Denn unter Segeln hat der scheinbar ewig Junge noch eine Rechnung offen. Zweimal scheiterte er 2013 und 14 mit einem in den USA gebauten 60-Fuß-Boot wegen gravierender Materialprobleme vor Südafrika.

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Der Salon. © Knieriem

Die Finot-Conq 53 genießt sein neues Vertrauen. Sie ähnelt stark einem Open 60 der IMOCA-Klasse, mit denen die härteste Solo-Weltregatta Vendée Globe ausgetragen wird. Auch dort ist Designer Pascal Conq zuhause und entsprach dem Wunsch nach einer schnellen Fahrtenyacht bereits vor drei Jahren mit den Linien eines Racers. Die Urform fertigte Knierim in-house mit einer 5-Achs-Fräse des Geschäftszweigs Tooling seinerzeit für die Premiere millimetergenau an. Inzwischen ist schon der dritte 53-Füßer dieser Reihe in Arbeit.

Die Rumpfschale wurde mit Kohlefaser-Pre-Preg-Gelegen und einem Corecell-Schaumkern konstruiert. Deck und Strukturen erhielten sogar einen Nomex-Wabenkern für maximale Steifheit bei geringstem Gewicht. Die 17 Meter bringen nur rund zehn Tonnen „auf die Waage“. „Hightech wird auf diesem Level sonst bei hochambitionierten Regattayachten eingesetzt“, erklärt Knierim-Geschäftsführer Steffen Müller, der den Auftrag des international erfahrenen Eigners auch als Auszeichnung für den kompromisslosen Anspruch der Kieler Bootsbauer wertet. Müller: „Wenn ein Neuseeländer aus den USA in einer britischen Zeitschrift liest, er sollte in Deutschland bauen, wirkt das wie ein Ritterschlag für uns.“

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„Kiwi Spirit II“ unter Gennaker. © Knieriem

Die Baunummer zwei ist in einigen wesentlichen Punkten speziell auf die Bedürfnisse des Weltumseglers zugeschnitten und steht als Semi-Custom-Modell für die Individualität bei Knierim. Das Cockpitdach mit Solarpaneelen auf dem Topp wurde nach hinten verlängert, um mehr Schutz vor eisigem Spritzwasser zu bieten. Einen Diesel-Generator gibt es nicht. Stattdessen produzieren vier kleine Propeller am Heckspiegel je nach Schräglage beim Vortrieb Strom aus Wasserkraft. Außerdem ließ der Eigner dort eine Ausstiegsluke einsetzen. Sollte er bei einer schweren Havarie mit Treibgut einen Kielbruch erleiden und kentern, kann sich Stanley Paris in einer extra abgeschotteten Heckpartie des Schiffes aufhalten.

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Navi Tisch der „Kiwi Spirit II“ © Knieriem

Wer an Bord der „Kiwi Spirit II“ ansonsten nach altersgerechter Ausrüstung und Details für Senioren sucht, muss allerdings schnell feststellen, dass der Skipper da keinen besonderen Bedarf angemeldet hat. Die Umleitung aller Fallen (ohne Verschlüsse), Strecker und Schoten auf eine elektrische Zentralwinsch rechts am Cockpit ist für jeden Einhandsegler praktisch und üblich.

Eine Besonderheit ist der schwertähnliche Schwenkkiel, dessen Tiefgang um einen Drehpunkt in Längsrichtung von hafentauglichen 1,60 Meter bis zu renntauglichen 3,75 Meter reicht. Das 23,30 Meter hohe Rigg (über Wasseroberfläche) steht ziemlich weit hinten an Deck. Mit einer Rollfock als Stagsegel und dem Großsegel am langen, auf einen Hecktraveller geschoteten Baum kommt die FC 53 auf beachtliche 170 Quadratmeter Segelfläche am Wind.

„Die volle Garderobe kann ich auch bei Starkwind noch fahren, ohne mich ständig mit Reffen und Ausreffen zu belasten“, kalkuliert der Physiotherapeut, der sich täglich zweimal eine Viertelstunde mit Kraft- und Dehnübungen fit hält. Auf dem Weg nach Brest segelte die „Kiwi Spirit II“ über weite Strecken eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als zwölf Knoten und reichte in der Spitze manchmal an 20 heran (rund 35 km/h). Sobald der Wind abnahm oder räumlicher einfiel, wurde der Code Zero als großes überlappendes Vorsegel ausgerollt oder der Gennaker aus einem Bergeschlauch gesetzt – alles Segelmanöver, die der ältere Herr spielend allein bewältigt.

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Die Kochecke. © Knieriem

Unter Deck lässt es sich der Weltumsegler vergleichsweise gut gehen. Induktionsherd, zwei Kühlschränke, Dusche und WC sowie ein funktioneller, stylischer Salon mit Navigationsecke entsprechen schon gehobenem Freizeitstandard. Dabei soll der endgültige Komfort erst nach der Weltumseglung Einzug halten, wenn Stanley Paris in den Segelgeschichtsbüchern steht und es 80-jährig vielleicht doch mal ruhiger angehen lassen wird.

Quelle: Andreas Kling/Knieriem

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