Das einzig richtige Hafenmanöver existiert nicht. Entweder, es gelingt, oder es gelingt nicht. So, wie viele Wege nach Rom führen, führen auch verschiedene Manöver an den Steg oder in die Box. Manchmal ruhig und gelassen, manchmal halt weniger elegant. Wir geben Tipps, wie Manöver ohne Stress gelingen.
Am Ende zählt, dass das Boot ohne Kratzer sicher vertäut in der Box oder am Kai liegt. Wer das Anlegen und Ablegen so betrachtet, bleibt wesentlich entspannter – und ist eher bereit, etwas Neues auszuprobieren. Jeden einzelnen Schritt der Hafenmanöver haben wir in der Praxis ausprobiert.
Inhalt
Die Grundlagen
Windrichtung
Drehpunkt verlagern
Rückwärts für mehr Überblick
Heck versetzen
Leinenarbeit
Längsseits anlegen
Längsseits ablegen
Vorwärts in die Box
Rückwärts in die Box
Auf ein Hafenmanöver haben viel mehr Faktoren Einfluss, als wir in der Regel annehmen. Als erstes natürlich der Wind, der immer bei einem Manöver mitmischt – mal hilfreich, mal erschwert er es. Auf den Wind reagiert jedes Boot anders. Ein Langkieler mit tiefem Vorfuß bleibt einige Zeit ganz behäbig quer zum Wind stehen, bevor der Wind den Bug herumdrückt. Soll er allerdings rückwärts fahren, bleibt er in den ersten Sekunden unberechenbar und bleibt auch mit Ruderanströmung bei Fahrt über Achtersteven schwer kontrollierbar. Mit einer langen Welle wirkt der Radeffekt stärker, als bei einem modernen Fahrtenschiff mit Kurzkiel und Saildrive, das sehr kontrolliert rückwärts fährt.
Als Ausgleich für die guten Rückwärtseigenschaften sind Schiffe mit U-Spant sehr windanfällig, da das Unterwasserschiff flach und der Rumpf oft hochbordig ist. Ein Skipper, der seit Jahren mit dem eigenen Boot unterwegs ist, fährt die Manöver schon fast intuitiv. Er weiß, wie sein Boot bei verschiedenen Winden reagiert, wie es rückwärts fährt und wie stark das Heck beim Aufstoppen versetzt. Irgendwann hat jeder die für ihn und sein Boot passenden Manöver gefunden. Das Ab- und Anlegen funktioniert dann von Jahr zu Jahr besser.
Wir präsentieren ausgewählte Manöver; wir behaupten nicht, dass es die einzig wahren sind. Gerade auch, weil jede Yacht anders reagiert und die abgebildeten Schritte eventuell etwas angepasst werden müssen. Unser Ziel ist es, Manöver zu zeigen, die einfach funktionieren. Nicht unbedingt elegant und schnell, aber zuverlässig, sodass sie keine Angst haben müssen, etwas kaputt zu fahren. Optimiert sind sie für moderne Fahrtenschiffe mit einem Ruderblatt. Bei Schiffen mit zwei Ruderblättern funktionieren unsere Manöver auch, allerdings muss im Kopf behalten werden, dass die Ruderblätter nicht durch den Propeller angeströmt werden.
Gerade Segeleinsteigern möchten wir einen Ansatz bieten, wie Manöver entspannt gelingen – mit der ‚Slow-Motion-Methode‘. Sie wurde von erfahrenen Skippern entwickelt und gelingt sogar einhand ohne Stress.
Die Grundlagen | Windrichtung | Drehpunkt verlagern | Rückwärts für mehr Überblick | Heck versetzen | Leinenarbeit | Längsseits anlegen | Längsseits ablegen | Vorwärts in die Box | Rückwärts in die Box| nach oben
Die Grundlagen: Windanfälligkeit
Kaum liegt das Schiff ohne Fahrt im Wasser, treibt der Bug auch schon wieder ab. Gerade die heutigen Fahrtenschiffe mit breitem Heck, hohem Freibord und flachem Unterwasserschiff sind sehr windanfällig. Der Bug kann kaum kontrolliert werden. Kein Wunder, schließlich bietet das Unterwasserschiff im Vorschiff dem Wasser kaum Widerstand. Bordwand und Aufbau bieten dem Wind einige Quadratmeter Angriffsfläche, und selbst der Mast steht dem Wind im Weg, sodass der Bug nach Lee gedrückt wird. Erst wenn das Heck im Wind steht, stabilisiert sich der Bug wieder.
Die Grundlagen | Windrichtung | Drehpunkt verlagern | Rückwärts für mehr Überblick | Heck versetzen | Leinenarbeit | Längsseits anlegen | Längsseits ablegen | Vorwärts in die Box | Rückwärts in die Box| nach oben
Windrichtung
Bevor das An- oder Ablegen vorbereitet wird, sollte sich der Skipper bzw. Steuermann über die Windrichtung informieren. Die Windanzeige im Masttopp kann durch die eigene Fahrtgeschwindigkeit allerdings verfälscht werden und zeigt den scheinbaren Wind an. Windanzeigen im Topp anderer Boote oder Flaggen im Hafen sind bessere Anhaltspunkte, an denen man sich orientieren kann. Der restliche Ablauf des Manövers richtet sich nach dieser Beobachtung aus. Gerade wenn ein Liegeplatz durch den Hafenmeister zugewiesen wurde, ist die Beobachtung des Windes wichtig, da sich der Steuermann keine geeignete Box nach der Windrichtung aussuchen kann.
Die Grundlagen | Windrichtung | Drehpunkt verlagern | Rückwärts für mehr Überblick | Heck versetzen | Leinenarbeit | Längsseits anlegen | Längsseits ablegen | Vorwärts in die Box | Rückwärts in die Box| nach oben
Der Trick: Den Drehpunkt verlagern
Der Drehpunkt des Bootes befindet sich in etwa mittig, knapp hinter dem Mast. Das Problem: Wenn die Yacht vertreibt, bewegt sich der Drehpunkt mit. Für alle Manöver wird der Drehpunkt nach außen verlagert. Entweder auf einen Pfahl oder eine Klampe, sodass sich die Yacht um einen festen Punkt drehen kann. Zwischen dem entsprechenden Punkt und dem Boot bringt die Crew eine Leine aus. Bei eingekuppelter Maschine und genügend Gas beginnt, das Boot sich zu drehen. Es dreht immer zu
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Die SegelReporter
» Fragen und Antworten zum SegelReporter Club
Sehr guter Artikel, vielen Dank! Allerdings bei Schiffen mit starkem Motor (alle modernen Charterboote) NICHT Vollgas nutzen, das bringt viel zu viel Kraft/Energie in das System. Beim Versetzen des Hecks reicht ein kurzer kräftiger Schub. Beim Eindampfen moderater Schub. Falls man damit nicht auskommt lieber eine Alternative überlegen, als Schäden und Verletzungen durch Vollgas zu riskieren.
Bitte schicken Sie mir den Artikel “Hafenmanöver” und weitereArtikel als Mailanhang.
Sehr interessant !
VG
Dieter Herrmann
Hä wer soll dir was schicken? Den Artikel?
Warum nicht einfach selbst druck / speichern / weiterleiten?
Der schlimmste Regisseur des Hafenkinos beim Anlegen in die Box mit Pfählen sind Fender, die schon vor dem Queren der Pfähle ausserbord hängen! Fender rein!
Guter Artikel! Pflichtlektüre für alle Charterer und Eigner unterhalb von Vollprofiniveau.