Boris Herrmann steht vor seiner größten Herausforderung. Er ist von Francis Joyon als Navigator für den Jules Verne Rekord mit der ehemaligen „Groupama“ benannt worden. Damit ist der Deutsche bei den ganz Großen der Szene angekommen.
Was hatte Boris Herrmann nicht alles versucht, um sich seinen Traum vom Job als Hochsee Profisegler zu erfüllen. Der Deutsche Meister im 505er startete klassisch seine Karriere 2001 mit der Teilnahme bei der Mini Transat, wo er der jüngste Teilnehmer und einziger Deutsche war.
Mit dem von der Bremer Beluga Reederei gesponserten Class 40 Projekt gewann er das erstmalig ausgetragene Portimão Global Ocean Race. Es waren noch nicht viele große Gegner am Start, aber die gute Medien-Resonanz in Deutschland hätte der perfekte Einstieg in weitere Projekte auf der ganz großen Bühne sein sollen.
Herrmann hielt seinem Sponsor Beluga lange die Treue und hoffte auf die weitere Unterstützung seines Förderers Niels Stollberg. Aber der hatte schließlich andere Probleme, fuhr die Reederei gegen die Wand, meldete Privatinsolvenz an und wurde angeklagt wegen Veruntreuung und Betrug.
Herrmann hatte auf das falsche Pferd gesetzt. Andere Geldgeber waren kaum zu finden. Eine längere Durststrecke folgte. Sie schien zu ende, als er die Finanzierung für das Barcelona Round The World Race zusammen bekam. 2010/11 führte er einen älteren Open 60 zu einem beachtlichen fünften Platz und schien erneut kurz davor, das erträumte Vendée Globe Abenteuer realisieren zu können.
Aber die Bemühungen fruchteten nicht. Da öffnete sich eine andere Türe. Mehr und mehr fuchste sich Herrmann in die Rolle des Navigators ein. Erst nahm ihn Jochen Schümann auf seiner TP52 unter seine Fittiche, auf der er Kleinraum-Navigation übte. Dann verschaffte ihm der deutsche Vorzeigesegler auch einen Navigator-Job auf dem 100 Fußer „Esimit Europa“.
Der studierte Wirtschaftswissenschaftler lernte schnell. Seine Gründlichkeit und Hartnäckigkeit fand Anerkennung in der internationalen Hochseeszene. Und die Nähe zur Französisch sprechenden Szene verhalf ihm zuletzt immer wieder zu neuen Jobs als Navigator, die seine Erfahrung vergrößerten.
Die Rekordversuche mit dem modifizierten Volvo 70 „Maserati“ des Italieners Giovanni Soldini führten zwar nicht zu dem gewünschten Erfolg, aber zu ganz vielen High-Speed- Hochseemeilen für Herrmann.
Zuletzt segelte er dann viel beachtet mit dem Chinesen Guo Chuan durch die Nordostpassage durch das Eismeer. Aber zuvor war er schon auf dem zu „Lending Club“ umbenannten ex „Groupama“-Tri zu kleineren Rekorden gekommen. Und diese Erfahrung macht ihn jetzt besonders wertvoll für das ganz große Abenteuer. Er kennt das Schiff eben schon in und auswendig. Nun soll er damit in 45 Tagen um die Welt. Das ist der Ritterschlag.
Die Pressemitteilung
Kaum ist die Nordostpassage entlang der Arktis unter Segeln ohne Halt bezwungen, jagt der Hamburger Hochseesegler Boris Herrmann einen neuen, noch prestigeträchtigeren Rekord. Es geht um die berühmte Jules Verne Trophy – nonstop rund um die Welt.
Diesmal gehört der Weltklasse-Navigator zu einer sechsköpfigen Crew um den französischen Skipper Francis Joyon, die am Mittwoch (14. Oktober) in La Trinité-sur-Mer vorgestellt wurde. Das Team will in weniger als 45 Tagen den Globus umrunden. Ab Anfang November steht der 31,50 Meter lange Trimaran „IDEC Sport“ auf Stand-by, um je nach Windvorhersage am Ausgang des englischen Kanals zu starten.
„Es gibt vielleicht eine Handvoll ungekrönter Königsdisziplinen im Hochseeyachtsport, diese gehört ganz sicher dazu“, beschreibt Herrmann die Hatz um die Erde, die schon lange keine 80 Tage mehr dauert, so wie es Jules Verne dereinst in seinem Roman als magische Grenze auserkor.
Seit 1990 stehen die klaren, knappen Regeln, die nicht viel mehr als Start- und Ziellinie definieren, sowie das Australien an Backbord (links) liegen gelassen werden muss. Je nachdem, wie dicht die Route an der Eisgrenze um die Antarktis herum möglich sein wird, sind rund 24.000 Seemeilen, also fast 45.000 Kilometer zurück zu legen.
Für den geborenen Oldenburger wird das Abenteuer ein Wiedersehen mit der „Lending Club 2“, denn so hieß das Schiff zuvor. Mit ihm hatte Boris Herrmann in diesem Jahr unter anderem den Trans-Pazifik-Rekord von Los Angeles nach Hawaii gebrochen. Auch wenn der Trimaran für die Jules Verne Trophy bei der Werft „Multiplast“ in Vannes getunt wurde, sei es doch „ein bekanntes Heimspiel mit vielen Vorteilen“.
Der 22,50 Meter breite Dreirümpfer wurde 2006 nach den Zeichnungen des führenden französischen Designteams VPLP gebaut. Mit 411 Quadratmetern Segelfläche am Wind und 678 m² vor dem Wind erreicht er Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 40 Knoten (fast 80 km/h).
Unter Deck ist das Leben wie auf allen Rennziegen ausgesprochen spartanisch. Die Crew schläft abwechselnd in kurzen Abschnitten auf Rohrkojen. Gefriergetrocknete Trekkingmahlzeiten werden mit entsalzenem Seewasser aufgekocht. Privatsphäre gibt es praktisch keine. „Wir sind jede Woche sieben Tage 24 Stunden lang im Wettkampfmodus“, so der Wahl-Hamburger vom Kieler Yacht-Club, der schon zwei Weltregatten auf dem Kerbholz hat.
2009 gewann er mit Felix Oehme das Portimão Global Ocean Race auf einem Class 40 in Etappen um die Welt; 2012 wurde er mit Ryan Breymeier auf dem IMOCA Open 60 „Neutrogena“ Fünfter des Barcelona World Race nonstop.
Die aktuelle Bestmarke der Jules Vernes Trophy steht bei 45 Tagen, 13 Stunden, 42 Minuten und 53 Sekunden. Aufgestellt wurde sie 2012 von Loïck Peyron mit der „Banques Populaire V“, ebenfalls ein Dreirumpfboot. Unter neuem Namen „Spindrift“ und Skipper Yann Guichard tritt es parallel zur „IDEC Sport“ an, den eigenen Rekord zu verbessern.
Der mit 140 Fuß (ca. 40 Meter) deutlich längere Tri ist mit 28 Tonnen zehn schwerer und wird mit zwölf Mann gesegelt. Welches Konzept das schnellere sein dürfte, spaltet selbst die Fachwelt.
„Wir setzen auf eine hohe Geschwindigkeit auch bei mäßigen und schwächeren Winden, die es zwischendurch immer mal gibt“, erklärt der 34-Jährige Herrmann, „und haben das Boot so leicht wie möglich ausgestattet.“ Die „IDEC Sport“ wird mit einem kleineren 33,50-Meter-Rigg (kürzerer Mast) segeln als 2010.
Damals hatte Franck Cammas mit demselben Boot unter dem Namen „Groupama 3“ den Jules-Verne-Rekord auf gut 48 Tage heruntergeschraubt. Ein spezielles, neu designtes Am-Wind-Segel (Code 0) soll der Schlüssel zum Erfolg werden.
Nur fünf Mann gehen einen dreistündigen Wachrhythmus. Der Skipper ist wachfrei. Alle müssen steuern, trimmen und Segel wechseln. Herrmann: „Das ist hart, sehr hart sogar, aber durchtrainiert.“ Neben dem Deutschen sind der beste Schweizer Hochseesegler Bernhard Stamm, der Top-Spanier Alex Pella sowie zwei weitere, hochambitionierte Franzosen mit an Bord.
Skipper Francis Joyon hält mit 57,5 Tagen den Solo-Weltrekord nonstop um die Welt. Er setzt bei seinem nächsten Rekordversuch auf „einen der besten Navigatoren, die es gibt“. Boris Herrmann hatte erst im September mit dem Trimaran „Qingdao China“ unter Skipper Guo Chuan als Erster überhaupt die Nordostpassage nonstop unter Segeln bezwungen.
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