Stephan Bodens Kolumne: Wann wendet sich mal das Frauenbild in der Segelwerbung?

Realität versus Reklame

Das von Werften projizierte Frauenbild in Werbespots für Segelyachten ist erstaunlich zurückgeblieben und bedient Klischees aus Zeiten, in denen Fernsehen noch schwarz-weiß war.

 

Realität. Keine weiße Leinenhose, kein Strohhut. Frau Boden nach der Ankunft in London. © Stephan Boden

Egal ob Helga Cup, Skipperinnen bei der Vendée Globe oder beim The Ocean Race, Frauen-Chartertörns oder weibliche Skipperinnen, die lässig und sicher ihre oder fremde Boote bedienen – die Zeiten, in denen die Männer am Steuerrad stehen und die Frauen beim Anlegen auf dem Vorschiff stehen und von hinten angeschrien werden, sind gottlob mehrheitlich vorbei.

Halt! Nicht ganz. Kürzlich mogelte sich der Werbespot einer neuen Segelyacht in meine YouTube-Autoplay Liste. Etwa 4 Minuten schaute ich dem Film mit Zusatz “Official Video” zu und mein Mund stand offen wie eine Dinghigarage am Ankerplatz. “Das wird sicher eine Ausnahme sein”, dachte ich mir und suchte bei Youtube weitere Großserienwerften aus aller Welt, um mir deren neusten Werbeclips anzusehen. Das Ergebnis waren Fragen: Wer zur Hölle denkt sich sowas aus? Woher kommt ein solches Frauenbild?

Blaue Querstreifen: Mutig!

Die Videos beginnen immer gleich: Kurze Typoanimation der Yachtwerft und des Bootstypen, dann Drohnenbild vom Boot unter vollen Segeln. Dann sieht man bereits die Protargonisten: Mann steht am Steuerrad, Frau sitzt gut geschützt vorn im Cockpit. Bis 40 Fuß sind beide so um die 35 Jahre alt, je größer das Schiff dann wird, desto älter auch das Eignerpaar. Wichtiges Detail: Alle Frauen tragen meistens weiße Klamotten, sehr luftig, viel Leinen, dazu einen weißen Strohhut. Manchmal fasst sich die Marketingleitung aber mal so richtig Mut und dann ist das Oberteil weiß mit marineblauen Querstreifen. Verrückte Werbepunks!

 

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2 Antworten zu „Stephan Bodens Kolumne: Wann wendet sich mal das Frauenbild in der Segelwerbung?“

  1. Horst-Jürgen Bellof

    sagt:

    „In der Praxis“ sieht es gern ähnlich aus. Er hat das Kommando, scheucht sie beim An- und Ablegen herum, während sie so wirkt, als hätte sie keinen Schimmer von dem, was passieren soll.
    Allerdings weiss ich aus Gesprächen, dass Frauen oft gar nicht mehr wollen, warum auch immer. Die Spitze ist dann das „ich kann das eh nicht“, das Pendant zum „ich hab keine Ahnung von Mathematik/Technik“ im Berufsleben.
    Ich könnte noch viel mehr schreiben …

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    1. Friederike

      sagt:

      Ich glaube das was Horst-Jürgen beschreibt, würde sich entschärfen wenn man mal gründlich reflektiert wessen Hobby das Segeln eigentlich ist und wer „nur mitsegelt“. Wenn ich meinen Freund zum Segeln mitnehme hat er Spaß und übernimmt gerne Aufgaben, hat aber definitiv nicht den Anspruch tatsächlich Segeln zu können, die Fachbegriffe zu lernen oder zu verstehen wie ein Anlegemanöver funktioniert. Umso wichtiger ist die Kommunikation und dass die Erwartungen geklärt sind. Ich denke es ist nicht einfach Partner von einem Segler zu sein (als nicht-Segler) und es ist toll, dass unsere Partner trotzdem mitkommen und sich von unserer Leidenschaft ein bisschen mitreißen lassen.

      Was die erlernte Hilflosigkeit vieler Frauen bzgl Segeln oder Technik angeht ist das ein gesellschaftlichs Problem was durch Geschlechterrollen (wie sie in Bootswerbung halt propagiert werden) verschlimmert wird, also wäre es besser man fängt dort mit der Veränderung an statt zu sagen „ja die Werbung hat aber recht“.

      Der lange Text tut mir leid, aber als Seglerin und Ingenieurin konnte ich es nicht unkommentiert lassen.

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