Überall auf der Welt wurden Segler von der Corona-Krise überrascht – und sitzen seitdem fest. In der Karibik naht nun aber die Hurrikansaison. Die Rückkehr über den Atlantik ist oft der einzige Ausweg – auch für den gehandicapten Segler Garry Crothers. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ sprach mit dem Iren.
2017 wurde ihm nach einem Autounfall und jahrelangen Schmerzen der linke Arm amputiert. Mehr als fünf Tage am Stück segelte er außerdem noch nie allein. Trotzdem muss der 64-jährige Ire Garry Crothers jetzt solo den Atlantik überqueren. Schuld ist die Coronavirus-Pandemie, die ihn in der Karibik erwischte.
Seit zwei Monaten liegt er bereits mit seiner Ovni 435 vor Sint Maarten vor Anker. Am 1. Juni beginnt jedoch offiziell die Hurrikansaison. In den letzten Jahren wurde die Insel mehrmals schwer von Hurrikans getroffen. Andere Länder, die Schutz bieten könnten, lassen ihn nicht einreisen. Bleiben ist daher für Crothers keine Option. „Ich habe keine Wahl“, erklärte der Ire dem „Guardian“. Er muss schnellstmöglich von Sint Maarten bis nach Nordirland segeln.
Rückkehr in die Heimat
Schätzungen zufolge werden in den nächsten Wochen rund 500 Yachten den Atlantik in Richtung Europa überqueren, so die britische Zeitung. Nach einer langen Zeit der Ungewissheit, zum Teil nervenaufreibenden Erlebnissen und wenig positiven Aussichten erscheint vielen Seglern die Spontan-Atlantiküberquerung noch die beste Option.
Überall seien Menschen mit ihren Booten in den letzten Wochen abgewiesen worden und hätten ohne ausreichende Vorräte und entsprechende Ausrüstung weite Strecken zurücklegen müssen, erzählte Daria Blackwell vom britischen Ocean Cruising Club (OCC). Ähnlich wie Trans-Ocean versucht der OCC die Segler nun bei der Atlantiküberquerung zu unterstützen, und vernetzt sie zum Beispiel miteinander, damit sie sich später auf See gegebenenfalls helfen können.
„Letztendlich ist man da draußen allein“
Auch Garry Crothers hat sich in die Liste der Langfahrer-Vereinigung eingetragen. Trotzdem hat der erfahrene Segler, der auf seinem Boot lebt, Bedenken vor der Reise. „Wenn ich über Bord gehe, war’s das“, weiß er. Mit seinem Handicap habe er schließlich keine Chance, im Ernstfall wieder an Bord zu kommen. „Letztendlich ist man da draußen allein.“
Zunächst will Crothers gen Norden segeln, dann langsam weiter in Richtung Azoren. Da er nicht damit rechnet, auf der Inselgruppe anlegen zu dürfen, plant er hier jedoch keinen Zwischenstopp ein. 3.600 Seemeilen liegen insgesamt vor ihm, die er mit größter Vorsicht zurücklegen will.
Zunächst gilt es aber, sich so gut wie möglich auf die Reise vorzubereiten. Beim Einkaufen der Vorräte versuche er, stets Abstand zu halten. Eine Covid-19-Erkrankung könne er sich in seinem Alter nämlich nicht leisten – erst recht nicht mitten auf dem Atlantik.