Untersuchung zum Frachtsegler-Unglück: Warum auf „De Gallant“ zwei Frauen starben

Auf 2000 Meter gesunken

Die rätselhaften Umstände, die zum Untergang des Schoners „De Gallant“ geführt haben, sind nun klarer. Zwei weibliche Besatzungsmitglieder der sechsköpfigen Crew konnten nicht gerettet werden.

„Da Gallant“ in besseren Tagen. © BSC

Die Blue Schooner Company (BSC), Eigentümer des am 21. Mai vor den Bahamas gekenterten Frachtseglers, hat eine Erklärung veröffentlicht, in der weitere Hintergründe der Kenterung erklärt werden. Das Schiff ist mit seiner Fracht aus fair gehandeltem Kaffee, Kakao und Rohrzucker auf 2000 Meter gesunken.

Demnach wurden die ersten Angaben zum Unfallhergang grob bestätigt. Ein angefordertes Wettergutachten für den fraglichen Zeitraum in der Region zeigt eine Wetteranomalie, auf die schwer zu reagieren war. Die französische Untersuchungsstelle für Seeunfälle BEAmer sei dabei, eine umfassende Untersuchung abzuschließen und Schlussfolgerungen zu formulieren, aber man könne schon einige Fakten benennen, heißt es bei BSC.

So wurden die Wettervorhersagen bestätigt, die vor Antritt der Fahrt kein besonderes Risiko für die Nacht des Untergangs prognostizierten. „De Gallant“ war bei besonders schwachem Wind unterwegs und kam unter Segeln nur sehr langsam voran. Einige entfernte Wetterzellen seien an Bord per Radar identifiziert und überwacht worden aber sie sollen keine akute Bedrohung dargestellt haben.

Dennoch beschloss die Crew, das Bergen einiger Segel vorzubereiten. Ein plötzlicher und starker Temperaturabfall bestätigte sie in dem Beschluss. Aber bevor es zu dem Manöver kam, fiel wie aus dem Nichts eine extrem heftige Böe ein. Sie ließ den Schoner weit überholen. Die Krängung war so stark, dass viel Wasser in einen Teil des Schiffes eindrang.

Es richtete sich wieder auf und die Crew versuchte, es zu sichern. Aber kurz danach fiel eine zweiten Böe in gleicher Stärke ein. Der Zweimaster kenterte abermals. Er lag nun mit dem Rigg auf dem Wasser. Der Befehl zur Evakuierung wurde gegeben, Notrufe abgesetzt und die Überlebensanzüge angezogen. Immer mehr Wasser drang ein. De Gallant war im Begriff zu sinken. Nach nur wenigen Minuten ging das Schiff unter.

Sechs der acht Besatzungsmitglieder konnten schnell von der US-Küstenwache gerettet werden. Sie sind bei guter Gesundheit nach Frankreich zurückgekehrt, werden aber psychologisch betreut. Denn zwei Frauen der Crew haben es nicht geschafft. Die Suche nach den vermissten Emma T. (31) und Lea B. (28) wurde nach 44 Stunden abgebrochen. Für sie besteht keine Hoffnung mehr, dass sie das Unglück überlebt haben.

Warum sie sich nicht retten konnten, ist bisher nicht bekannt. Möglicherweise befanden sie sich unter Deck und konnten nicht schnell genug entkommen.

Das Unternehmen beschreibt Emma T. als neugierige, „unersättliche Mechanikerin“ und Inhaberin des „selbsternannten, aber hochverdienten Titels Bordclown“. Lea B. „zeichnet sich durch ihre Entschlossenheit und ihren Mut aus“.  

Für die Hinterbliebenen und die die Eigentümer des Segelschiffs ist inzwischen ein Spendentopf eingerichtet worden, in den mehr als 51.000 Euro eingezahlt wurden. In der Erklärung heißt es:“Vor sieben Jahren begannen Guillaume und Jeff ein großes Abenteuer: Waren auf eine andere Art und Weise zu transportieren, die verantwortungsvoll ist und die Produzenten, Verbraucher und die Umwelt respektiert. Nach 102.000 Seemeilen, 13 Transatlantikrouten und 456 Tonnen transportierter Fracht wurde das Abenteuer südlich der Bahamas abrupt gestoppt.

Innerhalb von Minuten verloren sie alles. Innerhalb weniger Augenblicke haben sie zwei Freundinnen und Besatzungsmitglieder verloren, und das ist der grausamste Verlust.

Aber nach dem Untergang der Gallant müssen Jeff und Guillaume auch mit finanziellen Unwägbarkeiten rechnen.“ Obwohl das Schiff versichert war. Das gesammelte Geld  werde Zur Finanzierung der Kosten verwendet, die durch den Schiffbruch und den Verlust von Gallant entstehen. „Hilfe für Familien, persönliche Gegenstände der Besatzung, Waren und alles, was Jeff und Guillaume in dieser schwierigen Zeit brauchen können.“

Zu den beiden Vermissten erklärt BSC: 

„Emma und Lea sind beide Matrosinnen von Beruf. Mit der ihnen eigenen Hartnäckigkeit wollten sie in die Fußstapfen der Segelschifffahrt und insbesondere der De Gallant treten.

Der wachsende Sektor der Segelschifffahrt hängt in erster Linie von den Menschen ab, die diese Schiffe bewegen. Viele der Segler, die heute die treibende Kraft hinter diesen Initiativen sind, haben auf der De Gallant gearbeitet. Es ist immer noch ein kleines Universum, bestehend aus Segelbegeisterten und Menschen, die sich für eine Welt einsetzen, die schön und lebenswert bleibt.

Bei BSC hat dies immer dazu geführt, dass die Crews aus Menschen bestehen, die Freude, Wohlwollen und Entschlossenheit mitbringen. Lea und Emma gehören zweifellos dazu.

Emma T., 31 Jahre alt, nutzte ihre sozialen Fähigkeiten und ihre Originalität, um eine Verbindung innerhalb der Besatzung herzustellen. So arbeitete sie im Maschinenraum in mit einem Leopardenhemd bekleidet, dass das diesjährige Motto „Mechagole“ lautet. Ihre unersättliche Neugier für die Mechanik lässt sie nie vergessen, dass sie den selbsternannten, aber wohlverdienten Titel des Bordclowns trägt.

Lea B. , 28 Jahre alt, mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, gehört zu denen, die die Neuen an die Hand nehmen. Sie erklärt ihnen alles, muntert sie auf und beruhigt sie, wenn nötig, nachdem sie ihren ersten Kaffee getrunken hat. Außerhalb der Schicht hinterlässt sie bei jedem, der es wagt, sie zum Schach herauszufordern, eine bittere Erinnerung. Vor allem aber zeichnet sich Lea durch ihre Entschlossenheit und ihren Mut aus.

Tipp: André Mayer

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

2 Kommentare zu „Untersuchung zum Frachtsegler-Unglück: Warum auf „De Gallant“ zwei Frauen starben“

  1. Nic S/V Amani sagt:

    Wir hatten für die gleiche Nacht eine Überfahrt von Samaná nach Luperón (100-200 Seemeilen südlich der Unglücksstelle) geplant, sie aber wegen der *vorhergesagten* überregionalen Gewitterfront einen Tag vorgezogen und die wie erwartet heftige Front in Luperón abgewettert. Daher kann ich die Schilderung von „unerwartbarem“ Schlechtwetter nicht nachvollziehen. Die Blitze der Front waren nachts aus weiter Entfernung sichtbar, lange bevor die Gewitterwalze (heftige Bö) einfiel.

    Bei einer vorhergesagten Front würden wir gerade nachts nie unter vollen Segeln fahren, egal wie leicht der Wind gerade sein mag. Außerdem haben wir unter Segeln immer die Bullaugen dicht, aus gutem Grund.

    Mich würde interessieren, ob die Ladung ordentlich festgezurrt war, oder verrutschen konnte und damit die Kenterlage womöglich stabilisiert hat?

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