Wetter auf See: Experte Meeno Schrader zum Thema Gewitter

Gewitter – oder etwa nicht?

Gewitterwolken lösen bei Seglern zurecht Unwohlsein aus, droht durch Blitze und starken, böigen Wind doch Gefahr. Foto: Unsplash

Wetterexperte, Moderator und Autor Meeno Schrader von der Firma WetterWelt in einem Gastbeitrag über berechtigte und unberechtigte Sorgen bei dunklen Wolken am Himmel.

Ich weiß nicht, wie oft ich schon darauf angesprochen wurde und nicht selten ängstlich – so schien es zumindest. Sobald eine dunkle Wolke auftaucht ist auch schon die drängende Frage nach möglichem Gewitter da. Der Brückenschlag von einer „normalen“ Wolke hin zu einer Gewitterwolke ist im Kopf schnell vollbracht. Ruckzuck hat jede dunkle Wolke das Potential für ein Gewitter! Aber so einfach wie es sich gedanklich schnell zusammentragen und rückschließen ließe ist die Natur glücklicherweise nicht. Daher grundsätzlich vorweg: Eine dunkelgraue Wolke ist aufgrund ihrer Farbe erstmal per se keine Gewitterwolke! Es braucht noch eine ganze Menge an Zutaten, Zeit und Randbedingungen, damit hieraus eine solche wird – wenn überhaupt! Die allermeisten Quellwolken dieser Art sehen zwar bedrohlich aus, aber mehr als einen Schauer (mit für Schauer typische Böen) bringen sie nicht. Und selbst ein Regenguss ist fraglich.

Blickt man auf eine solche Wolke, bei der die Sonne dahinter sichtbar steht, dann guckt man gegen etwas bedrohlich Dunkles. Jedoch Fehlalarm! Bei näherem Hinsehen stellt sich schnell heraus: Es ist dies der Wolkenschatten auf ihrer Unterseite! Die Quellwolke ist völlig harmlos, sie ist noch nicht einmal in der Lage einen einzigen Regentropfen abzuwerfen.

Wenn man sich diese Wolke als Ganzes ansieht und ihre Höhe abschätzt, stellt man fest, dass sie nicht besonders hochgewachsen ist, vielleicht ein paar hundert Meter. Das reicht nicht für irgendein Bedrohungspotential. Es sind dies eher noch Wolken des Typs „Schönwetterwolke“.

Wie jeder Körper gibt es auch bei Wolken eine dem Licht zugewandte und eine Schattenseite. Dabei sieht die Unterseite bei Sonnenschein bedrohlich dunkel aus, es ist aber nur der Schatten.

Wenn sich die Wolken türmen

 Man stelle sich eine sehr gut entwickelte Haufenwolke vor: Basis (Unterseite) bei ca. 500 Metern, Höhe mehrere Kilometer (!), das sind typischerweise und häufig vorkommend fünf, sechs oder auch acht Kilometer, die die Wolke hoch gewachsen ist. Es ist ein mächtiges Gebilde, das da respekteinflößend vor einem steht, schließlich hat es die (Höhen)Ausmaße des Mount Everest. Und dennoch: selbst bei einem solchen Ungetüm ist man von irgendeinem Gewitter noch meilenweit entfernt. Diese hochgewachsenen Wolken stellen den allergrößten Teil typischer Quellwolken dar.

Eines lässt sich allerdings hier zumindest schon einmal feststellen: Die Wolke ist bis dahin gewachsen und das ist eine ganze Ecke. Vielleicht wächst sie ja auch noch weiter, weil die Umgebungsbedingungen dafür wie geschaffen sind. Manches Mal kann man einer solchen Wolke beim wachsen regelrecht zusehen. Unter solchen Umständen ist es nicht auszuschließen, dass hieraus noch eine Gewitterwolke wird.

Tauchen am Vormittag diese Flockenartigen kleinen Wolkenpüschel auf, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es hier am Nachmittag zu Gewittern kommt.

Wie es sich gehört hat jede Wolke einen lateinischen Namen. Gewitterwolken sind die imposantesten Wolkenformationen mit dem größten energetischen Inhalt überhaupt. Und dennoch heißen sie „Cumulonimbus“, was nichts anderes bedeutet wie „angehäufte Regenwolke“. Eine völlig verharmlosende Bezeichnung, denn die fertige Gewitterwolke ist ein enormes Kraftwerk. Dieses Kraftpaket ist dann vollendet entstanden und verdient seinen Namen, wenn die Wolke die maximal mögliche Wachstumshöhe erreicht hat. Diese wird über eine Sperrschicht in der Atmosphäre bestimmt. Sie liegt in den Tropen bei 18 Kilometer, im Nordpolarmeer bei 9 Kilometer, in unseren mittleren Breiten sind es rund 10 bis 11 Kilometer Höhe. Diese Sperrschicht kann die Wolke in der Regel nicht durchstoßen und so wird die aufsteigende Wolkenluft einer hochreichend wachsenden Wolke gezwungen zu den Seiten auszuweichen. Hierdurch entsteht der gut zu identifizierende „Amboss“. Erst wenn dieser geformt wird hat die Wolke ihren perfekten Zustand nahezu erreicht und darf als Gewitterwolke bezeichnet werden! Erst jetzt droht ein Gewitter (es muss aber immer noch nicht zwingend hieraus hervorgehen).

Aus dem Flugzeug lassen sich voll entwickelte Gewitterwolken am besten erkennen. Sie haben im Kopfbereich einen sogenannten Amboss. Wenn dieser ausgebildet ist darf von einer Gewitterwolke gesprochen werden.

Neben dem Blitzschlag sind Gewitter wegen ihrer Sturmböen gefürchtet. Anders als die Blitze ist der Ort des meisten Windes gut auszumachen: Er ist unterhalb der „Böenwalze“, sie läuft der Wolke voraus. Die Böen sind am zerfransten Kragen zu erkennen. In der Regel handelt es sich um zwei bis drei Sturmböen oder ein gesamtes Aufbrausen, wobei die Böen im Sommer in der Regel zwischen 35 und 45 Knoten liegen (Stärke 8 bis 9), selten darüber. Im Herbst und Winter sind die Windstöße heftiger, da können sie Windstärke 10  bis 12 erreichen. Es bietet sich an, die Segel vorher kurz herunterzunehmen oder sehr klein zu machen. In der Regel können sie nach wenigen Minuten meist wieder langsam ausgepackt werden, nach 15  bis 30 Minuten sind die meisten Frontengewitter (gekoppelt an eine Kaltfront oder Rückseitenwetter) durchgezogen und Wind  wie Blitz und Donner legen sich sehr schnell.

Meeno Schrader

Diplom-Meteorologe Meeno Schrader bietet mit seiner Firma WetterWelt Produkte rund um Wettervorhersagen und Routing für Freizeitwassersportler, Profisegler und Geschäftskunden.

Für alle Smartphones und Tabletcomputer gibt es die Wetter-App Seaman. Für PC und Mac ist die Wettersoftware Seaman Pro erhältlich.

Ein Kommentar „Wetter auf See: Experte Meeno Schrader zum Thema Gewitter“

  1. avatar k.heselhaus sagt:

    … das war hilfreich, danke

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