35. America’s Cup: Tom Slingsby unterschreibt bei Oracle – Nationenregel vom Tisch?

Absage für die Heimat

Der australische Laser Olympiasieger Tom Slingsby, der als Stratege eine der Schlüsselfiguren beim America’s Cup Sieg von Oracle war, will beim Verteidiger bleiben und nicht zum neuen australischen Team wechseln. Damit scheint eine rigide Nationalitäten-Regel vom Tisch.

Slingsby, Spithill

Slingsby (l.) und Spithill, zwei Australier, holten den Cup für Amerika. Slingsby will es noch einmal tun. © Borlenghi/Luna Rossa

Slingsby äußerte sich gegenüber verschiedenen einheimischen Medien, dass er wieder beim Oracle Team USA unterschrieben habe und wohl auch nicht für sein Heimatland bei den Olympischen Spielen 2016 starten werde.

Der 29-Jährige Olympiasieger von London, der auch die vergangenen drei Laser-Weltmeisterschaften gewann, hatte überlegt, 2016 im Finn Dinghy für Australien anzutreten. Aber jetzt scheint er sich doch anders besonnen zu haben.

Olympia-„Besessenheit“ ist verflogen

„Olympia muss zu einer Besessenheit werden, um ganz vorne zu sein“, sagte er gegenüber Sail-World. „Im Moment verspüre ich diesen Schwung nicht. Vielleicht kommt er mal wieder in einem oder zwei Jahren. Vielleicht werde ich dann wiederkommen zum Olympischen Segeln. Aber jetzt möchte ich einen weiteren America’s Cup bestreiten. Ich möchte Spaß haben, mit sehr guten Leuten segeln und Teil eines Teams sein, das den Cup gewinnen kann. Das ist für mich das Wichtigste.“

Slingsby, Spithill

Die Oracle Afterguard feiert den Sieg. Die Aussies Spithill und Slingsby Arm in Arm. © ACEA/Martin Raget

Damit bricht er indirekt den Stab über die neue überraschende australische America’s Cup Herausforderung der Oatley Familie, die von Oracle gleich als Challenger of Record angenommen wurde, der das Format des 35. Cups mitbestimmen darf. Offenbar ist er nicht davon überzeugt, dass die Australier eine siegfähige Kampagne stemmen können.

Andererseits ist Slingsby noch ein echter Frischling im Cup-Geschäft und mag sich noch keine Führungsrolle bei einem neuen AC-Team zutrauen. Er kennt die Tiefen des Segelsports. 2008 versagte der Gold Favorit bei den Olympischen Spielen in Qingdao auf rätselhafte Weise mit einem 23. Platz, tauchte fast ein Jahr lang ab wurde noch einmal WM 17. und wollte schon fast mit dem Sport aufhören . Aber er kam zurück und wurde prompt 2010 ISAF Weltsegler des Jahres.

Sein Landsmann James Spithill könnte es schon eher reizen, nach fünf Jahren bei Oracle ein australisches Team auf die Beine zustellen. Dem Oracle Steuermann mag die neue Herausforderung gefallen, anstatt sich in den nächsten Jahren mit dem jüngeren und möglicherweise besseren Supersegler Slingsby auseinandersetzen zu müssen.

Rigide Nationenregel unwahrscheinlich

Slingsbys Entscheidung für Oracle hat noch eine andere Tragweite. Sie deutet darauf hin, dass die von vielen erhoffte Einführung der Nationenregel wohl nur in abgeschwächter Form realisiert werden dürfte. Einen Zwang, Schlüsselfiguren aus dem Land des Segelteams einzusetzen, kann es nicht geben, wenn Slingsby bei den Amerikanern unterschreibt.

Auf dem Oracle Boot taten Segler aus sieben Nationen ihren Dienst. Vier davon kamen aus Australien, darunter Steuermann Spithill und Wingtimmer Langford. Eine rigide Nationenregel würde auch dem schwedischen Artemis-Team nicht gut tun, das seine Mannschaft um den Australier Nathan Outteridge und den Briten Iain Percy formiert.

Die Neuseeländer hatten angekündigt, im Falle ihres Sieges, die Nationen-Karte spielen zu wollen. Sie wären auch die großen Nutznießer geworden. Das Gros der aktuellen America’s Cup Profis kommt aus Neuseeland.

Nächster Cup 2017 wahrscheinlich

Wie genau es mit dem America’s Cup weiter geht, wird sich Anfang 2014 entscheiden. Dann soll nach der Diskussion mit potenziellen Herausforderern über die Eckdaten der nächsten Regatta diskutiert werden. Als nächstes Datum ist 2017 im Gespräch, um eine Zeit-Kollision mit den olympischen Spielen 2016 zu vermeiden.

Vermutlich wird auf kleineren Tragflächen-Katamaranen gesegelt, die mit One-Design-Teilen eine Kostenreduktion gewährleisten sollen. San Francisco ist erneut als Austragungsort wahrscheinlich, es stehen aber noch schwierige Verhandlungen mit der Stadt bevor.

Als Herausforderer haben sich schon die Australier, Artemis, Luna Rossa und das Team New Zealand positioniert. Ben Ainslie versucht, ein britisches Team zu formieren, Franck Cammas und Loick Peyron bemühen sich in Frankreich und außerdem soll sich der Royal Vancouver Yacht Club aus Kanada um die Position des Challenger of Records beworben haben. Weitere Interessenten werden sich wohl erst outen, wenn die Rahmenbedingungen deutlicher werden.

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

4 Kommentare zu „35. America’s Cup: Tom Slingsby unterschreibt bei Oracle – Nationenregel vom Tisch?“

  1. Wooling sagt:

    Wenn Sling von der Siegfähigkeit ausgeht, hat er wohl Recht. Ellison wird sicher auch im AC 35 die Regeln zu seinen Gunsten biegen, bis es kracht und darüber hinaus. Dem ist Oakley kaum gewachsen. Gegen das Kapital und die Skrupellosigkeit von Ellison hat doch eh keiner eine Chance.

  2. RB sagt:

    Tom Slingsby hat einen amerikanischen Pass und koennte damit unabhängig von der Nationenregel sowohl fuer Oracle als auch Australien segeln.

  3. Einheizer sagt:

    Das die Oatley Kampagne nicht aussichtsreich ist, war doch von Anfang an klar. Wenn Oatley Ambitionen auf einen Sieg hätte, wäre er ja nicht zum Challenger of Record ernannt worden. Ich glaube sogar das LE ihn zu dieser Alibi Kampagne überredet hat um einen möglichst merkelschen CoR zu bekommen. Oatley hat sich sicher nicht in die CoR Position gedrängt.

  4. Super-Spät-Segler sagt:

    Nur zu verständlich!

    „People sail for fun and no one has yet convinced me that it’s more fun to go slow than it is to go fast.“
    Dick Newick

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