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Das Emirates Team New Zealand hat seine Dominanz beim America’s Cup in Bermuda fortgesetzt und den Sack mit seinem achten Sieg zugemacht. Dabei gewinnt Spithill diesmal den Start.
Die Neuseeländer schreiten zur Siegerehrung, die Freude kennt keine Grenzen, und als erstes Präsent erhalten sie hübsche Louis Vuitton Taschen. Der Sponsor will seinen Auftritt. Was machen die Jungs? Die teuren Edel-Beutel fliegen in die jubelnde Menge. Sie wirken ohnehin deplaziert.
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Skipper Glenn Ashby (39) schüttelt schmunzelnd den Kopf. Wie ein mahnender Vater, der seinen Kindern einen Streich nicht verübeln kann. Peter Burling (26) beugt sich zu seinem Ohr herunter, bittet breit lachend um Verständnis.
So geht es zu beim neuen America’s Cup Gewinner. Die Neuseeländer haben die alte Kanne mit einem Team zurück auf ihre Insel geholt, das sich nicht um Traditionen, Althergebrachtes oder bisher bekannte Standards kümmert. Sie kommen eher wie eine Gruppe Lausbuben daher, denen es tierisch Spaß macht, diese Höllenmaschinen auf Speed zu bringen.
Last der Nation
Ein Peter Burling scheint sich keinen Kopf darüber zu machen, dass die Last einer gesamten Nation auf seinen Schultern liegt. Er mag erst 26 Jahre alt sein, hat sich aber schon in so vielen Druck-Situationen bewährt, dass er immun gegen eine übersteigerte Erwartungshaltung zu sein scheint. Gerade einmal vor elf Jahren ist er Doppelweltmeister im 420er geworden und immer noch hat er sich die jugendliche Unbekümmertheit erhalten, die zu inzwischen vier 49er WM-Titeln und dem überlegenen Olympia-Gold in Rio führte.
Sein Anteil am Erfolg mag groß sein, und James Spithill bezeichnet ihn offenbar ehrlich bewundernd als „besten Segler der Welt“. Dabei wird Vorschoter Blair Tuke zu oft vergessen, der immer an seiner Seite ist. Er begnügt sich offenbar mit der Rolle im Hintergrund, obwohl seine Fähigkeiten an der Pinne auch denen seines Mitsegler entsprechen. Das zeigte er nicht zuletzt bei der A-Cat-WM, als er Silber vor seinem Steuermann holte.
Deshalb wird die Rolle Burlings am Sieg der Kiwis wohl zu hoch eingeschätzt. Schließlich hat er auch viele Starts verloren und Fehlentscheidungen auf der Bahn getroffen. Aber das entscheidende Rennen zeigt, was für ein präzises Werkzeug seine Kiwi-Konstrukteure ihm in die Hand gegeben haben. Bei dem leichteren Wind knapp unter 10 Knoten kann sich Burling einen knapp verlorenen Start leisten, um dann schon nach der ersten Halse an Oracle vorbeizuziehen.
Oracle mit Leichtwind Foils
Oracle hat diesmal auf seine längeren Leichtwind-Foils umgesattelt, mit denen das Team bisher nicht sehr erfolgreich war. Und auch diesmal funktionieren sie nicht im Vergleich zum Gegner. Besonders vor dem Wind ist der Speed nach Lee (VMG) mehr als ein Knoten höher im Durchschnitt.
Man kann sich fragen, was passiert wäre, wenn Oracle-Taktiker Tom Slingsby nicht so lange mit der Halse gezögert hätte. Dann wäre die Blockade des anstürmenden Gegner vielversprechender gewesen. Aber die Statistik zeigt wieder so klare Daten zugunsten der Kiwis, dass sie sonst an anderer Stelle vorbeigezogen wären.
Vermutlich hätte auch der geschasst Dean Barker diesen überlegenen Rennboliden zum Sieg geführt. Vielleicht hätte er sogar noch mehr Starts gewonnen. Die eigentlich bemerkenswerte Leistung vom Kiwi-Designteam abgeliefert worden.
Man muss sich fragen, warum sich überhaupt vielversprechende Konstrukteure dem massiv kriselndem Team in der Anfangsphase angeschlossen haben. Schließlich war längst nicht klar, ob Grant Dalton genug Geld zusammentragen könnte, um das Überleben zu sichern. Aber durch diese Vorgaben hat sich offenbar ein besonders eingeschworenes Team zusammengeschlossen, dem es von Anfang an klar war, dass die vermögenden Gegner nicht mit einem dicken Scheckbuch geschlagen werden könnten.
Radikale Ideen
Radikale Design-Ideen mussten abgeliefert werden, und genau das ist passiert. Abseits der Kontrahenten, die eher ausgetretene Design-Pfade betraten und in Bermuda früh gegeneinander testeten, brüteten sie ihre Ideen im entfernten Auckland aus.
Erst eineinhalb Jahre nach den ersten Teams ließen sie ihre erstes Test-Boot zu Wasser. „Das war hart, so lange nicht segeln zu können. Da wird man ziemlich nervös“, sagt Glenn Ashby. „Aber wir waren dann schon nach vier Tagen so weit, die erste Foiling-Wende auszuführen. Das ist keinem der Gegner so schnell gelungen.“
Oracle habe täglich vor Ort in Auckland Aufzeichnungen gemacht und ist wohl schnell zu der Erkenntnis gelangt, dass die Kiwis wirklich gefährlich werden können. Die Lockerung der Trainingsregel zielte jedenfalls offenbar auf die Schwächung der Neuseeländer, die abseits von allen in Auckland nicht davon profitieren konnten. Aber kein Gegner konnte den überraschenden technischen Vorsprung der Außenseiter aufholen. „Sie haben wirklich einige smarte Entscheidungen getroffen“, sagt James Spithill.
Wie wird der 36. America’s Cup aussehen?
Was passiert nun mit dem 36. America’s Cup 14 Jahre, nachdem ihn das Team New Zealand verloren hatte?
Noch auf der Pressekonferenz gibt Grant Dalton den Circolo Della Vela Sicilia als ersten Herausforderer (Challenger of Record) bekannt. Dahinter steckt wie erwartet Luna Rossa mit dem Prada-Boss Patrizio Bertelli, der im April 2015 als Herausforderer abgetreten war, nachdem die Regeln massiv geändert worden waren. Er soll den Neuseeländern mit 30 Millionen Dollar unter die Arme gegriffen und in einem geheimen Vertrag damit auch einige Forderungen für die Ausrichtung des 36. Cups verbunden haben.
Grant Dalton bekundet, dass es viel Gutes am aktuellen Cup gebe. Das wolle er behalten. Auch die Übereinkunft der anderen Teams beim sogenannten Framework-Agreement, dem die Kiwis als einzige nicht zugestimmt haben, beinhalte überwiegend positive Aspekte. Er lobt sogar seinen alten Widersacher Russell Coutts für dessen Visionen, die er im aktuellen Cup realisiert habe.
Dalton betont aber, dass der America’s Cup keine kleine Strandregatta werden darf. Er müsse durchaus erschwinglich sein, werde aber niemals günstig. Einzelheiten zu den Rahenbedingungen des 36. Cups sollen nach Absprache mit dem Challenger of Record, aber auch den übrigen potenziellen Herausforderern in wenigen Wochen erfolgen.
Comeback der Einrumpf-Yachten?
Dabei lässt er durchblicken, dass der angepeilte zweijährige Rhythmus nicht in seinem Sinne ist, aber es müsse sicher Stabilität geben. Kritisch äußerte er sich über die Entwicklung, dass es zu sehr darum gehe, Öl hin und her zu pumpen. Es solle immer noch ein Wettkampf unter Seglern sein. Sehr wahrscheinlich ist auch eine striktere Nationalitäten-Regel, die besonders dem Oracle Team aber auch Artemis schaden würde.
Wenige können sich vorstellen, dass die Neuseeländer tatsächlich wieder auf große Einrumpf-Yachten umsteigen wollen. Dafür war der 35. America’s Cup zu spannend und dafür haben sich die Kiwis zu viel Wissen über die neue spektakuläre Art des Segelns auf Tragflächen angeeignet. „Wir haben einen Plan“, sagt Dalton. Die genauen Bedingungen müssen aber diskutiert werden.
Dabei gilt es als sicher, dass neben Luna Rossa auch Alinghi wieder im Spiel ist. Auch dem ehemaligen australischen Gewinner John Bertrand wird nachgesagt, dass er sich um seine Landsleute bei den verschiedenen Teams bemühe, um einmal wieder eine Aussie-Kampagne zu starten.
Ob Larry Ellison aber zurück kommt, darf bezweifelt werden. Allein durch die Nationalitäten-Regel würde das US-Team beim Aufstellen eines schlagkräftigen Teams schon große Probleme bekommen.
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